I, Erzählende Schriften 32, Die Frau des Richters. Novelle, Seite 11

Frau des
Richters
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32. „1e Aunansd undan

Mnt.
men bald die extrem IA, also der politischen Kriminalpolizei. Man forscht überhaupt haben, sagt Dr. Stresemann, sino wir niemals abgewichen.
bheit und verbrecherische nicht nach, sondern faßt sofort den Entschluß, den ein Auf die Frage, ob bei einem damaligen Eintritt Deutschlands
rechtes Luderland, welcher Ansicht auch der Dichter zuzu¬
in einem anderen Land“, teilt uns der Dichter in den letzten
anstelle; dergestalt
neigen scheint. Denn nicht nur der Richter ist ein Lump, auch
Zeilen seiner Erzählung zu unserer Beruhigung mit.
auf eine für ihn völlig
die anderen sind es, und wenn man die Aufrichtigkeit zum
ks nützliche Weise weiter
Geistreich erfunden, hinreißend erzählt, mit jener
sittlichen Maßstab macht, so ist eigentlich nur einer auf¬
cherart seinen bis dahin
epischen Meisterschaft, die sich Schnitzler erst in den letzten
richtig, Tobias Klenk, der aber trotzdem am Galgen endet.
icht umsonst war er in
Jahren angeeignet und an der der Dramatiker starken Anteil
Denn auch der Herzog lügt — oder ist es keine Lüge, wenn
s Baron Grimm -
hat, ist die neue Novelle vor allem als Seelengemälde be¬
er seinen Sohn als einen „jungen Wogelein“ im Hause des
Gesinnungslumperei des
deutend. Sie zeigt, wie ein anfälliger Charakter von einer
Richters aufwachsen läßt, statt ihn für Eberhard den XVIII.
gelogen hat, daß Klenk
Krankheit, die an seinem schwächsten Punkt in ihn eindringt,
zu erklären? — und auch Frau Aanes, die wie die Dinge
dern dem edlen jungen
ergriffen wird, wie das Uebel zu wuchern beginnt und, fieber¬
stehen, als die moralisch höchstqualifizierte das Richteramt
Sachlage wendet sie sich
haft fortschreitend, die letzten Reserven moralischer Gesund¬
in Schnitzlers Novelle verwaltet, wird in jenen späteren
t jener Plötzlichkeit, mit
heit aufzehrt. Das Uebel aber, das in den Charakter ein¬
Jahren, in denen die sündhaften Frauen wieder moralisch
tzlerscher Frauengestalten
dringt wie ein Tuberkelbazillus in eine schwache Lunge, ist
werden, nicht jedem an die Nase binden, daß sie in ihrer
sie zu seinem Garten¬
iin allen Fällen die Lüge; das Antituberkulin, wenn man
Jugend Gartenmägdlein war und daß von daher die Titel
denn auch in der Folge,
so sagen darf, ist die Aufrichtigkeit. „Ihr habt nun wohl ein¬
und Ehren ihres Gatten stammen. Also Unrat, wohin man
en Lügennetze zappelnde
gesehen, Herr Richter Wogelein,“ sagte der Herzog am
blickt, weitestgehender Pessimismus; und vielleicht ist dies
Schlusse im Tonfall einer altitalienischen Novelle: „daß es
nentwürdigter Richter,
die einzige Schwäche dieser stark und klar gestalteten Er¬
nn, dessen Aufgabe in
nicht gut tut, vor der Welt, insbesondere aber vor seinem
zählung, daß sie die moralische Ueberlegenheit, die doch in der
ungen Wogelein heran¬
Weibe, den Helden spielen zu wollen, wenn man nun einmal
Person ihres Urhebers gegeben ist, nicht irgendwie auch in
Aber auch das Schicksal
als Hasenfuß geboren ward. Es geht in solchem Falle ohne
das Werk selbst einbezieht. Das Gute kann doch nicht nur
Aus einem aufgeklärten
Lüge nicht ab; und habt Ihr euch erst zu einer herbei¬
darin bestehen, daß sich das Böse rächt, die Wahrheit nicht
pädisten wird am Ende
gelassen, so folgen ihr die nächsten unweigerlich und um¬
bloß darin, daß alle lügen. ... Man sieht, daß die
stehen euch am Ende alle wie böse Feinde. ..“ Die Frage
Karl Eberhard XVI. und
Gedankengänge, an die Schnitzler anknüpft, sehr hoch hinauf¬
lslust kaum wesemlich
ist nur, warum gerade der Richter Wogelein als Hasenfuß
führen, bis in den geistreichen Himmel der Philosophie und
Tobias Klenk, was zu
geboren ist, warum er, trotz innerer Auflehnung, vor dem
noch darüber hinaus in den blauen Himmel des Glaubens.
regierenden Herrn so rettungslos zusammenknickt. Hieran
mal begnadigt und bloß
Aber vielleicht ist dies der größte Vorzug dieser kleinen
Herzog nach seiner Ent= wird wohl auch das moralische Klima von Sigmaringen mit
Rokokonovelle, die nur sehr äußerlich angesehen eine Rokoko¬
schuld sein, das der Entwicklung selbständiger Charaktere
bloß unverschämt ge¬
novelle ist: daß sie zum Denken anregt und, indem sic es
und aufrechter Gesinnungen nicht eben günstig gewesen zu
Leben trachtete — wird
tut, den Leser geistreicher macht, als er für gewöhnlich ist.
rechtigkeit, der auch die sein scheint, weil man derartige Charaktere in diesem ab¬
nnen. „Der Galgen, an soluten Fürstentum nie geduldet und derartige Gesinnungen
Raoul Auernheimer.
es Leben endete, stand nie geehrt hat. Mit anderen Worten: Sigmaringen ist ein