I, Erzählende Schriften 29, Doktor Gräsler, Badearzt, Seite 37

29. Doktor Graesler
Badearzt
— 1 J d a4.
wollen doch wieder ins Jeld: Wurtezer.
ich vergessen ...“ Verhandlungsleiter: „Recht so! Werden
Sie wieder ein braver Soldat ...
Vier Jahre Zuchthaus für einen Hoteldieb. Ein gemein¬
gefährlicher Horeldieb, der bei seinen Besuchen in den Hotel¬
zimmern stets einen Revolver bei sich führte, stand gestern in der Per¬
son des Hausdieners Johann Müller vor der 4. Strafkammer des
Landgerichts I, um sich wegen schweren Diebstahls und Bedrohung
zu verantworten. Der Angeklagte, ein geborener Schweizer, pflegte in
Gasthöfen der nördlichen Friedrichstadt unter fremdem Namen abzu¬
steigen. Bei günstiger Gelegenheit unternahm er Erkundungsfahrten
durch die mir Gästen besetzten Zimmer. Ließ das Gepäck des Fremden
darauf schließen, daß es sich um einen wohlhabenden Gast handelte,
so schlich sich Müller in das Zimmer abends ein, versteckte sich unter
dem Bett. Sobald der Gast fest schlief, plünderte Müller seine Taschen.
In einem Falle erbe##tete er über 1000 Mark. In einem anderen Falle
des Hotels dabei überrascht, als er in der
wurde er von der B#
Privatwohnung Goldsachen stahl. Als die Frau beim Anblick des

Doktor Gräsler, Badearzt
Erzählung
von
[Nachdruck verboten.]
(19. Fortsetzung.]
Arthur Schnitzler.
Es war Dr. Gräsler neu, daß seine Schwester dergleichen so
sorgfältig aufbewahrt hätte. Er nahm ein zweites Paket zur
Hand, das dreifach versiegelt war, und auf dem mit dicken
Lettern geschrieben stand: Ungelesen zu verbrennen. Dr. Gräsler
schüttelte wehmütig den Kopf. Bei Gelegenheit, dachte
er, meine arme Friederike, soll dein Wunsch erfüllt wer¬
den. Er legte das Päckchen, das wohl Tagebücher und un¬
schuldige Liebesbriefe aus der Mädchenzeit enthalten mochte,
wieder an seinen Ort, und öffnete den dritten Koffer, in dem
Tücher, Schals, Schleier, Bänder und vergilbte Spitzen ver¬
wahrt waren. Mancherlei hob er empor, ließ es durch die
Hände gleiten, glaubte wohl auch ein oder das andere Stück
von Mutters oder gar Großmutters Zeit her zu erkennen.
Manches hatte die Schwester selbst, insbesondere in früheren
Zeiten getragen, und den schönen gelben indischen Schal mit
den gestickten grünen Blättern und Blumen, den ihm vor
vielen Jahren ein reicher Patient bei der Abreise für die
Schwester geschenkt hatte, erinnerte er sich, noch vor gar nicht
langer Zeit auf ihren Schultern gesehen zu haben. Dieser
Schal, ebenso wie manches andere taugte gewiß weder für die
Druckersgattin, noch für eine Wohltätigkeitsanstalt — aber
um so besser für eine hübsche junge Dame, die so freundlich
sein wollte, einem einsamen alten Junggesellen ein paar arme
Heimatsstunden zu erheitern und zu versüßen. Er verschloß
den Koffer mit besonderer Sorgfalt, den Schal aber legte er
wohlgeglättet über den Arm, und ein vergnügtes Lächeln auf
den Lippen, verließ er den allmählich fast ganz dunkel ge¬
wordenen Raum.
Er hatte nicht lange zu warten, bis Katharina, ein wenig
vor der festgesetzten Stunde, erschien, geradenwegs aus dem
sich
Geschäft, ohne sich erst schön gemacht zu haben, wie sie,
scherzhaft entschuldigend, bemerkte. Dr. Gräsler freute sich,
daß sie da war, küßte ihr die Hand und überreichte ihr mit
einer humoristischen Verbeugung den Schal, der auf dem
Tisch für sie bereitgelegt war. „Was soll denn das sein?“
fragte sie wie erstannt. „Etwas zum Schönmachen,“ erwiderte
box 4/7
Jogdleben, im Planderton erlantert von Overförster Gunther Ver¬
gell, dem Freund und Jagdgenossen des im Herbst 1914 gefallenensklasse: Minerv#
Schumann. Aus der Reiye der spannenden Aufnahmen sind die sehr] Borussia, Union O#
gefährliche Jagd auf Großwild — afrikanische Elefanten, Oryx=Anti=denburg 92—Norm
lopen, Nashörner u. a. — zu nennen. Auch aus der Vogelwelt spiele Pankow, Ta
werden reizvolle Bilder gezeigt.
— Die Uniontheater bringen Sportklub Charlott#
den Film „Der Seele Saiten schwingen nicht“, ein Stück, in dem der
Rapide—Union Ch
Heldin allerhand traurige Ereignisse das Lebn schwer machen, bis
Alemannia Berlin¬
sie schließlich ihr Heil im Kloster sucht. Die Hauptrollen spielen
Berliner Baltspielk
mit viel Gewandtheit Fern Andra und Alfred Abel. Weiter enthält
Spiele finden auf
das Programm den von Schomburgk in Zentralafrika ausgenom¬
ginnen nachmittag
Henny Porten geht
menen Film „Unsere Polizeitruppe in Togo.
Turngemeind
wieder steghaft im Mozartsaal über die Leinwand; sie spielt in
dem Film „Die Ehe der Luise Rohrbach“ die Rolle der leidenden und
trag. — Die Hocke
kämpfenden Frau; unter den Mitwirkenden sind Emil Jannings und
Ludwig Trautmann zu nennen.
— In den Kimmerlicht¬
Die Generalver
spielen am Potsdamer Platz wird eine unterhaltsame Detektiv¬
den Räumen des
komödie „Der Hund mit dem Monocle“ mit Max Landa gegeben. —
Generalversammlun
Die Tauentzien=Lichtspiele zeigen den von uns schon besprochenen
Berlin.


er, „wenn man's auch nicht gerade notwendig hat.“ — „Aber
von seiten des
was fällt Ihnen denn nur ein, sagte sie, nahm den Schal in
meldet? Oder n
die Hände, ließ ihn zwischen den Fingern spielen, nahm ihn
dann zu tun? 9
um, drapierte sich damit, betrachtete sich vor dem Spiegel
Philister halten.
immer noch wortlos, bis sie endlich mit aufrichtigem Entzücken
geln nicht zu so
vor Gräsler hintrat, zu ihm aufblickend ihn mit beiden Händen
gesellen. Gleich
beim Kopf nahm und seine Lippen an die ihren zog. „Ich
Er sah Katharin
danke Ihnen tausendmal,“ sagte sie dann. — „Das ist mir
befangen. Allzu
„Also millionenmal.“ — Er schüttelte den
nicht genug. —
konnte wohl auch
Kopf. Sie lächelte. „Ich danke dir“ sagte sie nun und reichte
Schwager, der a
ihm die Lippen zum Kuß. Er nahm sie in die Arme
Ein Erpressung
und erzählte ihr gleich, daß er das hübsche Stück heute nach¬
konnte man sich
mittag auf dem Boden für sie herausgesucht, und daß sich
Aber, es sollte ih
wohl noch mancherlei in den Kisten und Koffern finden möchte,
schüchtern lassen.
was ihr zum mindesten ebensogut zu Gesicht stünde wie dies.
noch einmal. Ei
Sie schüttelte den Kopf, als wollte sie sich nie wieder ein so
auf einer Südse
kostbares Geschenk gefallen lassen. Er fragte sie, wie der
tot neben ihm hir
gestrige Abend ihr angeschlagen, ob es heute im Geschäft viel
Katharina und
zu tun gegeben; und nachdem sie ihm alles, was er wissen
wundern.
wollte, vorgeplaudert, stattete er ihr, wie einer lieben, alten
„Gewiß“, ern
Freundin, einen Bericht über den heutigen Tag ab; daß er
hörte er sie noch
das Spital geschwänzt und statt dessen lieber im Stadtgarten
Türe war. Er sc
herumbummelnd, sich der fernen Zeil erinnert habe, da er
Guckfenster ins
dort als Kind noch zwischen den alten grasüberhangenen
person barhaupt
Wällen gespielt hatte. Dann kam er auf allerlei anderes aus
fragte er. — „Bi
seiner Vergangenheit zu reden, insbesondere halb zufällig,
wünschen Sie?
halb absichtlich auf die Zeit seiner schiffsärztlichen Tätigkeit,
Dienstmädchen v
und wenn Katharina ihn durch kindlich neugierige Fragen
Frau Sommer.“
nach Aussehen, Trachten und Sitten fremder Völker, nach
Kind ist so schleck
1
Korallenriffen und Seestürmen unterbrach, so war ihm,
selber?“
als hätte er Dinge, die er kürzlich erst in höheren Sphären
Gräsler öffne
unter Beifall vorgetragen, für ein naiveres, aber um so
Sommer mit ih
dankbareres Publikum zu bearbeiten, und er nahm unwill¬
im Hause wohn
kürlich Ton und Redeweise eines Märchenonkels an,
Trauer, der er
der in dämmeriger Stube aufhorchende Kinder durch
nach der er sich
Erzählung merkwürdiger Abenteuer zu rühren und zu er¬
irgend etwas Be
götzen sucht.
„Freilich, ich kei
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Eben hatte Katharina, die, ihre Hände in den seinen, neben
wünschen Sie?“
ihm auf dem Diwan saß, sich erhoben, um das Abendessen
die Kleine hat
in einem fort.“
vorzubereiten, als draußen die Klingel tönte. Gräsler fuhr
leicht zusammen. Was hatte das zu bedeuten? Seine Ge¬
aus, ich bin hie
danken jagten. Ein Telegramm? Aus dem Forsthaus? Sa¬
bitten, doch liebe
man einen bekon
bine? War ihr Vater krank? Oder die Mutter? Oder war
Tes etwas mit dem Sanatorium? Eine dringende Anfrage! spät.“

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