28. Frau Beate und ihr Sohn
DaSen
buschmitt ans 14jeeeg
. . KSund
vom:
24
Frau Beate und ihr Sohn. Novelle von Arthur
„Schnitzler. S. Eischer Verlag, Berlin. — Wem von
den Hür einigermassen Literaturkundigen dieses Buch
ohne Umschlag, ohne Autorname in die Hand gegeben
wird, der würde nach der Lektüre ganz sicherlich
sagen: „Das ist ein „Schnitzler“!“ Denn wer kennt
nicht diese Art des flirtenden, an Wienerischen Leicht¬
sinn erinnernden Stils, dieser offenen und doch auch
halb verborgenen Bekenntnisse, der objektiven Schil¬
derung der furchtbarsten Zustände von Frauenseelen,
von jugendlichen Seelen und von reifen Seelen, die
ein Geschick verdammt hat, zwischen Jugendlust und
Entsagung zu schwanken, das Feingefühl, mit dem
der Dichter die Schwächen des menschlichen Charakters
und die peinlichen Erscheinungen erotischer Natur zu
verschleiern, zu wildern versteht. Frau Beate, die
junge Witwe eines berühmten Schauspielers, die noch
junge Mutter eines Siebzehnjährigen, die ihr Kind
vor verderblicher Verführung durch eine ältliche Kokotte,
vor einer ihr als zu frühzeitig erscheinenden Eröffnung
der realen Seite des Lebens schützen will, fällt nach
der langen Kasteiung des eigenen Leibes durch Ent¬
haltung selbst der Lust einer heissen Stunde zum
Opfer und gibt sich dem neunzehnjährigen Freund des
Sohnes hin. Als dieser sein „Abenteuer“ mit knaben¬
haftem Stolgreinem andern Kollegen erzählt, eikennt
sie ihre Schuld. „Nur dass das Kind nichts erfährt ...“
durchbebt es ihre Seele. Aber die rachsüchtige Kokotte,
der sie damals den jungen Liebhaber entreissen wollte,
hat es ihm verraten. Auf einer Kahnfahrt mit dem
Sohn wird sie dessen gewiss und der Unmüglichkeit
des ferneren Lebens. Und Kind und Schuld nimmt
sie mit sich hinab in die Tiefe des Sees. — Es ist
das erste Mal, dass mich der Schluss einer Schnitzler¬
schen Novelle verstimmt. Ist dieser Mord und Selbst¬
mord oder Doppelselbstmord „laubhaft, nachdem di:
Frau als modernes Weib, diese ganze Gesellschaft
als skrugellos modern geschildert wurde. Ist dieser
Schluss nicht zu romantisch nach der Darstellung
erotischer Verzuckungen und Entgleisungen, die unter
diesen Frauen wie Gang und Gäbe gezeigt werden?
Die Psychologie spaltet sich und lässt so viele Schlüsse
zu. Und Schnitzler? Er ist der Stilmeister, der Meister¬
erzähler. Wir forschen nicht weiter. Wir hören ihm zu!
F. P.
dem auch das a
wird. Das Ganze
box 4/5
Spiegelbild diese
menschlichen Anstreng
werfen. Die Mensch
agieren, haben etwac
ragende Symbole, in
Lebens verkörpert er
gerichtete Willenskraf
Herrschaft des Masch
seinem leidenschaftlich
fixiert, Symbole, die
muliert hat. In Kelle
Anschmit ans-ene Winter Jaal, vien
Finanzge iies, die, in
vom:
g- „ 1977
Energie z. Despoten
und des Weltmarkte
Theater und Kunst.
losen, die mit ihr
die Verschwender und
truhe verhungern.
Moderne Erzähler.
Drama der Arbeit,
wirklichung einer tec
Von
hin, so macht i
Hermann Menkes.
(Artur Schnitzlen. „Frau Beate und ihr Sohn.“ — Bernhard uns hier Figuren
Raoul Auernheimer: Moment kommen
Kertermenn Der Tunnel. —
der Größe der antik
„Laurenz Hallers Praterfahrt".)
Ein Merkmal des modernen, artistisch gesinnten Poeten ist wird hier gespart, u
seine Angst vor der Banalität. Er ist, ein Wissender in einem halten. Es gibt hie
Zeitalter der intellektuellen Verfeinerung und des Raffinements Dachgarten eines
und findet eine Kunst vor, die alle Stoffgebiete erschöpft zu haben katastrophen, Weltstre
scheint. Ihm fehlt das naive Zugreifen, die der Art eines Kindes finanzielle Zusamm
gleichende Beobachtung, der das Lehen wie ein eben erst ent= Diese Helden schreite
decktes Neuland erscheint. Deshalb sehen wir ihn zum Abner= Moment nur ihren
malen, zu einem hinter der Oberfläche sich abspielenden Leven, zulieren, begeben sich i
den nach unenthüllten Rätseln und Verirrungen des Empfindens ssiegen über Tod und
flüchten. Das noch Ungesagte, Irrationale ist es, das ihn noch reizt.jdichtet, Herzensaffär
en ist ihm einen Schlüssel finden zu einer verschlossenen Geschichte des im
Dicht
Pforte; die Seele ein geheimer Garten, wo die Blumesund all die Hel
des Dösen „neben dem Wunderbaren“ blüht. Dies erklärt das vollführt, sind wie
Absonderliche, das Verfeinerte und Morbide in der deutschendem wird man die
kovellistik der letzten Zeit, die Sujets und die Psychologierund Lebendigkeit der
Erzälsuingen Wassermanns und Thomas Manns Ganznicht vorenthalten ke
es sehen wir Artur Schnitzter das weite Land Seele sdie oft der Phantasi
n nach undefinierbaren inneren Geschehnissen, nach der ssein scheint, liegen
n Geste des Empfindens. Wie am Rande des Lebenssin seiner wie mit
ln seine Menschen, sensibel bis zur Krankhaftigkeit, tragisch seiner Darstellung
rem Degout vor der Brutalität des physischen Erlebens, Als Buch der Saise
in ihrer Angst vor dem Profanen. In den Mittelpunkt von bezeichnet. Es bleih
Schnitzlers letzter Novelle „Frau Beate und ihr Kraft jenug besitzt,
Auf die Trag
Sohn (Berlin, S. Fischer) ist eine dieser Sensitiven
gestellt, eine verwitweie Schauspielersgattin, in deren Trauer sich lheimers Erzählu
fahrt“ (Berlin,
noch die gedör ste Sehnsucht ihrer scheidenden Jugend nach neuem
Lebensglück mischt. Sie hatte in dem Verstorbenen nicht ein ein sequent und einfach
ziges Wesen geliebt, sonden; die Illusionen, die er ihr gab, all reichischen Milieu,
unter Menschen,
die Gestalten, die er auf der Bühne verkörperte: Helden und
Könige, Brutale und Edelmütige. Sein Tod war ihr das bittere in einer streuger
Erwachen aus einem königlichen Traum, das schauerliche Erkennen, ein einziger Schr
wie sehr Leben und Sterben in jedem Moment ineinander ver= russische Novellistik
Tragik der Sub
schlungen sind. Ihre ganze mütterliche Zärtlichkeit klammert sich
zuerst, dessen Held a
an den einzigen Sohn, dessen Liebe ihr alles Verlorene ersetzen
soll, bis ihr eines Tages die Gewißheit wird, daß ihn eine andere Tschechow dann, der
ihr ganz entfremdet, eine Buhlerin mit nixenhaftem Wesen, lichen vorführt, der
von der „ein feuchter Duft wie von Schilf und Wasserrosen aus= und Tod büßen mu
groteske Verzerrung,
zugehen schien". Sie ist zuerst voll Staunen über die Umwand¬
Geschichten. Ihr Hu
lung, die sich mit ihm vollzog, voll Haß dann gegen die Fremde
greiflicher, wenn auh
und in ihrem mütterlichen Zartgefühl verletzt. All diese heim¬
Schnitzlerischer Art
lichen Seelenkämpse spielen sich während eines Landaufenthaltes
und eine ergreifende
an den Stätten ab, die Beate die schönsten Erinnerungen ihres
Lebens an der Seite des Verstorbenen bedeuten. Sie wird von hier eine Praterfahr
schrittweise zu dem
den Männern noch heiß begehrt, die noch immer schöne Frau, und
Laurenz Haller ein
in dieser schwülen Liebesatmosphäre erliegt die Frau ihrer eigenen,
Emporgestiegener, de
so lange niedergekämpften Sehnsucht und ihren Sinnen. Sie sinkt
Gesetzen bewegt.
in die Arme eines noch knabenhaften Schulkollegen ihres Sohnes,
Resignation auf Leb
der sich ihr mit heißem Werben nähert. Von diesem Moment an
Auflehnung erträgt.
verliert sie ganz ihren inneren Halt und gerät in tiefe Lebens¬
wirrnis, als sie ihr tiefstes Geheimnis von dem Knaben profaniert Nähe des Praters
sieht. Als zwei Verlorene, Entweihte, wie vom Lebensfrost in der dei Wipfeln der Ka
(neinweht, er ist
#enschen ein weni
auferlegten Verzicht
kümmerten und Ve
noch nicht ganz
Eine Praterfahrt
in dieser Ehe verb
DaSen
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Frau Beate und ihr Sohn. Novelle von Arthur
„Schnitzler. S. Eischer Verlag, Berlin. — Wem von
den Hür einigermassen Literaturkundigen dieses Buch
ohne Umschlag, ohne Autorname in die Hand gegeben
wird, der würde nach der Lektüre ganz sicherlich
sagen: „Das ist ein „Schnitzler“!“ Denn wer kennt
nicht diese Art des flirtenden, an Wienerischen Leicht¬
sinn erinnernden Stils, dieser offenen und doch auch
halb verborgenen Bekenntnisse, der objektiven Schil¬
derung der furchtbarsten Zustände von Frauenseelen,
von jugendlichen Seelen und von reifen Seelen, die
ein Geschick verdammt hat, zwischen Jugendlust und
Entsagung zu schwanken, das Feingefühl, mit dem
der Dichter die Schwächen des menschlichen Charakters
und die peinlichen Erscheinungen erotischer Natur zu
verschleiern, zu wildern versteht. Frau Beate, die
junge Witwe eines berühmten Schauspielers, die noch
junge Mutter eines Siebzehnjährigen, die ihr Kind
vor verderblicher Verführung durch eine ältliche Kokotte,
vor einer ihr als zu frühzeitig erscheinenden Eröffnung
der realen Seite des Lebens schützen will, fällt nach
der langen Kasteiung des eigenen Leibes durch Ent¬
haltung selbst der Lust einer heissen Stunde zum
Opfer und gibt sich dem neunzehnjährigen Freund des
Sohnes hin. Als dieser sein „Abenteuer“ mit knaben¬
haftem Stolgreinem andern Kollegen erzählt, eikennt
sie ihre Schuld. „Nur dass das Kind nichts erfährt ...“
durchbebt es ihre Seele. Aber die rachsüchtige Kokotte,
der sie damals den jungen Liebhaber entreissen wollte,
hat es ihm verraten. Auf einer Kahnfahrt mit dem
Sohn wird sie dessen gewiss und der Unmüglichkeit
des ferneren Lebens. Und Kind und Schuld nimmt
sie mit sich hinab in die Tiefe des Sees. — Es ist
das erste Mal, dass mich der Schluss einer Schnitzler¬
schen Novelle verstimmt. Ist dieser Mord und Selbst¬
mord oder Doppelselbstmord „laubhaft, nachdem di:
Frau als modernes Weib, diese ganze Gesellschaft
als skrugellos modern geschildert wurde. Ist dieser
Schluss nicht zu romantisch nach der Darstellung
erotischer Verzuckungen und Entgleisungen, die unter
diesen Frauen wie Gang und Gäbe gezeigt werden?
Die Psychologie spaltet sich und lässt so viele Schlüsse
zu. Und Schnitzler? Er ist der Stilmeister, der Meister¬
erzähler. Wir forschen nicht weiter. Wir hören ihm zu!
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wird. Das Ganze
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(Artur Schnitzlen. „Frau Beate und ihr Sohn.“ — Bernhard uns hier Figuren
Raoul Auernheimer: Moment kommen
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der Größe der antik
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Ein Merkmal des modernen, artistisch gesinnten Poeten ist wird hier gespart, u
seine Angst vor der Banalität. Er ist, ein Wissender in einem halten. Es gibt hie
Zeitalter der intellektuellen Verfeinerung und des Raffinements Dachgarten eines
und findet eine Kunst vor, die alle Stoffgebiete erschöpft zu haben katastrophen, Weltstre
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malen, zu einem hinter der Oberfläche sich abspielenden Leven, zulieren, begeben sich i
den nach unenthüllten Rätseln und Verirrungen des Empfindens ssiegen über Tod und
flüchten. Das noch Ungesagte, Irrationale ist es, das ihn noch reizt.jdichtet, Herzensaffär
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ziges Wesen geliebt, sonden; die Illusionen, die er ihr gab, all reichischen Milieu,
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Könige, Brutale und Edelmütige. Sein Tod war ihr das bittere in einer streuger
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wie sehr Leben und Sterben in jedem Moment ineinander ver= russische Novellistik
Tragik der Sub
schlungen sind. Ihre ganze mütterliche Zärtlichkeit klammert sich
zuerst, dessen Held a
an den einzigen Sohn, dessen Liebe ihr alles Verlorene ersetzen
soll, bis ihr eines Tages die Gewißheit wird, daß ihn eine andere Tschechow dann, der
ihr ganz entfremdet, eine Buhlerin mit nixenhaftem Wesen, lichen vorführt, der
von der „ein feuchter Duft wie von Schilf und Wasserrosen aus= und Tod büßen mu
groteske Verzerrung,
zugehen schien". Sie ist zuerst voll Staunen über die Umwand¬
Geschichten. Ihr Hu
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greiflicher, wenn auh
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Schnitzlerischer Art
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und eine ergreifende
an den Stätten ab, die Beate die schönsten Erinnerungen ihres
Lebens an der Seite des Verstorbenen bedeuten. Sie wird von hier eine Praterfahr
schrittweise zu dem
den Männern noch heiß begehrt, die noch immer schöne Frau, und
Laurenz Haller ein
in dieser schwülen Liebesatmosphäre erliegt die Frau ihrer eigenen,
Emporgestiegener, de
so lange niedergekämpften Sehnsucht und ihren Sinnen. Sie sinkt
Gesetzen bewegt.
in die Arme eines noch knabenhaften Schulkollegen ihres Sohnes,
Resignation auf Leb
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Auflehnung erträgt.
verliert sie ganz ihren inneren Halt und gerät in tiefe Lebens¬
wirrnis, als sie ihr tiefstes Geheimnis von dem Knaben profaniert Nähe des Praters
sieht. Als zwei Verlorene, Entweihte, wie vom Lebensfrost in der dei Wipfeln der Ka
(neinweht, er ist
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noch nicht ganz
Eine Praterfahrt
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