23. Der Ne
ins Freie
box 3/2
n A — S. en en en enene en e.
Telephon 12801.
I. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs¬
Ausschnitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
6
zi in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopen¬
g hagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New York,
02 Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr,)
70
i Ausschnitt aus:
12. 1308
62
t, Wien
vord
(Ueber die Bucher des Jahres) schreibt uns Herr Friedrich
Schiller, Mitchef der Wiener Hofbuchhandlung Perles, in folgender
Darstellung: Mit besonderer Genugtuung schlichtet der Wiener Buch¬
händler in diesem Jahre den Berg der Weihnachtsbücher; es war, wie
dies im „Fremden=Blatt“ bereits literaturkritisch erwähnt wurde, ein
Wiener Jahr und an Stelle von vorjährigen Berliner Schlagern (Jettchen
Gebert u. a.) traten Wiener Dichter. Artur Schnitzler erfüllte den
Wunsch des Publikums und zeigte den Kollegen den Weg, den Weg ins
Freie, der dankbarste Aufnahme fand. Die 17. Auflage liegt vor. Dieser
Seelenkünder hat übrigens, wie uns Berliner Buchhändler mitteilen,
auch Unter den Linden sein großes Publikum, nicht bloß rund um den
Stephansturm. Rudolf Hans Bartsch, der im Nebenamte Oberleutnant, ist
von Graz nach Wien übersiedelt, nicht bloß persönlich, sondern auch mit den
Stätten seiner Werke. „Den Zwölf aus der Steiermark" (von denen
mehr als elftausend verkauft wurden) folgten die „Haindlkinder“, die
— sie waren in diesem
bis zu viertausend gedieben sind. Die Kritiker
— riefen alle guten Wiener Geister
Falle ausschließlich Lobredner
herbei, mit denen sie Bartsch vergleichen wollten: Mozart und Schubert,
Schwind und Waldmüller, und schließlich wurde noch der unerreichte
Schöpfer Sam Wellers und Davchen Copperfields zitiert. Ertls Roman
„Freiheit, die ich meine, ertönt vom Brausen des Völkerfrühlings
umso stiller, leiser und inniger wirkt Ginzkeys „Jakobus und die Frauen“.
Auch Jakob Wassermanns fesselnde Geschichte vom rätselhaften
sich immer weitere Kreise. All diesen
Kaspar Hauser erobert
Lebenden macht der Unsterbliche von Weimar wirksame Konkurrenz.
Die Bücherverzeichnisse beweisen es, daß der modernste Dichter, will
sagen der populärste, Goethe ist. Niemals hat die Goetheforschung so
üppige Blüten getrieben wie jetzt; schier unübersehbar ist die Reihe der
nur in den letzten Monaten allein herausgekommenen Schriften über
Goethe und der Neuausgaben seiner Werle. Obenan steht der Insel=Verlag
mit seinen mit dem bekannten Geschmack ausgestatteten Bänden: Goethes
Sprüche in Prosa, Goethes Sprüche in Reimen, aus Goethes Tagebüchern
usw. Brockhaus hat eine neue, revidierte Ausgabe von Goetbes Gesprächen
Telephon 12801.
G l. österr. behördl konz: Unternehmer für Zeitungs¬
Ausschaltte.
Wien, I., Concordiaplatz 4.
1
Vertretungen
* in Berlin, Budapest, Chicage, Christiania, Genf, Kopen¬
hagen, London, Madrid, Maifarrd, Minneapolis, New Vork,
20 Paris, Rom, San Francisco. Stockholm, St. Petersburg.
(Wneilenangabe ehne Gewähr.)
Ausschnitt
Sasbarger volksblatt
vom:
Literarisches.
Neue Bücher von Oesterreichern.
Man könnte auch sagen neue Bücher aus Oesterreich.
oder Bücher über österreichische Probleme, oder Bücher
über allgemein menschliche Probieme, österreichisch gesehen
und gelöst. Ohne aber eine restlose Bezeichnung zu geben.
Denn diese Bücher, von denen zu reden ist, mögen sie
auch in ihrer Gesamtheit ein gutes Stück österreichischer
Kultur von heute darstellen, sind doch zuerst und vor
allem Ausdruck streng bestimmter Persönlichkeiten, höchst
persönlich gestaltet in Form und Atmosphäre, in Pro¬
blemstellung und Problemlösung. Fast wärc es richtig, zu
sagen, daß, je reicher und klarer und auch ungestümer
der Mensch im Künstler zum Ausdruck kommt, das heißt
anderseits natürlich, je subjektiver er dem Menschlichen in
seinom Werk gegenübergetreten ist, desto schwächer ist es
seiner Kunstform nach geworden, wie bei Burckhard; je
mnehr der Mensch durch Objektivität zurücktritt, desto voll¬
endeter ist das Werk in seiner Form geworden, wie bei
Schnitzler. Fast, wenn nicht Hermann Bahrs neuer Ro¬
man seinen Dichter als Menschen ebenso klar und schön
zeigen würde, wie vollendet er in seiner Gestaltung ist.
Typisch österreichisch möchte man diese neuen Bücher nen¬
nen, und sicht man näher zu, so erscheint in jedem von
ihnen ein — anderes Oesterreich. In jedem ein ganz per¬
önlich schattiertes, individuell empfundenes Oesterreich.
Es ist also doch nur bestimmt zu sagen: neue Bücher von
Oesterreichern.
Der Roman Max Burckhards „Die Insel der
Seligen“ ist das leichteste und lustigste. Trotzdem
es
meistens sehr ernst wird, und eigentlich Juristerei ist
aber eine höchst lebendige Juristerei). Aber die Lustig¬
keit ist bei Burckhard Temperamentsfrage. Er klopft bei
menschlichen Einrichtungen hier an, da ist es faul, er
versucht es im Gegenteil, da ist es auch faul. Soll die
menschliche Gesellschaft die Verbrecher unmenschlich be¬
handeln, gäulen, oder soll sie sich selber denselben aus¬
liefern? Beides sollte eigentlich nicht sein. Man ver¬
sucht es nur gegenwärtig mit dem einen. Das soll bei
Burckhard keine Melancholie der Weisheit sein, denn er
flüchtet sich, menschlich ergriffen, in eine reine Phan¬
tasic des Geistes. Ein glückliches Temperament, ein lusti¬
ges Temperament. Auch im rein Formalen. Daher der
Knackser, der durch den Roman geht. Vor ihm ein Leben
der Wirklichkeit, streng real, aber herzlich erlebt, mit pla¬
tisch geschauten Menschen, einprägsam und menschlich er¬
greifend, nach ihm eine geistreiche Phantafie, die dem
Dichter plötzlich mehr Freude machte als die reale Weiter¬
führung. Was gewiß sehr ehrlich ist. Und Ehrlichkeit sollte
nie mit kunstrichterlichen Bedenken bestraft werden.
Der Roman Hermann Bahrs „Die Rahl“ er¬
öffnet einen Zyklus von zwölf Bänden. Der verbindende
Gedanke: Die Fülle aller Erscheinungen von Menschen
läßt sich zurückführen auf einige Typen. Den Menschen
eines Typus ist es von der Natur niemals gegeben, sich
restlos zu erfüllen. In diesem kommt mehr der Teil zur
vollen Erscheinung, in jenem mehr ein anderer. In kei¬
nem aber der ganze. Aufgabe des Dichters ist es nun,
an einem Menschen den Typus zur vollendeten Reife zu
bringen. In der „Rahl“ ist es die Schauspielerin an sich.
Und wunderbar ist an diesem Roman, der doch ganz aus
dem einen Gedanken berausentitand von melchen Gohen
ins Freie
box 3/2
n A — S. en en en enene en e.
Telephon 12801.
I. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs¬
Ausschnitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
6
zi in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopen¬
g hagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New York,
02 Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr,)
70
i Ausschnitt aus:
12. 1308
62
t, Wien
vord
(Ueber die Bucher des Jahres) schreibt uns Herr Friedrich
Schiller, Mitchef der Wiener Hofbuchhandlung Perles, in folgender
Darstellung: Mit besonderer Genugtuung schlichtet der Wiener Buch¬
händler in diesem Jahre den Berg der Weihnachtsbücher; es war, wie
dies im „Fremden=Blatt“ bereits literaturkritisch erwähnt wurde, ein
Wiener Jahr und an Stelle von vorjährigen Berliner Schlagern (Jettchen
Gebert u. a.) traten Wiener Dichter. Artur Schnitzler erfüllte den
Wunsch des Publikums und zeigte den Kollegen den Weg, den Weg ins
Freie, der dankbarste Aufnahme fand. Die 17. Auflage liegt vor. Dieser
Seelenkünder hat übrigens, wie uns Berliner Buchhändler mitteilen,
auch Unter den Linden sein großes Publikum, nicht bloß rund um den
Stephansturm. Rudolf Hans Bartsch, der im Nebenamte Oberleutnant, ist
von Graz nach Wien übersiedelt, nicht bloß persönlich, sondern auch mit den
Stätten seiner Werke. „Den Zwölf aus der Steiermark" (von denen
mehr als elftausend verkauft wurden) folgten die „Haindlkinder“, die
— sie waren in diesem
bis zu viertausend gedieben sind. Die Kritiker
— riefen alle guten Wiener Geister
Falle ausschließlich Lobredner
herbei, mit denen sie Bartsch vergleichen wollten: Mozart und Schubert,
Schwind und Waldmüller, und schließlich wurde noch der unerreichte
Schöpfer Sam Wellers und Davchen Copperfields zitiert. Ertls Roman
„Freiheit, die ich meine, ertönt vom Brausen des Völkerfrühlings
umso stiller, leiser und inniger wirkt Ginzkeys „Jakobus und die Frauen“.
Auch Jakob Wassermanns fesselnde Geschichte vom rätselhaften
sich immer weitere Kreise. All diesen
Kaspar Hauser erobert
Lebenden macht der Unsterbliche von Weimar wirksame Konkurrenz.
Die Bücherverzeichnisse beweisen es, daß der modernste Dichter, will
sagen der populärste, Goethe ist. Niemals hat die Goetheforschung so
üppige Blüten getrieben wie jetzt; schier unübersehbar ist die Reihe der
nur in den letzten Monaten allein herausgekommenen Schriften über
Goethe und der Neuausgaben seiner Werle. Obenan steht der Insel=Verlag
mit seinen mit dem bekannten Geschmack ausgestatteten Bänden: Goethes
Sprüche in Prosa, Goethes Sprüche in Reimen, aus Goethes Tagebüchern
usw. Brockhaus hat eine neue, revidierte Ausgabe von Goetbes Gesprächen
Telephon 12801.
G l. österr. behördl konz: Unternehmer für Zeitungs¬
Ausschaltte.
Wien, I., Concordiaplatz 4.
1
Vertretungen
* in Berlin, Budapest, Chicage, Christiania, Genf, Kopen¬
hagen, London, Madrid, Maifarrd, Minneapolis, New Vork,
20 Paris, Rom, San Francisco. Stockholm, St. Petersburg.
(Wneilenangabe ehne Gewähr.)
Ausschnitt
Sasbarger volksblatt
vom:
Literarisches.
Neue Bücher von Oesterreichern.
Man könnte auch sagen neue Bücher aus Oesterreich.
oder Bücher über österreichische Probleme, oder Bücher
über allgemein menschliche Probieme, österreichisch gesehen
und gelöst. Ohne aber eine restlose Bezeichnung zu geben.
Denn diese Bücher, von denen zu reden ist, mögen sie
auch in ihrer Gesamtheit ein gutes Stück österreichischer
Kultur von heute darstellen, sind doch zuerst und vor
allem Ausdruck streng bestimmter Persönlichkeiten, höchst
persönlich gestaltet in Form und Atmosphäre, in Pro¬
blemstellung und Problemlösung. Fast wärc es richtig, zu
sagen, daß, je reicher und klarer und auch ungestümer
der Mensch im Künstler zum Ausdruck kommt, das heißt
anderseits natürlich, je subjektiver er dem Menschlichen in
seinom Werk gegenübergetreten ist, desto schwächer ist es
seiner Kunstform nach geworden, wie bei Burckhard; je
mnehr der Mensch durch Objektivität zurücktritt, desto voll¬
endeter ist das Werk in seiner Form geworden, wie bei
Schnitzler. Fast, wenn nicht Hermann Bahrs neuer Ro¬
man seinen Dichter als Menschen ebenso klar und schön
zeigen würde, wie vollendet er in seiner Gestaltung ist.
Typisch österreichisch möchte man diese neuen Bücher nen¬
nen, und sicht man näher zu, so erscheint in jedem von
ihnen ein — anderes Oesterreich. In jedem ein ganz per¬
önlich schattiertes, individuell empfundenes Oesterreich.
Es ist also doch nur bestimmt zu sagen: neue Bücher von
Oesterreichern.
Der Roman Max Burckhards „Die Insel der
Seligen“ ist das leichteste und lustigste. Trotzdem
es
meistens sehr ernst wird, und eigentlich Juristerei ist
aber eine höchst lebendige Juristerei). Aber die Lustig¬
keit ist bei Burckhard Temperamentsfrage. Er klopft bei
menschlichen Einrichtungen hier an, da ist es faul, er
versucht es im Gegenteil, da ist es auch faul. Soll die
menschliche Gesellschaft die Verbrecher unmenschlich be¬
handeln, gäulen, oder soll sie sich selber denselben aus¬
liefern? Beides sollte eigentlich nicht sein. Man ver¬
sucht es nur gegenwärtig mit dem einen. Das soll bei
Burckhard keine Melancholie der Weisheit sein, denn er
flüchtet sich, menschlich ergriffen, in eine reine Phan¬
tasic des Geistes. Ein glückliches Temperament, ein lusti¬
ges Temperament. Auch im rein Formalen. Daher der
Knackser, der durch den Roman geht. Vor ihm ein Leben
der Wirklichkeit, streng real, aber herzlich erlebt, mit pla¬
tisch geschauten Menschen, einprägsam und menschlich er¬
greifend, nach ihm eine geistreiche Phantafie, die dem
Dichter plötzlich mehr Freude machte als die reale Weiter¬
führung. Was gewiß sehr ehrlich ist. Und Ehrlichkeit sollte
nie mit kunstrichterlichen Bedenken bestraft werden.
Der Roman Hermann Bahrs „Die Rahl“ er¬
öffnet einen Zyklus von zwölf Bänden. Der verbindende
Gedanke: Die Fülle aller Erscheinungen von Menschen
läßt sich zurückführen auf einige Typen. Den Menschen
eines Typus ist es von der Natur niemals gegeben, sich
restlos zu erfüllen. In diesem kommt mehr der Teil zur
vollen Erscheinung, in jenem mehr ein anderer. In kei¬
nem aber der ganze. Aufgabe des Dichters ist es nun,
an einem Menschen den Typus zur vollendeten Reife zu
bringen. In der „Rahl“ ist es die Schauspielerin an sich.
Und wunderbar ist an diesem Roman, der doch ganz aus
dem einen Gedanken berausentitand von melchen Gohen