II, Theaterstücke 31, Der Gang zum Weiher. Dramatische Dichtung (Der weise Vater, Der Weiher), Seite 116

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31 SiederPluefte
„Im Spiel der Sommerlüfte“ beginnt Schnitz= kaum Härten und Schroffheiten, die man gern
Schnitzler:
ler das Leben, wie es ihm hingeht. Im Spiel
vermieden gesehen hätte, bis auf Karl Gün¬
der Sommerlüfte sterben die Lebenssatten und
thers allzugroße Unbekümmertheit in sprach¬
Im Spiel der Sommerlüfte.
finden sich die Jungen zueinander; im Spiel der
licher Hinsicht vielleicht, und seine forcierte
Sommerlüfte flackern Sehnsüchte und Leiden¬
Reichsdeutsche Uraufführung im
Jungenshaftigkeit, die dem Professor nicht recht
schaften auf, wie sie zusammensinken, wenn das
anstand. Lydia Busch gab der Frau Josefa, der
„Neuen Theater“.
Gewitter den Morgen kühl und klar gemacht hat.
Frau auf der Flucht vor dem Alter, die zum
Bei dem Leben ist der Tod, bei der Ruhe des
Wem das Theater nichts ist als Spiegel der
Leben drängend die Grenze zu durchbrechen drohl,
Herzens das Brennen des Bluts. Alle seine
Gegenwart, als Spiegelung des Weltgeschehens in
die den Menschen Holl von dem Kaplan und Seel¬
Menschen: der Professor=Maler, dem hinter seiner
seiner engsten zeitlichen Begrenzung; wer es als
sorger Holl scheidet, der verstehenden Mutter und
Kunst die Welt und die Frau als Objekte zurück¬
Schaubühne der menschlichen und zeitlichen
resignierenden Frau die nervösen, tiefen, grau in
treten, der Kaplan, dem die Frau zwiefach zur
Wandlungen gelten lassen will und nur als
grau schattierten Züge, die zum innersten Wesen
Prüfung wird, das junge Mädchen, dessen Liebe
diese, als Kanzel des politischen oder kulturpoli¬
der Schnitzlerschen Frau gehören; Marianne
leicht und unbeschwert sich unbekümmert gibt wie
tischen Tagesredners oder als Titelblatt einer
Hoppe, die sommerluftleichte, im liebenden
ein Spiel der Sommerlüfte, und der Junge Mädchen fraulich klug denkende Gusti, fand in
Boulevardzeitung, auf der Schlagzeile und Schlag¬
zwischen letztem Spiel und erstem Ernst des
wort ihre lauten und deshalb um so kürzeren
Hans Stelzer, dem Jungen Eduard, einen
Lebens: alle seine Menschen sind Mitspieler in
Triumphe feiern; wer Regisseur und Drehbühne
prächtigen Partner von quellender Frische, von
diesem Wehen der Sommerlüfte, wie er es selbst
meint, wenn er Theater sagt und den Dichter ein¬
dem Massarecks (Kaplan Holl) zerquälte
war, der Altgewordene, der nun mit tiefen,
schätzt nach den Möglichkeiten, die er dem tech¬
Düsternheit sich in eindrucksvoller Schärfe abhob.
klugen Worten, verhalten im Ton wie in der
nischen Apparat zu glanzvoller und lauter Ent¬
Als eifersüchtelnder Arzt Faber sei Harry Just,
Stimmung, die über den drei Akten des Schau¬
faltung gibt, wird in diesem „Spiel der Sommer¬
als Leutnani Holl Franz Arzdorf neben Tat¬
spiels liegt, von diesem Problem spricht, das
lüfte“ keinen Hauch von dem verspüren, was ihm
jana Sais als Kathi genannt.
niemanden weiter angeht als den Menschen allein,
Theater in seinem Sinne bedeutet. Er wird Pro¬
Der Beifall war stark und herzlich.
ohne Bindung an eine Zeit oder einen Ort oder
bleme erörtert finden, die ihm so verstaubt er¬
Bringezu.
eine Tendenz oder eine Partei oder sonst etwas,
scheinen, wie das Jahrzehnt am Ende des ver¬
was nichts weiter ist, als ein in der Zeit wandel¬
asam
gangenen Jahrhunderts, in das der Dichter seine
oder wechselbares Attribut.
Menschen stellt; die brausende, gellende Gegen¬
wart, das bunte Spiel der Tage unserer Zeit mit
Die Handlung fließt leise und behutsam. Das
seinen grellen Farben, die Lautheit der Worte
Hauptstück des zweiten Aktes wird von einem
und die Nacktheit der Gedanken, alles dies, was
Dialog zwischen dem Kaplan und der Frau Josefa
ihm lebenswichtig und darstellungswert ist,
bestritten. Im dritten Akt lösen sich die Ver¬
wird er vermissen und er wird dies tadeln. Er
wicklungen, die mit den Sommerlüften kamen,
wird den katholischen Kaplan mit seinen seltsam
leicht und leise, und zurück bleibt mehr das Er¬
protestantisch anmutenden Ideen in seinen Ge¬
innern an einen Schmerz als der Schmerz selbst,
wissenskämpfen, die alternde Frau, die ihren
der im Spiel der Sommerlüfte verweht ist. Es
Sommer mit letzten Kräften und letzten Mitteln
fehlen alle starken und harten Akzente, die das
gegen den Herbst verteidigt dem sie nicht ent¬
Schauspiel zu einem Bühnenereignis von heute
rinnen kann, die Jungen, die im Aufglühn in¬
machen, aber es sind alle die Schönheiten und
einander nicht verbrennen, sondern glühender und
Tiefen da, die es als Dichtung von Größe und
reifer werden und — wie der Kreis sich schließt —
Feinheit auch heute gelten lassen. Weil die Pro¬
das Verstehen der Jungen und darin Sichwieder¬
bleme, um die es dem Dichter geht — allem
finden der Aelteren in seine dichterische Anti¬
auch noch die
lauten Widerspruch zum Trotz —
quitätensammlung einordnen. Er wird es tun,
Probleme unserer Zeit sind, wenn sie auch sich
weil er mit dem Teile seiner Zeit, der er ange¬
nicht so laut geberden wie jene anderen, die, weil
hört, die Attribute für die Substanz nimmt, das,
sie kleiner sind, um so tönender klappern müssen,
was um den Menschen ist, für ihn selbst, die Regie
um gehört zu werden.
für die Dichtung, den Ton für das Wort, die Helle
Arthur Hellmer hatte die Aufführung auf den
für das Licht! Und wird an Schnitzler, dem
bedeckten Ton und die verdeckten Farben abge¬
Dichter, vorübergleiten, wie der Dichter an ihm. stimmt, die Schnitzler gerecht werden. Es gab
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