II, Theaterstücke 29, Komödie der Verführung. In drei Akten (Der Verführer), Seite 89

29 Kondedie der Verfüchrung
" setleg.
Entwurf ab¬ an Stelle des zurückgetretenen Generals Hadzic erna
General Pivkovic hat die Berufung angenommen.
k. Tatsächlich Vollendung, wie ihr Vater erklärt, bloß eines noch fehlt:
otel — nein ein großes Erlebnis. Und sie findet dieses Erlebnis in
der einzigen Nacht vom 15. auf den 16. Juni 1914.
besglück des Findet es in den Armen des lieben, guten Max, der
hnitzler ver= bald darauf in das dänische Seebad Gilleleie reist.
einer pein¬
Dorthin nämlich hat ihn Agathe berufen, die ihren
ergehen. Da Wechsel auf Sicht einlösen will. Wiederum eine Nacht,
e. In den eine einzige Nacht! Am andern Morgen — es ist der
nat Mai hat 1. August 1914, an dem der Weltbrand aufflammte —
in dieser ist Max ein wenig nachdenklich. Er ahnt, daß ihm der
vor — nur Prinz auf seiner Jacht Agathe bald entführen wird.
auch beim Er ist auch ein wenig traurig, denn Aurelie, die gleich¬
usgeschöpftes falls in Gilleleie weilt, beachtet ihn nicht. Er war also
ächelnd, eine ein belangloser Zwischenfall in ihrem Leben. Sie hat
ja nur einen geliebt: den Baron Falkenir. Der ist
gleichfalls im Seebad. Er steht vor Aurelie als
Liebender, flehend und demütig, indes auch als
wägerin des Weiser, der alles versteht und darum alles verzeiht.
seine begabte Es gibt aber Dinge, über die ein Mann nie hinweg
nchen. Ihr kann. Und darum beichtet Aurelie. Enthüllt ihm ihre
in oder eine unbändige sexuelle Gier. Gesteht, daß sie orgiastische
lt ihr, was Nächte in dem Garten des Malers Gysar durchschwelgt
ten sich Lebe= hat. Schreit auf, daß ihr Aeußeres trügt, daß ihr wahres
e zu finden. Wesen jenes herrliche und freche Bild von ihr offenbart,
einem Ver= das Gysar gemalt. Für sie gibt es daher nur einen
die wird ihn Weg, den sie gehen muß. Sie geht in den Tod! Baron
er kommen.
Falkenir folgt ihr.
t nicht viel.
Und Max? In seinem Augenwinkel glänzt wieder
seinem nach¬
eine Träne, hervorgelockt durch die Kunde, daß ihm
doch mit der
Seraphine Vaterglück bescheren wird. Diese Träne gilt
winkendes
vielleicht auch der Tochter des Hoteldirektors des See¬
aufgeheitert
bades, einer Nixe und entfernten Anverwandten von
über das
Ibsens Hilde Wangel. Max ist Kadett=Feldwebel. Er
sia, Agathens
muß sofort einrücken. Schade. Wenn der Weltkrieg um
Westerhaus,
Braunigl, zu acht Tage später ausgebrochen wäre, dann hätte er seine
unbestimmte Leporelloliste um einen neuen seltenen Nixentypus
waghalsiger bereichert. Das ist der Standpunkt, von dem aus Max
das gewaltige Ereignis betrachtet. Und ich vermute, daß
Westerhaus
die welthistorische Optik der andern Personen dieses
elt auf. Nun
Stückes eine ähnliche Spiegelung zeigt.
freit. Agathe
ster. Sie ver¬
sie heimlich
Das ist die Komödie der Verführung. Sie be¬
achen. Und
kundet die wesentlichen Vorzüge Schnitzlers: seine
Grazie, seine tiefschürfende Psychologie und seine eigen¬
artige, kühl anmutende Glut. Allerdings hat er sich hier
kraphine, der bei der Gestaltung der weiblichen Hauptfigur in das
Seraphine gefährliche Gebiet der sexuellen Pathologie verirrt.
rin, der zur Daher der unerquickliche brünstige Schrei des
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4—
seine sicht aufs
Weibchens! Wie anders Ibsen!
pathologisch veranlagten Frauengestalten bebt ein werdenk
durch die
Hauch weiblichen Adels. Das gleiche gilt von der sind, siln
Erotik unsrer zwei großen modernen Lyriker Richard
Mitwir
Dehmel und Stephan George. Man denke an Georges in
stehe hiehe
glühenden Farben flackerndes Gedicht „Umschau.. Dasleitung
fälschlich
sieht man ein Weib, betäubt vom atemlosen Kuß, und
ohne #en
dabei doch in reiner Glorie blinkend. Und der wunder¬
grundegel
same Ausklang dieses Gedichtes:
„Und eine Stunde kam: da ruhten die Umstrickten,
kanzler, de
Noch glühend von der Lippe wildem Schwung.
im Gege
Da war im Raum, durch den die sanften Sterne blickten,
erkläru
Von Gold und Rosen eine Dämmerung.“
Punktes
Diese goldige, rosige Dämmerung, die einer auf das
schleuni
Auffassung
Erotische gestellten Dichtung einen eigenen Zauber ver¬
leiht, fehlt in der „Komödie der Verführung“, die man,
die sein
und nur
vielleicht nicht ganz unbegründet, als einen tragisch
austönenden, burgtheakerfähigen „Reigen“ bezeichnen
legung
könnte.
sofern im
Verwal
Frau Wohlgemuth gab die Gräfin Aurelie,
Verwaltig
das Weib mit den zwei gegensätzlichen Seelen. Die vor¬
Beschleun
nehme Seele wirkte überzeugend; im dritten Akt er¬
der Abzuh
griff die Künstlerin durch den Ausbruch ihres wilden
In
Schmerzes. Die Dirne glaubte man ihr nicht recht. Frau
Bundeska
Mayen als Seraphine war innig, schelmisch und zärt¬
schaft zwa
lich. Frau Aknay hatte als Agathe einen kecken Zug
gerüttelt,
neuerliche
abenteuerhafter Erotik, der sie als berechtigte An¬
insbesond
wärterin auf ihre Zukunftsrolle als große Kokotte legi¬
sierung
timierte. Herr Günther, den man vom Volkstheater
Dienst#
her kennt, war als Max liebenswürdig. Ob auch ein
Der
Charmeur in ihm steckt? Diese Frage bleibt vorderhand
zu einer
offen. Herr Aslan als Baron Falkenir war der ab¬
beräten, 1
geklärte Weise und der schmerzlich Wissende. Die andern
handelt n#
wesentlichen Rollen waren durch Frau Retty und die
Herren Henning, Höbling, Georg Reimers
Elne 6
und Marr trefflich vertreten. Herr Andersen, als
der Dichter Ambros Doehl, stand auf einem verlorenen
Posten. Herr Brahm als Spielleiter hat mit feinem
künstlerischen Verständnis die Redseligkeit des Dichters erhobenen
eingeengt, einzelnen Szenen dramatische Straffheit ver= einer öff¬
liehen und auch geschmackvolle, vornehme Bühnenbilder vom Lan
wurden,
geschaffen. — Das Publikum nahm die ersten zwei Akte Landesha
mit großem Beifalle auf. Nach dem zweiten Akt wurde italienisch
Schnitzler stürmisch gerufen. Der letzte Akt weckte leine Generalk
sonderliche Teilnahme. Der Beifall, der Schnitzler Weise n
immerhin einigemal vor die Rampe lockte, war mehr dessen Al
eine hochachtungsvolle Huldigung, die nicht dem Schöpfer gefallenes
italienisch
des Werkes, sondern dem Dichter persönlich galt.
erklärt,
Marco Brociner. fälle bin
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