II, Theaterstücke 26, (Komödie der Worte, 1), Komödie der Worte, Seite 141

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26.1. Konoedie der Norte—Zuklus
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ein wenig gefälscht — das verschweigt er aber diskret.
Beglückt zieht der Bräutigam ab, er wird seine Daisy hei¬
raten und stets glauben, daß nichts Ernstliches vorgefallen
sei. Sophie, die Frau Herbots, hat ihm Erlaubnis ge¬
geben, „zum letzten Mal“ zu lügen. Sie hört im Neben¬
zimmer alles mit an, erschrickt über diesen Meisterschwind¬
Ausschnitt aus:
ler, will einen Augenblick die Folgen für ihre spätere Ehe¬
1 bepg, Badische Landen Pei
führung daraus ziehen und gehen, bleibt aber zuletzt. Ge¬
vom:
siegt hat die liebenswürdige Lüge, gesiegt hat der Glanz
an Sael
der Worte. Liebe läßt sich nicht abwägen oder moralisch
abmessen, sie fliegt dem Unwürdigen zu und betrügt den

würdigen Bräutigam. Die Szene ist mit einer großen
Komödie der Worte.
Sicherheit geführt, ein Theaterdirektor spricht kluge Worte,
die Spannung hört nicht auf und so freut sich das Publikum
Einakterfolge von Arthur Schnitzler.
und mit ihm die Kritik.
Graufführung im Nellen Thealerezn
Am Anfange des Abends stand der Einakter „Stunde
Frankfurt.)
des Erkennens“
Hier ist die reifste, stärkste und
Frankfurt a. M., 13. Oktober.
tiefste dichterische Leistung. Es ist schwer, mit wenigen
Worten den Inbeit zusammenzufassen und man würde auch
Das schwächste dieser Stücke ist das letzte, betitelt
dem Dichter dadurch Unrecht tun. Verwickelte feelische
„Das Bacchusfest“. Hier wird versucht zu zeigen,
Probleme werden behandelt und zwar behandelt mit einer
wie stark die Worte eines geistvollen, überlegenen Men¬
Schärfe und einer Knappheit, wie sie wohl heute kaum
schen auf ein jugendliches Liebespaar wirken. Die Frau
ein anderer Dichter aufzubringen vermag. Die Meister¬
des Schriftstellers Staufner hat sich während dessen Ab¬
schaft des Arztes ist vereint mit der Meisterschaft des
wesenheit dem jungen Dr. Wernig in Liebe ergeben und
reifen Menschen. Worte der Güte und des höchsten Ver¬
die Beiden beschließen, zu heiraten und dem zurückkehrenden
stehens erklingen und bewegen uns in seltenem Maße.
Ehegatten alles mitzuteilen. In der Bahnhofshalle treffen
Wenn man gegenüber diesem Ergriffensein unbedingt mit
sich die drei. Staufner merkt sofort alles und erzählt, wie
dem kritischen Verstande nachprüfen will, so bleibt viel¬
im alten Griechenland das Bacchusfest dadurch gefeiert wurde,
leicht der Einwand, daß das Stück zu gescheit und zu
daß eine Nacht lang erotische Freiheit bestand und jeder
überlegen geschrieben ist. So wird es manchmal auf den,
der solchen Problemen nachzugehen nicht gewohnt ist, den
die beiden Liebenden, Wernig fährt ab und Agnes wird reu¬
Eindruck einer Konstruktion machen. Für empfindsame Men¬
mütig in ihr altes Heim zurückkehren. Ist schon die Kon¬
schen aber, die von der Bühne nicht eine Wiederspiegelung
struktion der Begegnung im Bahnhof eine verfehlte, so ist
des Alltagslebens verlangen, sondern ihr die eigenen Ge¬
noch mehr sofort einzzusehen, daß niemals eine intelligente
setze
zubilligen, wird es wohl das stärkste Stück sein, das
Frau die Absicht haben wird einen solchen Schwachkopf,
während dieses Krieges geschrieben wurde.
wie Wernig, zu heiraten. Sie wird sich vielleicht ihm
Nur noch wenige Worte über die Aufführung:
im Rausche ergeben, aber es bedarf sicher nicht der klugen
Sie war alles in allem ganz ausgezeichnet. Die drei männ¬
Worte des Schriftstellers Staufner und des Dichters Schnitzler,
lichen Hauptrollen gab Willi Schröder, ein Schau¬
um zu beweisen, daß es sich nicht um die große dauer¬
spieler von starker Intelligenz und Verwandlungsfähigkeit.
hafte Liebe handelt. Außerdem hat das Stück starke Längen,
Daneben blieb noch der Name Maria Leiko haften, die
in denen das Wort auch über den Dichter siegt. Trotz
im ersten Stück so unendlich fein zeigte, wie die Eitelkeit
dieser Bemängelungen hört man willig zu, denn Schnitzler
über die Rache und die Güte siegt und wie relativ alle
spricht ein schönes und klares Deutsch, eine Seltenheit der
unsere Taten sind, wenn sie besprochen merden und sich um¬
heutigen Produktion.
setzen in eine — Komödie der Worte“.
„Große Szene“ Hier schuf Schnitzler ein lustiges,
überlegenes, geistsprühendes Stücklein voll theaterfester Wirk¬
samkeit. Der große Schauspieler Konrad Herbot bezaubert
alle Frauen, nicht zuletzt seine eigene. Er hat jene rohe
Männlichkeit, die den Frauen so viel verspricht und er hat
die überlegene Kunst der glaubhaften Lüge. Als der Bräu¬
tigam seines letzten Abenteuers zu ihm kommt, zeigt er
ihm einen Brief der Dame, der Herbot anfleht, abzureisen.
Leider ist er nicht abgereist und hat auch das Datum