II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 301

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25. Professer Bernhandi
frei, aber eng umschlossen von den Satzungen einer der größten
kkann er nicht mehr. Die Kranke
Lebensmächte, der katholischen Kirche, ohne die sein Dasein
chen Stadium, den die Wissen¬
keinen Sinn hätte. Und dieser andere, der eigentlich gekommen
hwindenden Kräfte noch einmal
war, um sich selbst zu rechtfertigen, wird schließlich zum An¬
erhöhtes Lebensgefühl vor¬
etztenmal Glück und Hoffnung
kläger. Mit der feinen Witterung des Seelenforschers findet
er die Lücke in der seelischen Rüstung des anderen. Bernhardi
Menschen im Arzte erwächst
ist Jude. Der Dichter hat der Behandlung der modernen
lindern. Wenn er für weiter
Judenfrage mit besonderer Zuspitzung auf die österreichischen
tens doch für ein glückliches
Verhältnisse einen breiten Raum in seinem Werke eingeräumt,
dieser höheren Pflicht folgend,
aber nur in dieser Szene führt er das Problem dichterisch
hit dem Allerheiligsten kommt,
weiter. So reinen Herzens auch Bernhardi dem Gottesmann
ition zu erteilen, den Eintritt
Moment ist der Höhepunkt des
in jenem entscheidenden Augenblicke im Krankenzimmer ent¬
gegengetreten war, er kann es nicht leugnen, daß ihn vom
r den ersten der fünf Akte be¬
blick stiehlt sich gleichsam ein
anderen etwas trennt, was keine Liebe, auch kein Verständnis
überbrücken kann, das in seiner Art hoffnungslos ist. Aber
tige Gemach des Spitals, tanzt
aus dieser Erkenntnis schöpft er keine neue Kraft zu neuem
und webt eine helle Aureole
Kampfe. Er ist keine Kämpfernatur mehr, und in dem selben
Menschenfreundes.
Augenblick, da er über den Abgrund hinweg dem Priester die
der in sein Recht, und aus dem
Hand reicht, fühlt er, fühlen wir, daß das in jenem Priester
Problem in fest geschlossener
verkörperte Prinzip, wenn nicht das bessere, so doch wieder das
ird plötzlich ein bunt bewegtes
stärkere ist. Wer es versteht, oder wenigstens zu verstehen
ittes werden nun in behaglicher
dlitischen Strömungen zerrissene
glaubt, der gestattet ihm schon den Vortritt. Mit dieser Er¬
kenntnis hört im Grunde das eigentliche Drama auf.
i 1900 stürzt gleichsam auf die
Aus der schmerzlich=lächelnden Entsagung des Professors
nten revolutionieren, und jeder
Bernhardi weht uns ein Hauch des beklemmenden Gefühls ent¬
herauszuschlagen. Im Hinter¬
ührtskomitees, Interpellationen
gegen, daß die Freiheit am Ende auch als etwas Negatives
empfunden werden kann, und daß auch den innerlich Freiesten
acht und vom Minister beant¬
in Momenten das wehe Gefühl überschleicht, als sei er doch nur
aatsanwalt und Strafrichter in
ausgesperrt und fortgewiesen von dem warmen Herdfeuer an¬
bunten Getümmel verlieren wir
derer, die ärmer und reicher zugleich sind als er.
und nur in zwei großen Aus¬
Das Drama des Berufs wandelt sich allmählich immer
weiter entwickelt. Einmal wird
dis vom Berufe erschüttert, weil
mehr in die Zwitterbildung der Tragikomödie des Eigensinns.
Bernhardi selbst erkennt, daß Rechthaben allein nicht den Men¬
entgegentritt, das andere Mal
schen macht, daß man nach ihm nicht einmal den Menschen
nschlich=Individuelle in ihm zu¬
unter allen Umständen richtig wertet. So gibt er schließlich
Star sticht uns ein Kollege und
ester, und beide Male läßt
die Rolle des Märtyrers, die ihm mehr durch den Zufall des
Augenblicks aufgedrungen wurde, mit Gleichmut wieder auf.
el, wem er, wem wir Recht
Eine leichte Ironie beschleicht ihn, beschleicht uns. Wir er¬
es, wenn auch vielleicht nicht
kennen in ihm und im Dichter die Schwäche des Willens, der
Mitteln, bis zum Unterrichts¬
sich die Größe im Leben wie in der Kunst versagt. Im Augen¬
m Fanatiker des Rechtshabens
blicke, wo sein Prozeß wieder aufgenommen werden soll, da
ht ankomme, sondern auf das
sich, von ihrem Beichtiger getrieben, eine falsche Zeugin selbst
Möglichkeit des Wirkens hin¬
bezichtigt, wirft Bernhardi die Flinte ins Korn. Hals über
he Bewußtsein in irgend einem
Kopf stürzt er sich nun ganz in seinen Beruf, oder wenn man
egetan zu haben, sei nicht nur
will, in das Spezialistentum des Lebens. Das letzte Wort
der
derbster Ironie hat — das ist charakteristisch für Österreich —
igere, aber auch als
ein aufgeklärter Subalterner.
Bernhardi unserem Herzen am
Als dramatisches Kunstwerk kann das neueste Werk
am Tage, da er selbst
iner Gefängnisstrafe verurteilt
Schnitzlers keiner ernsteren Prüfung standhalten. Der Dichter
scheint sich selbst nicht zu vertrauen. Man hat das Gefühl, als
den er damals von der Tür des
habe er oft den Kurs gewechselt und bald das Problem so, bald
n hat. Zwei Männer stehen
so gestellt. Schließlich haben die Nebensachen den Kern der
im freien Beruf, nur auf sich
ielleicht innerlich nicht minder] Handlung völlig überwuchert, und der Eindruck, der bleibt,
ist ein peinlich verworrenes Bild der österreichischen inneren
Zustände, dem aber jede Beweiskraft fehlt. Man verläßt das
Theater mit dem Gefühl des Unbehagens, sich für Stunden
einem Führer anvertraut zu haben, der den Weg selber nicht
gewußt, und am Ende uns in ein Verlegenheitsobdach
zweifelhafter Art geführt hat. Dieser Eindruck wurde durch
die unter der Leitung von Dr. Carl Hagemann stehende
Aufführung noch verstärkt. Denn es gelang der Darstellung
nicht, auch nur das äußere Geschehen uns wirklich glaubhaft
darzustellen. Die soziale Sphäre, die alles bedingt, wurde
absolut nicht getroffen. Anstatt im jüdisch=liberalen Milieu der
österreichischen Kaiserstadt, befand man sich anscheinend in dem
kleinsten Provinznest, und die Professorensitzung im Elisa¬
bethinum hatte eine verdächtige Ahnlichkeit mit der Lehrer¬
konferenz in „Flachsmann als Erzieher“. Kaum einer der
Darsteller trug die vom Dichter vorgeschriebene Maske und
keiner traf ganz den richtigen Schnitzlerschen Ton. Man spielte
eben im gewohnten Gleis, und begnügte sich mit einer Aller¬
weltsbühnencharakteristik, die gerade bei diesem Stücke, das
mit der richtigen Zeichnung des Milieus steht und fällt, gar
nicht am Platze war. Herr Nhil hatte in der Titelrolle einige
gute Momente. Aber er spielte die ganze Gestalt viel zu sehr
auch schon äußerlich, auf Kraft und Stärke hinaus. Dabei ist
Professor Bernhardi nur stark im Intellekt und gut im
Herzen, der starke Wille fehlt ihm, und dieses Moment muß
vom ersten Auftreten an in die Erscheinung treten, sonst wird
das ganze Bild schief. Eine gute Leistung war der Unter¬
richtsminister des Herrn Lang. Auch Herr Wagner, der
den Pfarrer gab, und Herr Wlach in der Rolle des aufgeklär¬
ten Hofrates möchte ich erwähnen. Das Publikum folgte der
sich endlos lang hinziehenden Aufführung nur mühsam. Am
Schlusse gab es reichlichen Beifall, der wohl mehr den Dar¬
C. A. P.
stellern galt als dem Werke.