25. ProfS
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tat, ein lopischer, tescher, troher Schnitz¬
#ler=Akt, der gar nicht so recht zu dem.
iteren Ernst der 'vorhergehenden See¬
enen passen will, enttäuscht den Fein¬
schmecker. Denn Artbur Schnitzler ist
beben ein na, nennen wir's „Realist“.
Er weiß, das Leben schafft nur selten
reine Tragödien. Das Leben arbeitet in
Tragi=Komödien. Und über das große
Leid des Einzelnen, über das Unrecht
und die Verfolgung, die den Einzelnen
getroffen, rauscht unbekümmert das Le¬
den weiter. Ausnahmsmenschen nehmen
wohl einen Anlauf, sich dem trägen und
schwerfälligen Koloß, dem lieben Her¬
kommen, entgegenzustellen.
Aber in der Regel geben sie dies kühne
und undankbare Unterfangen schon nach
dem ersten mißglückten Versuche auf.
Mit zerschlagenen Köpfen zumeist. Aber
daran geht kaum einer zu Grunde. Das
lehrt das Leben. Und weil, wie gesagt,
Arthur Schnitzler das Leben kennt, ist
aus „Professor Bernhardi“, der in sei¬
nen ersten vier wunderbaren Akten einen
starten Appell an's wirklich „Ernst=Ge¬
nemmen=Werden“ macht, schließlich doch
eine Komödie geworden. Der Dichter ist
sich eben nur consequent geblieben.) Eine
Stärke und eine Schwäche! Denn wer
vom Theater unbedingt „Theater“ ver¬
langt, den wird dieser letzte Akt von
„Professor Bernhardi“ wahrscheinlich
etwas unbefriedigt lassen.
In die Aerztewelt der Wiener Stadt
führt uns Schnitzler, in ein Hospital,
das sich gerade darum bewirbt, mit einer
staatlichen Subvention beglückt zu wer¬
den. Und in diesem kritischen Augen¬
blick, da passiri es dem hochbedeutenden,
prächtigen Vorsteher dieses Krankenhau¬
ses, Prof. Bernhardi, daß er einen Prie¬
ster vom Sterbebette einer jungen Sün¬
derin fernhält. Kein Prinzip will er
verfechten. Er denkt nur daran, einem
armen Mädel, das nichts von seinem
nahen Ende weiß und sogar wieder voll
schöner Hoffnungen ist, einen ruhigen
Tod zu verschaffen. Aber die unbedachte
Handlung des Mannes der Wissenschaft
hat schlimme Folgen. Feinde, Neider
und politische Gequer bauschen den Vor¬
fall auf, hetzen, wühlen und ruhen nicht“
eher, als bis der Professor so weit ge¬
trieben wird, sein Direktorat im Kran¬
kenhaus niederzulegen. Ja selbst dann
hört die Hetze noch nicht auf. Professor
Vernhardi wird der Religionsstörung
angetlagt und auf falsches Zeugniß hi
zu zwei Monaten Kerker verurtheilt. Es##
ist keine Gennathuung für den Gelehr¬
ten, daß der Geistliche, den er beleidigt 2
haben soll, selbst nach erfolgter Verur¬
theilung in sein Haus kommt und sich in
einer gewaltigen Seene mit ihm ausein¬
andersetzt.
Er muß seine zwei Monate absitzen.
Und wenn dann am Schlusse die volle
Rehabilitation kommt, da hat auch sie
gewiß nur das bittersüße Gefühl für“
den modernen Märtyrer im Gefolge, daß
er eigentlich, wir ein echter Don Quixote
gegen — Windmühlen gekämpft hat.
Ganz vorzüglich war die Aufführung
und jeder der Mitwirkenden verdient!
hohes Lob. Denn die 18 Herrenrollen insg¬
„Professor Bernhardi“ verlangen jede
einzelne einen hingebenden, berufenen
Menschendarsteller. Und unter Chri¬
stians' trefflicher Regie wuchsen einige
der sonst weniger hervorragenden Herr¬
schaften zu bemerkenswerther Höhe em¬
por.
Nur die allerbesten Leistungen seien
hier aufsczählt. Vor allem Marlow's
35
lebenswahrer „Professor Bernhardi“!
Eine starke, mächtige Schpfung
hinreißender Gewalt. Dann die beiden ##
strefflichen Charactere, die
Rud###y
Christians schuf, der „Pfarrer“ und der
911
„Hofrath“. Und wie fein und characteri¬
stisch war gerade diese letzte, echt wiene¬
rische Figur! Otto Stöckel. Heinrich
La
Matthaes und Willy Frey leisteten ganz
Hervorragendes als „Minister", „Prof.
mi
Pflugfelder“ und „Prof. Cyprian. Ernst
a
Holznagel. Hans Hausen, Cbristian Rub,
Rudi Rahe, Heurh Falk, Rudi Aiches
und Willy Wahl müssen sich mit einem
Collectivlob beanügen. Als Dr. Löwen¬
stein glänzte Ernst Rabert. Hübsch cha¬
be
racterisirt war die Krankenschwester der
de
Frau Rub=Foerster.
—
Die Aufführung wurde von einem ge¬
wählten und zahlreichen Publikum mit jde
Beifall überschüttet. Der Erfolg warl
eindringlich, tief und wohlverdient.
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tat, ein lopischer, tescher, troher Schnitz¬
#ler=Akt, der gar nicht so recht zu dem.
iteren Ernst der 'vorhergehenden See¬
enen passen will, enttäuscht den Fein¬
schmecker. Denn Artbur Schnitzler ist
beben ein na, nennen wir's „Realist“.
Er weiß, das Leben schafft nur selten
reine Tragödien. Das Leben arbeitet in
Tragi=Komödien. Und über das große
Leid des Einzelnen, über das Unrecht
und die Verfolgung, die den Einzelnen
getroffen, rauscht unbekümmert das Le¬
den weiter. Ausnahmsmenschen nehmen
wohl einen Anlauf, sich dem trägen und
schwerfälligen Koloß, dem lieben Her¬
kommen, entgegenzustellen.
Aber in der Regel geben sie dies kühne
und undankbare Unterfangen schon nach
dem ersten mißglückten Versuche auf.
Mit zerschlagenen Köpfen zumeist. Aber
daran geht kaum einer zu Grunde. Das
lehrt das Leben. Und weil, wie gesagt,
Arthur Schnitzler das Leben kennt, ist
aus „Professor Bernhardi“, der in sei¬
nen ersten vier wunderbaren Akten einen
starten Appell an's wirklich „Ernst=Ge¬
nemmen=Werden“ macht, schließlich doch
eine Komödie geworden. Der Dichter ist
sich eben nur consequent geblieben.) Eine
Stärke und eine Schwäche! Denn wer
vom Theater unbedingt „Theater“ ver¬
langt, den wird dieser letzte Akt von
„Professor Bernhardi“ wahrscheinlich
etwas unbefriedigt lassen.
In die Aerztewelt der Wiener Stadt
führt uns Schnitzler, in ein Hospital,
das sich gerade darum bewirbt, mit einer
staatlichen Subvention beglückt zu wer¬
den. Und in diesem kritischen Augen¬
blick, da passiri es dem hochbedeutenden,
prächtigen Vorsteher dieses Krankenhau¬
ses, Prof. Bernhardi, daß er einen Prie¬
ster vom Sterbebette einer jungen Sün¬
derin fernhält. Kein Prinzip will er
verfechten. Er denkt nur daran, einem
armen Mädel, das nichts von seinem
nahen Ende weiß und sogar wieder voll
schöner Hoffnungen ist, einen ruhigen
Tod zu verschaffen. Aber die unbedachte
Handlung des Mannes der Wissenschaft
hat schlimme Folgen. Feinde, Neider
und politische Gequer bauschen den Vor¬
fall auf, hetzen, wühlen und ruhen nicht“
eher, als bis der Professor so weit ge¬
trieben wird, sein Direktorat im Kran¬
kenhaus niederzulegen. Ja selbst dann
hört die Hetze noch nicht auf. Professor
Vernhardi wird der Religionsstörung
angetlagt und auf falsches Zeugniß hi
zu zwei Monaten Kerker verurtheilt. Es##
ist keine Gennathuung für den Gelehr¬
ten, daß der Geistliche, den er beleidigt 2
haben soll, selbst nach erfolgter Verur¬
theilung in sein Haus kommt und sich in
einer gewaltigen Seene mit ihm ausein¬
andersetzt.
Er muß seine zwei Monate absitzen.
Und wenn dann am Schlusse die volle
Rehabilitation kommt, da hat auch sie
gewiß nur das bittersüße Gefühl für“
den modernen Märtyrer im Gefolge, daß
er eigentlich, wir ein echter Don Quixote
gegen — Windmühlen gekämpft hat.
Ganz vorzüglich war die Aufführung
und jeder der Mitwirkenden verdient!
hohes Lob. Denn die 18 Herrenrollen insg¬
„Professor Bernhardi“ verlangen jede
einzelne einen hingebenden, berufenen
Menschendarsteller. Und unter Chri¬
stians' trefflicher Regie wuchsen einige
der sonst weniger hervorragenden Herr¬
schaften zu bemerkenswerther Höhe em¬
por.
Nur die allerbesten Leistungen seien
hier aufsczählt. Vor allem Marlow's
35
lebenswahrer „Professor Bernhardi“!
Eine starke, mächtige Schpfung
hinreißender Gewalt. Dann die beiden ##
strefflichen Charactere, die
Rud###y
Christians schuf, der „Pfarrer“ und der
911
„Hofrath“. Und wie fein und characteri¬
stisch war gerade diese letzte, echt wiene¬
rische Figur! Otto Stöckel. Heinrich
La
Matthaes und Willy Frey leisteten ganz
Hervorragendes als „Minister", „Prof.
mi
Pflugfelder“ und „Prof. Cyprian. Ernst
a
Holznagel. Hans Hausen, Cbristian Rub,
Rudi Rahe, Heurh Falk, Rudi Aiches
und Willy Wahl müssen sich mit einem
Collectivlob beanügen. Als Dr. Löwen¬
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racterisirt war die Krankenschwester der
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Frau Rub=Foerster.
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Die Aufführung wurde von einem ge¬
wählten und zahlreichen Publikum mit jde
Beifall überschüttet. Der Erfolg warl
eindringlich, tief und wohlverdient.
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