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25. PrefesBernhandi
Gablonzer Stadttheater.
„Professor Bernhardi.“
Komödie in 5 Akten von Arthur Schwitzler. Aufführung
am 29. Ollober
Der Kulturkampf im alten zu Grafe getragenen Oester= P3
15
reich wird hier nonisch belichtet. Ein Porall, welcher der —
einflugreichsten Partei sehr gelegen kommte um einen Vor¬
stoß zu unternehmen, entfessent belitische Gewalien. Der —
Dichter leuchtet nicht nur hinein in die politische Struftuk ##
der gewesenen Resistenzstadt, sondern hat auch österreichisches
Wesen mit tiefemBlick erschaut und in einigen — christlichen
und jüdischen — Vertretern gebildeten Standes in diesem
Werke trotz aller tendenziosen Färbung genial festgehalten.
Freilich wird den keirumpierenden Einflüssen das Ueberge¬
wicht zugesprochen und gesinnungsfestes, für das Rechte und
Wahre eintretendes Menschentum gilt als vereinzelte Er¬
scheinung.
Professor Bernhardi, ein Jude, verwehrt in Ausübung
seiner arstlichen Pflicht einem Priestei den Zutritt zu einer
Sterbenden, um zu verhüten, duß sie aus ihren glücklichen
Vorstellungen, aus dem Zustand der Euphorie, gewaltsam
herausgerissen werde, und sie stirbt, ohne Der Absolution teil¬
haft geworden zu sein. Sofort setzen die Machenschaften ein.
Das Kuratorium des Elisabethinums, dessen Direktor Vern¬
hardi ist, demissioniert, die meisten Kollegen rücken von ihm
ab. Noch könnte er das Unheil von sich ablenken, die Inter¬
pellation im Parlament verhindern. Man sucht einen christ¬
lichen Bewerber um eine freiwerdende leitende Stelle im
Elisabathinum durchzubrücken und er müßte gegen seine
Ueberzeugut; diesem statt dem viel fähigeren jüdischen Be¬
werber seine Stimme geben. Und da er dies weit von sich
weist, bleibt noch sein Freund, der Unterrichtsmnister, der
sich für die gerechte Sache so hell begeistert und den Kamuf
mit den dunklen Gewalten aufsunehmen verspricht.
bei dem halt aber — echt osterreichisch — die Begeisterung
nut solange vor, als die schönen Worte klingen; rücken
Schwieriakeiten auf den Leib, so schwingt er behend auf
einen anderen Standpunkt empor, von dem aus es ihm not¬
wendig erscheint. „höheren Werten“ zuliebe Konzessionen zu
machen. Der Vorfall wird in der Interpellation aufge¬
bauscht und entstellt und es kommt zu einer strafrechtlichen
Untersuchung. Diese endet infolge falscher Zeugenaussage mit
Bernhardis Verurteilung wegen Religionsstörung. Ehren¬
saft und an seiner Ehre ungekränkt steht er am Schlusse da,
sio ein Mann, der eine Revision des Prozesses gar nicht
lötig hat.
Dei Abend war ein Ersola für Direktor Josef Wenin¬
jer. Er brachte den Professor Bernharoi den Zuschauern
durch vornehm zurückhaltende Zeichnung nahe, die aller
heatralischen Mittelchen entraten konnte und in aller Na¬
ürlichkeit Menschenwürde und männliche Unerschrockenheit
auf das gewinnenöste'hervottreren#Au seine Regie.
var eine beachtliche Leistung und verhalf namentlich dem
ritten Akte zu starken Wirkung. Sonst vermochte sich bei
der Vielheit der Stimmen nicht jeder Rollenträger durchzu¬
etzen und manche feine Dialogwendung kam noch nicht ge¬
tügend zut Geltung Untei den gegebenenUmstanden konnte
das Gebotene im allaemeinen bestiedigen. Wit heben Otto
Braun als Unterrichtominister Dr. Flint, Fritz Horn als
Professor Ebenwald und Alfred Volle
als Professor
Pflugfelder bervor. Vor Veraroberungen ist zu warnen. So
kam das Kulinriudentum, um das es sich ja doch hier han¬
delt zum Teil schlecht weg und auch Alfred Bock (Doient
Lowensteinl, sonst ausgezeichnet und im Gegensatz zu man¬
chen anderen immer im Spiel bleibend, könnten etwas
dämupfen.
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25. PrefesBernhandi
Gablonzer Stadttheater.
„Professor Bernhardi.“
Komödie in 5 Akten von Arthur Schwitzler. Aufführung
am 29. Ollober
Der Kulturkampf im alten zu Grafe getragenen Oester= P3
15
reich wird hier nonisch belichtet. Ein Porall, welcher der —
einflugreichsten Partei sehr gelegen kommte um einen Vor¬
stoß zu unternehmen, entfessent belitische Gewalien. Der —
Dichter leuchtet nicht nur hinein in die politische Struftuk ##
der gewesenen Resistenzstadt, sondern hat auch österreichisches
Wesen mit tiefemBlick erschaut und in einigen — christlichen
und jüdischen — Vertretern gebildeten Standes in diesem
Werke trotz aller tendenziosen Färbung genial festgehalten.
Freilich wird den keirumpierenden Einflüssen das Ueberge¬
wicht zugesprochen und gesinnungsfestes, für das Rechte und
Wahre eintretendes Menschentum gilt als vereinzelte Er¬
scheinung.
Professor Bernhardi, ein Jude, verwehrt in Ausübung
seiner arstlichen Pflicht einem Priestei den Zutritt zu einer
Sterbenden, um zu verhüten, duß sie aus ihren glücklichen
Vorstellungen, aus dem Zustand der Euphorie, gewaltsam
herausgerissen werde, und sie stirbt, ohne Der Absolution teil¬
haft geworden zu sein. Sofort setzen die Machenschaften ein.
Das Kuratorium des Elisabethinums, dessen Direktor Vern¬
hardi ist, demissioniert, die meisten Kollegen rücken von ihm
ab. Noch könnte er das Unheil von sich ablenken, die Inter¬
pellation im Parlament verhindern. Man sucht einen christ¬
lichen Bewerber um eine freiwerdende leitende Stelle im
Elisabathinum durchzubrücken und er müßte gegen seine
Ueberzeugut; diesem statt dem viel fähigeren jüdischen Be¬
werber seine Stimme geben. Und da er dies weit von sich
weist, bleibt noch sein Freund, der Unterrichtsmnister, der
sich für die gerechte Sache so hell begeistert und den Kamuf
mit den dunklen Gewalten aufsunehmen verspricht.
bei dem halt aber — echt osterreichisch — die Begeisterung
nut solange vor, als die schönen Worte klingen; rücken
Schwieriakeiten auf den Leib, so schwingt er behend auf
einen anderen Standpunkt empor, von dem aus es ihm not¬
wendig erscheint. „höheren Werten“ zuliebe Konzessionen zu
machen. Der Vorfall wird in der Interpellation aufge¬
bauscht und entstellt und es kommt zu einer strafrechtlichen
Untersuchung. Diese endet infolge falscher Zeugenaussage mit
Bernhardis Verurteilung wegen Religionsstörung. Ehren¬
saft und an seiner Ehre ungekränkt steht er am Schlusse da,
sio ein Mann, der eine Revision des Prozesses gar nicht
lötig hat.
Dei Abend war ein Ersola für Direktor Josef Wenin¬
jer. Er brachte den Professor Bernharoi den Zuschauern
durch vornehm zurückhaltende Zeichnung nahe, die aller
heatralischen Mittelchen entraten konnte und in aller Na¬
ürlichkeit Menschenwürde und männliche Unerschrockenheit
auf das gewinnenöste'hervottreren#Au seine Regie.
var eine beachtliche Leistung und verhalf namentlich dem
ritten Akte zu starken Wirkung. Sonst vermochte sich bei
der Vielheit der Stimmen nicht jeder Rollenträger durchzu¬
etzen und manche feine Dialogwendung kam noch nicht ge¬
tügend zut Geltung Untei den gegebenenUmstanden konnte
das Gebotene im allaemeinen bestiedigen. Wit heben Otto
Braun als Unterrichtominister Dr. Flint, Fritz Horn als
Professor Ebenwald und Alfred Volle
als Professor
Pflugfelder bervor. Vor Veraroberungen ist zu warnen. So
kam das Kulinriudentum, um das es sich ja doch hier han¬
delt zum Teil schlecht weg und auch Alfred Bock (Doient
Lowensteinl, sonst ausgezeichnet und im Gegensatz zu man¬
chen anderen immer im Spiel bleibend, könnten etwas
dämupfen.
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