II, Theaterstücke 24, Das weite Land. Tragikomödie in fünf Akten, Seite 35

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24. Das veite Land
sehen wir auch den Mann, der seine Frau betrog, obwohl! Erna (Fräulein Hofteufel), ein Schicksal erleben
at also doch können! Die
möchten, und solche, die, wie Frau Wahl (Frau
er sie und nur sie geliebt hat. So vieles habe eben zu¬
chst nicht sonderlich auf. Er
Devrient=Reinhold) und Frau Natter (Fräulein
gleich Raum in dem Menschen, Treue und Treulosigkeit,
en Morgen, die Schuld seiner
Wilke), sich über gar nichts den Kopf zerbrechen, weil
Anbetung der einen und Verlangen nach anderen.
igt es freilich mit verhaltenem
sie keinen haben, oder gedankenlos in den Tag hinein
„Die Seele ist ein weites Land,“ ruft er aus, und leider!
Befreiung“, sie kommt ihm
liebeln. Der Mittelpunkt dieses Kreises aber ist Friedrich
scheint dieses Land sehr schlecht regiert zu werden, drum
ch vor der nackten, blanken
Hofreiter, eine Rolle, mit der sich das stärkste Talent
herrscht darin auch das Chaos, geht alles drunter und
verliert er schließlich doch das
den Hals brechen kann. Daß dies bei Herrn Korf
drüber, ist alles dort bald so lustig, bald so traurig und
Ueberlegenheitsmaske fällt ihm
nicht der Fall gewesen, ist an sich kein geringes Lob. Am
immer so lustig=traurig, so traurig=lustig. Schnitzler nennt
plötzlich wie andere Theater¬
besten gelingen ihm die ersten Akte. Da sieht man in der
sein Stück eine Tragikomödie, und mit Recht. Das
rich und tötet ihn im Zwei¬
Tat den sieggewohnten Eroberer, den Beherrscher des
Tragische und das Komische erscheinen uns hier in
Genia von ihm los. Bisher
Lebens, den Wiener Don Juan neuesten Stiles. Selbst
innigster Verschmelzung, nicht bloß als örtliche Nachbarn,
eimen Liebe zu ihrem Mann
der großen Szene, wo Hofreiter seiner Frau nahelegt, daß
als Wechsel zwischen Dur und Moll. Alles, was geschieht,
hilistereinfalt konnten wir gar
es ihm beinahe lieber gewesen wäre, sie hätte ihm die
hat seine zwei Seiten, ist gleichzeitig hell und dunkel, zum
doch zu einer Aussöhnung
Treue gebrochen, selbst dieser vielleicht kühnsten Szene der
Weinen und zum Lachen, wie man's nehmen will. Das
fühlt es, ist es aus zwischen
modernen Bühne zeigt sich der Künstler gewachsen.
Tragische äußert sich hier in komischer Form, wenigstens
von Erna nichts mehr wissen,
Schwächer wird er gegen den Sihluß hin. Nun ist der
in einer scheinbar harmlosen, gleichgiltigen Form, man sieht
s sich selbst und — vielleicht
Mann wirklich der betrogene Ehemann, empört außerdem
es durch das Medium der Ironie. So sei es nun einmal,
den
Garten den Vaternamen
über eine niederträchtige Verleumdung, gegen die er sich
das schillernde Leben, wie es von der unsterblichen Ge¬
verläßt er die Bühne,
nicht wehren kann, und so gerät er nach und nach in eine
sellschaftslüge gemodelt wird, und der gute Dr. Mauer
er
schließt das Stück, es
fürchterliche Ueberreizung. Seine Herrennatur bricht zu¬
beurteilt es als ein „Ineinander von Zurückhaltung und
en. Der Zuschauer mag den
sammen, seine stolzen Siegergedanken fliegen in die Luft,
Frechheit, feiger Eifersucht und erlogenem Gleichmut,
wo die Prosa beginnt, aller¬
wir sehen bloß noch ein armseliges, von seiner Leiden¬
rasender Leidenschaft und leerer Lust“. Aus diesem „Inein¬
ichtern sich ausrechnen lassen,
schaft durch Gegensätze und Widersprüche gehetztes
ander“ entsteht die Tragikomik. Man denke sich ein
Menschenkind vor uns, eine Wetterfahne im Sturmwinde
sen Titel des Stückes: „Das Musikstück, das in fröhlichem Rhythmus dahinhüpft, dessen
des Lebens. Dies alles schauspielerisch zu lösen, völlig
er erst im dritten Akt, dem Melodie aber aus Moll geht. Mit wunderbarer Kunst hat
glaubhaft zu machen, nur Einer vermochte es. Doch ange¬
eil er beinahe wie ein Schnitzler diese schwebende Stimmung durch das ganze
sichts einer so wohldurchdachten, vielfach preiswürdigen
das episodische Beiwerk Werk hin festgehalten, und ein Pessimismus, zu dem man
Leistung, wie sie von Herrn Korff geboten wird, wäre es
fünfe. Hier drängt tanzen kunn, den läßt man sich immerhin gefallen.
er
ungerecht, diesen Schatten heraufzubeschwören.
Tragikomödie — das Wort schlägt auch den Grund¬
hotel die bunteste Touristen¬
Wir schließen mit einem Worte der Anerkennung für
ton für die Art der Darstellung an. Der Dichter hat es
auter liebe Landsleute be¬
die hübschen Dekorationen. Ein Ausschnitt aus der Villen¬
se Köpfe, tief= und schiessinnige den Schauspielern nicht leicht gemacht. Schon der meister¬
kolonie des Badener Helenentales, der Ausblick auf die
als fein charakterisiert, jeder haft geführte Dialog, der so Vieles zwischen den Zeilen
Gebirgslandschaft am Fuße des Schlern, im letzten Akt
sinem Wiener Seelchen begabt, klingen läßt, steckt voller Gefahren. Nebenfiguren gibt es
ein biedermeierisches Interieur, es sind alles Bilder von
ter nicht, einfach die Wirklich= hier nicht. Die kleinsten Rollen sind ein wichtiger Bestand¬
anheimelndem Reiz, und sie fügen einen schönen Rahmen
er Rosenstock kennen Tausende teil des Ganzen. Ein Bankier Natter (Herr Heine),
um dieses Stück, das mit seinem auf die Spitze gestellten!
bahnhotel. Hier waltet er am jener Dr. v. Aigner (Herr Devrient), sie erscheinen
Problem, seinen psychologischen Ueberfeinheiten, seiner dem
purist fragt ihn auch: Was nur in wenigen Szenen, lassen sich aber nicht wegdenken.
Verborgensten nachspürenden Seelenschnüfselei wohl kein
ohne Sie anfangen?“ Dann Ein Kreis von Frauen schließt sich ihnen an, solche, die,
volles Behagen aufkommen läßt, dem aber ein Prädikat
ner, der in jedem Tiroler Dorf wie Frau Genia (Fräulein Marberg) und Frau
dem jetzt verstorbenen Christo= Meinhold=Aigner (Frau Bleibtreu), ein heimlich er= gewiß nirgends versagt bleiben wird: es ist interessant.
M.
eschnitten. In diesem Aianer lebtes Schickjal mit sich tragen. solche, die wie die junge!