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24. Das „ite Land
lordwestdmrwehe Vergrs-Zeitung, Bidenburg
118 10. MII
Zeit verlassen. Erna, ein junges, fürwitziges Mädchen, ist die
Wiener Theater.
unmittelbare Veranlassung zu seiner Reise in die Dolomi¬
„Das weite Land.“
ten. Hier in einem Alpenhotel, das von Doktor von Aigner,
Tragikomödie in 5 Akten von Artur Schnitzler.
einem vollen Sinnenmenschen, geleitet wird, sinkt er in die
Zum erstenmal aufgeführt im Burgtheater am 14. Okt. 1911.
Arme der empfänglichen Erna. Höhenrausch. Nach dieser
Episode kehrt Hofreiter wieder heim und findet seine Frau
(Von unserer Wiener Redaktion.)
als Geliebte eines Marinefähnrichs wieder. Sie hatte sich
Wer wüßte kundiger durch das weite Land der Seele zu
ihm nicht deshalb gegeben, weil sie ihn mehr liebt, als jenen
führen, als Artur Schnitzler! Die Personen seiner Stücke,
Russen, sondern eben, um einmal auch „das Andere“ kennen
wie die Gestalten seiner Romane u. Novellen, begegnen uns
zu lernen. Hofreiter ist augenblicks nicht sonderlich aufge¬
alle Tage in den Straßen der Großstadt, in den Salons und
regt. „Ich atme wieder auf. Es ist gewissermaßen, als
in den Kreisen jener eleganten Welt, die neben dem Adel
hätte sie Sühne getan für den Tod Korsakows, und zwar in
die vornehme Gesellschaft vorzüglich Wiens vorstellt. Wir
einer höchst vernünftigen und schmerzlosen Weise. Sie fängt
gehen täglich an ihnen vorbei und erzählen uns Anekdoten,
an, mir wieder menschlich nahe zu sein.“ Aber als so eine“
die über den und jene im Umlauf sind. Kinder der Welt¬
Zeitung die Notiz bringt, der Russe sei das Opfer eines ame¬
stadt an der blauen Donau, die modernen Wiener mit dem
rikanischen Duells mit ihm geworden, wird er erregt, zumall
Hauche der uralten Eigenheit, ein Geschlecht, das wohl die
er hinter dem Schreiber einen von ihm betrogenen Ehemann
Ideale der Väter nicht mehr so eifrig verfolgt, sondern sich
vermutet und daher machtlos ist. Und in dieser üblen Launs
mehr oder viel mit Liebe und Liebelei beschäftigt. Selbst
fordert er den Fähnrich wohl nur aus Formali#t. Da er'
keines innerlich starken Gefühls fähig, immer auf der Suche
ihm aber gegenübersteht, empört ihm der „freche, junge
nach einem solchen, das wurde ihnen zum Hauptberuf; Ge¬
Blick“ er zielt scharf und streckt den Gegner nieder. Hofrei¬
schäft, Politik, Kunst und Wissenschaft — so nebenbei. Sie
ter dürfte sich nun für eine tragische Gestalt halten und sein
sind voller Widersprüche, wie das Leben selbst, eine Mischung
Leben ferner behaglich genießen. Vielleicht wird er jetzt
von heute und einmal.
ganz seinem Sohne gehören. Vielleicht. An das Ende ist
Da haben wir als Typus diesen Friedrich Hpfreiter, einen
ein Fragezeichen gesetzt.
reichen Glühlichtfabrikanten, geschäftstüchtig und ehrenhaft
Der Dichter versteht es, drei Stunden lang den Zuhörer
— bis auf einen Punkt: die Liebe. Da nimmt er es nicht so
durch technische Meisterschaft in Spannung zu halten. Im
genau und fragt nicht nach dem Eigentümer des Jagdreviers.
dritten Akt, dem Alpenhotel, bringt der Autor äußerst gelun¬
Er macht auch vor seiner Frau Genia keine Heimlichkeit dar¬
gene, tüchtig gesehene Gestalten auf die Bühne, die in ihrer
aus und nimmt an, daß sie sich damit abfindet. Möglicher¬
tollen Buntheit für wirksamen Humor sorgen. Obwohl der
weise würde er es ihr gar nicht verdenken, wenn sie auf Ver¬
dramatisch schwächste Teil des Stückes, gefiel er außerordent¬
geltung dächte. Er hat sie ohnedies im Verdacht, mit dem
lich.
russischen Pianisten, seinem „Freund“. Der Russe erschießt
Den Schauspielern machte es Schnitzler nicht leicht. In
sich plötzlich, wodurch der Verdacht noch wächst. Alles will
der Rolle des oberflächlichen, jeder Stimmung unterliegen¬
er wissen; nicht aus Eifersucht, sondern aus psychologischem
den Hofreiter stand Herr Korff an der rechten Stelle.
Interesse, um, „wenn er auch ein Ehemann ist, ja kein Trot¬
Selbst den kühnsten Szenen zeigte sich der Künstler gewach¬
tel zu sein“. Genia gesteht, der Virtuose habe sich getötet.
sen. Es war eine wohldurchdachte, glänzende Leistung.
weil sie ihn nicht erhörte. Sein letzter Brief beweist es.
Frl. Marberg gab die unverstandene, sündig gewordene
Hofreiter fraat sich, ob seine Frau recht getan durch ihre Tu¬
Frau Genia mit einer wahrhaften Empfindung. Herr Ge¬
gend einen Menschen in den Tod zu treiben. Er nimmt ihr es
rasch als Fähnrich, Herr Heine, Herr Devrient und
im Grunde übel u. kann es nicht verstehen, daß Genia nicht
Frau Bleibtreu in kleineren Partien, sind lobend zu
Vergeltung geübt, obwohl sie dem Russen gewogen war. Das
nennen. Man kann sich die Gestalten aus dem Stück gar nicht
ist ihm unheimlich und er will daher seine Gattin für eine wegdenken. Frl. Hofteufel war als Erna zu wenig
charakteristisch, währen
Rahmen der figuren= u
guter Haltung einfügte
Auch die stilgerechten
erkennung. Sie passen
psychologisch feinen, ni
rechneten, aber durchwe
Erfolg war ein sicherer
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24. Das „ite Land
lordwestdmrwehe Vergrs-Zeitung, Bidenburg
118 10. MII
Zeit verlassen. Erna, ein junges, fürwitziges Mädchen, ist die
Wiener Theater.
unmittelbare Veranlassung zu seiner Reise in die Dolomi¬
„Das weite Land.“
ten. Hier in einem Alpenhotel, das von Doktor von Aigner,
Tragikomödie in 5 Akten von Artur Schnitzler.
einem vollen Sinnenmenschen, geleitet wird, sinkt er in die
Zum erstenmal aufgeführt im Burgtheater am 14. Okt. 1911.
Arme der empfänglichen Erna. Höhenrausch. Nach dieser
Episode kehrt Hofreiter wieder heim und findet seine Frau
(Von unserer Wiener Redaktion.)
als Geliebte eines Marinefähnrichs wieder. Sie hatte sich
Wer wüßte kundiger durch das weite Land der Seele zu
ihm nicht deshalb gegeben, weil sie ihn mehr liebt, als jenen
führen, als Artur Schnitzler! Die Personen seiner Stücke,
Russen, sondern eben, um einmal auch „das Andere“ kennen
wie die Gestalten seiner Romane u. Novellen, begegnen uns
zu lernen. Hofreiter ist augenblicks nicht sonderlich aufge¬
alle Tage in den Straßen der Großstadt, in den Salons und
regt. „Ich atme wieder auf. Es ist gewissermaßen, als
in den Kreisen jener eleganten Welt, die neben dem Adel
hätte sie Sühne getan für den Tod Korsakows, und zwar in
die vornehme Gesellschaft vorzüglich Wiens vorstellt. Wir
einer höchst vernünftigen und schmerzlosen Weise. Sie fängt
gehen täglich an ihnen vorbei und erzählen uns Anekdoten,
an, mir wieder menschlich nahe zu sein.“ Aber als so eine“
die über den und jene im Umlauf sind. Kinder der Welt¬
Zeitung die Notiz bringt, der Russe sei das Opfer eines ame¬
stadt an der blauen Donau, die modernen Wiener mit dem
rikanischen Duells mit ihm geworden, wird er erregt, zumall
Hauche der uralten Eigenheit, ein Geschlecht, das wohl die
er hinter dem Schreiber einen von ihm betrogenen Ehemann
Ideale der Väter nicht mehr so eifrig verfolgt, sondern sich
vermutet und daher machtlos ist. Und in dieser üblen Launs
mehr oder viel mit Liebe und Liebelei beschäftigt. Selbst
fordert er den Fähnrich wohl nur aus Formali#t. Da er'
keines innerlich starken Gefühls fähig, immer auf der Suche
ihm aber gegenübersteht, empört ihm der „freche, junge
nach einem solchen, das wurde ihnen zum Hauptberuf; Ge¬
Blick“ er zielt scharf und streckt den Gegner nieder. Hofrei¬
schäft, Politik, Kunst und Wissenschaft — so nebenbei. Sie
ter dürfte sich nun für eine tragische Gestalt halten und sein
sind voller Widersprüche, wie das Leben selbst, eine Mischung
Leben ferner behaglich genießen. Vielleicht wird er jetzt
von heute und einmal.
ganz seinem Sohne gehören. Vielleicht. An das Ende ist
Da haben wir als Typus diesen Friedrich Hpfreiter, einen
ein Fragezeichen gesetzt.
reichen Glühlichtfabrikanten, geschäftstüchtig und ehrenhaft
Der Dichter versteht es, drei Stunden lang den Zuhörer
— bis auf einen Punkt: die Liebe. Da nimmt er es nicht so
durch technische Meisterschaft in Spannung zu halten. Im
genau und fragt nicht nach dem Eigentümer des Jagdreviers.
dritten Akt, dem Alpenhotel, bringt der Autor äußerst gelun¬
Er macht auch vor seiner Frau Genia keine Heimlichkeit dar¬
gene, tüchtig gesehene Gestalten auf die Bühne, die in ihrer
aus und nimmt an, daß sie sich damit abfindet. Möglicher¬
tollen Buntheit für wirksamen Humor sorgen. Obwohl der
weise würde er es ihr gar nicht verdenken, wenn sie auf Ver¬
dramatisch schwächste Teil des Stückes, gefiel er außerordent¬
geltung dächte. Er hat sie ohnedies im Verdacht, mit dem
lich.
russischen Pianisten, seinem „Freund“. Der Russe erschießt
Den Schauspielern machte es Schnitzler nicht leicht. In
sich plötzlich, wodurch der Verdacht noch wächst. Alles will
der Rolle des oberflächlichen, jeder Stimmung unterliegen¬
er wissen; nicht aus Eifersucht, sondern aus psychologischem
den Hofreiter stand Herr Korff an der rechten Stelle.
Interesse, um, „wenn er auch ein Ehemann ist, ja kein Trot¬
Selbst den kühnsten Szenen zeigte sich der Künstler gewach¬
tel zu sein“. Genia gesteht, der Virtuose habe sich getötet.
sen. Es war eine wohldurchdachte, glänzende Leistung.
weil sie ihn nicht erhörte. Sein letzter Brief beweist es.
Frl. Marberg gab die unverstandene, sündig gewordene
Hofreiter fraat sich, ob seine Frau recht getan durch ihre Tu¬
Frau Genia mit einer wahrhaften Empfindung. Herr Ge¬
gend einen Menschen in den Tod zu treiben. Er nimmt ihr es
rasch als Fähnrich, Herr Heine, Herr Devrient und
im Grunde übel u. kann es nicht verstehen, daß Genia nicht
Frau Bleibtreu in kleineren Partien, sind lobend zu
Vergeltung geübt, obwohl sie dem Russen gewogen war. Das
nennen. Man kann sich die Gestalten aus dem Stück gar nicht
ist ihm unheimlich und er will daher seine Gattin für eine wegdenken. Frl. Hofteufel war als Erna zu wenig
charakteristisch, währen
Rahmen der figuren= u
guter Haltung einfügte
Auch die stilgerechten
erkennung. Sie passen
psychologisch feinen, ni
rechneten, aber durchwe
Erfolg war ein sicherer