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24. Das ite Land box 29/2
Kgl. städt. Theater.
Das weite Land.
Da ist wieder einmal der rihtige Schnitzler.
Und doch nicht der richtige. Da ist er wieder
zu Hause. Und doch wieder weht es uns
manchmal wie fremd von der Bühne an. Man
fühlt die unmittelbare Nähe des scharf beobach¬
tenden Erotikers, glaubt aber auch, fühlen zu
müs en, daß hinter dem Beobachter der Dichter
ein wenig zurückgeblieben sei, weil er em
Kompositeur den Vortritt gewährte. Solche
Galanterie mag eine theatralische Tugend sein,
ist aber gewiß nur ein Verlust am rein Künst¬
lerischen. Wie sich Schnitzler sonst bei ähn¬
lichen Gelegenheiten als der starke Betoner
einer ausdrücklichen Moral erwies, — („Moral“
natürlich nur in ganz übertragener Bedeu¬
tung): so zeigt er sich hier von einer gewis en
Unentschlossenheit der Tendenzführung, ja,
um es offen heraus zu sagen — von der Seite
einer leisen Zerfahrenheit seines sonst so rich¬
tunggebenden Willens. Ich meine: man weiß
zum erstenmale nicht ganz so klar, wie sonst,
was Schnitzler, der doch so viel zu sagen hat,
mit dieser „Tragikomödie“ aus prechen wollte.
Daß es sich im nicht darum allein handeln
konnte, eine Begebenheit nach seinem Genre
dramatisch zu erzählen, das ahnt man. Man
will aber doch „die Moral aus der Geschicht“
erkennen. Man will, daß sich der Dichter, wie
man es bisher an ihm gewohnt war, zu irgend
einem bestimmten Grundsatze bekennt, stalt,
wie er dies augenscheinlich in diesem Stücke
tut, zu — mehreren.
Denn hier gibt Schnitzler der von ihrem
Held — (es ist für diese
Manne belrogenen Frau, die sich einem Ge¬
geichgültig, daß er ein
liebten an den Hals wirft, ebenso recht, wie
ist,)
hintergeht seine Frau
dem betrügenden und also betrogenen Gatten,
weiß es. Aber sie ist noch
der den Geliebten dann über den Hausen
Schnitzlers „Weihnachtseinkäu
schießt, Er stellt sich ebenso auf die Seite der
sich für das in der Ele ge
Frau, die ieren Mann verläßt, nachdem sie
glück durch einen Geliebten
von diesem hintergangen worden war, wie auf
lasen. Erst allmählich reist
die Seite des Mannes, der seine Untreue mit
schluß heran, — nicht, Ersatz
den Gründen eines inneren und äußeren
dern, sich zu reyanchieren. D
Zwanges entschuldigt. Hier eine Markierung,
zur Tat, und es berührt för
und da wieder eine, — aber den Weg sieht
satalistisch, daß der Geliebt
man nicht, der auf die Höhe führen sollte.
Frau das Kind einer Ele ist
„So vieles hat zugleich Raum in uns
gegangen, als sie an einem
Liebe und Trug
Treue und Treulosig¬
Mannes zerschellte. Der betro
keit ... Anbetung für die eine (Frau) und
deckte die Revanche seiner Fr
Verlangen nach einer anderen oder mehreren.
Geliebten, verläßt die Geli
Wir versuchen wohl, Ordnung in uns zu
Gatlin, formt so aus dem alten
schaffen, so gut es geht, aber diese Ordnung
in das plötzlich der so oft g
ist doch nur etwas Künstliches
„ „ „
Das
Kindes hineinklingt — man
Natürliche ist das Chaos. Die Seele ist ein
wie die Verkündung eines ne
weites Land . . .“ Sollte es Schnitzler um
Denn das Chaotische der Me
nichts anderes zu tun gewesen sein, als dieses
in dem Stücke viel zu oft
weite Land, dieses Chaos unseres Naturelles
dringlich betont, als daß ma
zu zeigen? —
es schließe mit dem Hinweis
Wenn es ihm tatsächlich darum zu tun
kunftsmenschen, der Licht
war, dann muß man in dieses Stück wie in
Neugestaltungen in das Cha
ein gewaltiges Stück der ganzen Trostlosigkeit
vermöchte.
des Lebens blicken. Es gibt hier keinen, aber
Das Stück atmet erdrück
auch nicht einen Menschen, der kein Chaos, mus. Der Geist der Rache
sondern eine harmonische Natur wäre. Der durch seine geistigen Wandelg#
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24. Das ite Land box 29/2
Kgl. städt. Theater.
Das weite Land.
Da ist wieder einmal der rihtige Schnitzler.
Und doch nicht der richtige. Da ist er wieder
zu Hause. Und doch wieder weht es uns
manchmal wie fremd von der Bühne an. Man
fühlt die unmittelbare Nähe des scharf beobach¬
tenden Erotikers, glaubt aber auch, fühlen zu
müs en, daß hinter dem Beobachter der Dichter
ein wenig zurückgeblieben sei, weil er em
Kompositeur den Vortritt gewährte. Solche
Galanterie mag eine theatralische Tugend sein,
ist aber gewiß nur ein Verlust am rein Künst¬
lerischen. Wie sich Schnitzler sonst bei ähn¬
lichen Gelegenheiten als der starke Betoner
einer ausdrücklichen Moral erwies, — („Moral“
natürlich nur in ganz übertragener Bedeu¬
tung): so zeigt er sich hier von einer gewis en
Unentschlossenheit der Tendenzführung, ja,
um es offen heraus zu sagen — von der Seite
einer leisen Zerfahrenheit seines sonst so rich¬
tunggebenden Willens. Ich meine: man weiß
zum erstenmale nicht ganz so klar, wie sonst,
was Schnitzler, der doch so viel zu sagen hat,
mit dieser „Tragikomödie“ aus prechen wollte.
Daß es sich im nicht darum allein handeln
konnte, eine Begebenheit nach seinem Genre
dramatisch zu erzählen, das ahnt man. Man
will aber doch „die Moral aus der Geschicht“
erkennen. Man will, daß sich der Dichter, wie
man es bisher an ihm gewohnt war, zu irgend
einem bestimmten Grundsatze bekennt, stalt,
wie er dies augenscheinlich in diesem Stücke
tut, zu — mehreren.
Denn hier gibt Schnitzler der von ihrem
Held — (es ist für diese
Manne belrogenen Frau, die sich einem Ge¬
geichgültig, daß er ein
liebten an den Hals wirft, ebenso recht, wie
ist,)
hintergeht seine Frau
dem betrügenden und also betrogenen Gatten,
weiß es. Aber sie ist noch
der den Geliebten dann über den Hausen
Schnitzlers „Weihnachtseinkäu
schießt, Er stellt sich ebenso auf die Seite der
sich für das in der Ele ge
Frau, die ieren Mann verläßt, nachdem sie
glück durch einen Geliebten
von diesem hintergangen worden war, wie auf
lasen. Erst allmählich reist
die Seite des Mannes, der seine Untreue mit
schluß heran, — nicht, Ersatz
den Gründen eines inneren und äußeren
dern, sich zu reyanchieren. D
Zwanges entschuldigt. Hier eine Markierung,
zur Tat, und es berührt för
und da wieder eine, — aber den Weg sieht
satalistisch, daß der Geliebt
man nicht, der auf die Höhe führen sollte.
Frau das Kind einer Ele ist
„So vieles hat zugleich Raum in uns
gegangen, als sie an einem
Liebe und Trug
Treue und Treulosig¬
Mannes zerschellte. Der betro
keit ... Anbetung für die eine (Frau) und
deckte die Revanche seiner Fr
Verlangen nach einer anderen oder mehreren.
Geliebten, verläßt die Geli
Wir versuchen wohl, Ordnung in uns zu
Gatlin, formt so aus dem alten
schaffen, so gut es geht, aber diese Ordnung
in das plötzlich der so oft g
ist doch nur etwas Künstliches
„ „ „
Das
Kindes hineinklingt — man
Natürliche ist das Chaos. Die Seele ist ein
wie die Verkündung eines ne
weites Land . . .“ Sollte es Schnitzler um
Denn das Chaotische der Me
nichts anderes zu tun gewesen sein, als dieses
in dem Stücke viel zu oft
weite Land, dieses Chaos unseres Naturelles
dringlich betont, als daß ma
zu zeigen? —
es schließe mit dem Hinweis
Wenn es ihm tatsächlich darum zu tun
kunftsmenschen, der Licht
war, dann muß man in dieses Stück wie in
Neugestaltungen in das Cha
ein gewaltiges Stück der ganzen Trostlosigkeit
vermöchte.
des Lebens blicken. Es gibt hier keinen, aber
Das Stück atmet erdrück
auch nicht einen Menschen, der kein Chaos, mus. Der Geist der Rache
sondern eine harmonische Natur wäre. Der durch seine geistigen Wandelg#