II, Theaterstücke 24, Das weite Land. Tragikomödie in fünf Akten, Seite 614

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30. September 1915.

Glänzende
Saison=Eröffnung.
Im Beisein des deutschen Botschafte#s
kommt „Das weite Land“ mit Arnold
Korff zur Aufführung.
Unter glänzenden Auspicien eröffnete
gestern Abend Director Rudolf Chri¬
stians die neue Saisons seines Deutschen
Theaters am Irving Place. Ein neues,
hochinteressantes Wert von Arthur
Schnitzler, die Tragikomödie „Das weite
Land“, kam zur Erstaufführung. Und
dann stellte uns der Herr Director Herrn
Arnold Korff vom Wiener Burgtheater
vor, einen Künstler, dessen Ruf ihm in
die neue Welt vorangegangen war.
Es war ein denkwürdiger Abend. Ein
Abend, wie er selbst in den besten Zeiten
des alten deutschen Musentempels nur
selten zu verzeichnen war. Bis auf den
letzten Platz war das geschmackvoll reno¬
virte Haus mit der Blüthe des hiesigen
Deutschthums gefüllt, und der reiche Bei¬
fall, der immer und immer wieder den
Saal durchbrauste, bewies, daß die hoch¬
gespannten Erwartungen der Premisren¬
besucher durch Stück und Darstellung
noch übertroffen worden waren.
Ein echter Schnitzler ist „Das weite
Land“, und die großen Vorzüge der No¬
vität sind ein blendender Dialog, eine
pikante und interessante Geschichte, und
eine dramatische Spannung, die immer
stärker wird, je schneller die Tragi¬
komödie ihrem unseligen Ende zueilt.
Tief in die Herzen seiner Menschen
leuchtet Schnitzler auch in „Das weite
Land“ hinein. Er liebt ja die sauberen
und gewissenhaften Herzens=Resectionen.
Und doch, mit außergewöhnlichem, fast
möchte man sagen „mit dämonischem
Behagen“ arbeitet in dieser Novität der
Psychologe Arthur Schnitzler. Ein Stück
Wiener Gesellschaftsleben stellt er mit
meisterhaften Strichen vor uns hin, und
laus diesem unendlich liebevoll behandel¬
ten Milien heben sich leuchtend die
Hauptacteure der Tragikomödie ab, der
frauentolle Charmeur, der Fabrikant
Fiedrich Hofreiter, seine seltsam passive
und doch begehrenswerthe und bsgehrte
Gattin, und Erna Wahl, das trotz allen
Modernheit doch so wenig complicirte
D
„süße Madel“, eine etwas exotische Ab¬
art der Species, die Schnitzler immer
mit. ganz besonderem Gusto gezeichnet
hat.
Und doch, mit dem Darsteller des
Friedrich Hofreiter steht und fällt „Das
weite Land“ Denn nur wenn es ein
Künstler versteht, uns diesen seltsamen
Don Juan menschlich näher zu bringen,
wenn er im Stande ist, das Tragische
und Dämonische in seiner Figur genan
stark wie das Liebenswürdige her¬
so
auszuarbeiten, nur dann kann „Das
weite Land“ auf jene verständnißvolle
Aufnahme hoffen, die eine Voraussetzung
des Erfolges ist. Und Director Chri¬
stians kann sich Glück wünschen! In Ar¬
nold Korff besitzt er fraglos einen Dar¬
steller, wie ihn das Deutsche Theater
unserer Stadt nur selten gesehen hat.
Herr Korff hat den Friedrich Hofreiter in
Wien ereirt, und die dortige Presse hat ihm
hatten
wahre Lobesbymnen gesungen.
arleten, und unsere Er¬
diese feurigen Ergüsse
wartungen waren natürlich hochgespannt Und
doch, eine solch fabelhaft natürliche und ergrei¬
fende Leistung hatten wir kaum erwartet. Jeder
Ton war da goldecht. Jede Nuance wirkte mit
Wahrheit des wirklichen Lebens Vom
der
ersten Austritt bis zum letzten, pathetischen
Aufschrei dieses Hofreiter stand das Publitum
im Banne von Arnold Korff. Der Künstler
wird uns fraglos noch viele schöne Stunden
bereiten.
Aber Friedrich Korff führte sich nicht nur
als ganz hervoragender Menschendarsteller ein,
er zeigte gestern auch, daß er ein seinsinniger
und zielbewußter Regisseur ist. Ganz ausge¬
zeichnet war das Ensemblespiel, glänzend sah
die Bühne eus, und einzelne der Mitwirkenden
wuchsen tbefsächlich zu laum geahnter Höhe em¬
por. Das gilt besonders von Frau Rub=Foer¬
ster, deren „Genia“ wirklich ergreifend war
Doch nun zu Frl. Iphigente Buchmann, der