II, Theaterstücke 24, Das weite Land. Tragikomödie in fünf Akten, Seite 792

24. Das veite Land
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Genia: Friedrich, treib es nicht zu weit! Hier hört der Hohn auf.
Friedrich: Er ist tot. Ich kann's nicht anders sagen.
Genia: Friedrich, Friedrich ... (Auf ihn zu, packt ihn bei den
Schultern.) Du hast ihn umgebracht, Friedrich . . . Und — seiner Mutter
die Hand gedrückt.
Friedrich (zuckt die Achseln): Ich hab nicht gewußt, daß sie da ...
bei dir ist. Was hätt ich tun sollen?
Genia: Tot ... tot! ... (Plötzlich auf ihn zu.) Mörder!
Friedrich: Es war ein ehrlicher Kampf, ich bin kein Mörder.
Genia: Warum, warum
Friedrich: Warum —? Offenbar ... hat's mir so beliebt.
Genia: Es ist ja nicht wahr! Mach dich nicht fürchterlicher als du
bist. Du hast nicht wollen. Ein entsetzlicher Zufall war's! ... Du hast
nicht wollen ... es ist nicht wahr
Friedrich: In dem Augenblick, da er mir gegenübergestanden ist,
da ist es wahr gewesen.
Genia: Grauenhafter Mensch! Und hast seiner Mutter die Hand
gedrückt. Hast ihn nicht einmal gehaßt und ihn doch umgebracht. Böse¬
wicht, eitler, grauenhafter Bösewicht.
Friedrich: So einfach ist das nicht. Hineinschaun in mich kannst du
doch nicht. Kann keiner. Die arme Frau Meinhold tut mir leid. Auch
mein guter, alter Herr von Aigner. Aber ich kann ihnen nicht helfen.
Nein. Auch dir nicht. Und ihm nicht. Und mir. Es hat sein müssen.
Genia: Müssen? —
Friedrich: Wie er mir gegenübergestanden ist mit seinem frechen,
jungen Blick, da hab ich's gewußt . .. er oder ich.
Genia: Du lügst, er hätte dich nicht ... er nicht ...
Friedrich: Du irrst dich. Es war auf Leben und Tod. Er wollte
es so gut wie ich. Ich hab's in seinem Aug gesehn, wie er in meinem.
Er . .. oder ich
Erna und Mauer (aus dem Garten).
Erna (bleibt an der Tür stehn).
Mauer (rasch zu Genia, drückt ihr die Hand).
Friedrich: Ah Mauer, du, schon da?
Mauer: Ich habe nichts weiter zu tun gehabt.
Genia: Wo ist seine Leiche?
Mauer: Auf dem Weg.
Genia: Wohin?
Mauer: In das Haus seiner Mutter.
Genia: Weiß sie . . . wer wird ihr ...?
Mauer: Es hat's noch keiner gewagt.
Genia: Ich will es ihr sagen. Es ist meine Pflicht. Ich geh zu ihr.
Friedrich: Genia . .. Einen Augenblick. Wenn du zurückkommst,
bin ich kaum mehr da. Ich kann nicht von dir verlangen, daß du mir die
Hand reichst, aber — wir sagen uns halt Adieu.
Genia (sich erinnernd): Percy kommt. Noch in dieser Stunde.
Friedrich: Percy? Den erwart ich noch ... Dann ... die
übrigen ... na
Genia: Was hast du vor?
Friedrich: In die Stadt hinein. Das beste wird wohl sein, ich stell
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