II, Theaterstücke 22, Der junge Medardus. Dramatische Historie in einem Vorspiel und fünf Aufzügen (Altwiener Stück, Doppelselbstmord), Seite 287


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gisseur war dabei so groß, daß er an braven, ehrlichen Pro¬
fessional, was bisher in aller Unschuld dahing'lebt hat, in Si¬
tuationen 'neing'hetzt hat, gegen die die Versuchungen des hei¬
ligen Antonius 's reinste Kinderspiel waren. Alstern, Sie
müssen wissen, daß das Volkstheater an eigenen Tapezierer
hat, nämlich derartig, daß a jed's von die wunderschönen Mö¬
belstück auf der Bühne, zumindesten alle Polsterungen, die Ent¬
würfe dazu und selbstverständlich die Draperien im Hause selbst
verfertigt werden. Der Mann, ein Künstler in seinem Fach, er
kört auf'n Namen „Ehrlich“, sollt nun auch die, sagen ma:
Sitzgelegenheiten vom Anatol und seinen süßen Mädeln be¬
sorgen und daß all's genau nach der herrschenden Mod' aus¬
fallt, ham's eahm eine Studienreise durch sämtliche Cham¬
bres separees von Wien machen lassen! Alle Nachtkaffees
und Restaurationen hat er zu dem Zweck perlustriert z'wegen
der „Einrichtung“ und eine Moral wär' oft in der größten
G'fahr g’wesen, wann er net vorsichtshalber sich zumeist auf
die Tageszeit und auf die Im mobilien beschränkt hätt. Das
bewegliche Inventar is net in sein Ressort g'fallen; so a Stu=P
dium wär' über seine Kraft gangen und „Ehrlich“ hätt' am
längsten gewährt.“
„Daraus seh'n Sie nur wieder, was für Gefahren die D¬
Theaterluft mit sich bringt. Ein Mitglied derselben Bühne
hat unlängst vier Täg beim Fischer in Reichenau verbracht,
aus Angst, daß eine langjährige Geliebte ihre Drohung könnt
wahrmachen und ihm, wie sie gesagt hat, mit'n Vitriolflaschl
binnen 24 Stunden auf die Buden steigt. Zum Glück hat sie
sich's überlegt und er is vorläufig davor bewahrt, gewaltsam a
Ehemann zu werden oder auf die Länder zu fliehen. Das#
hat's die Selma Kurz grad umgekehrt gemacht; die war nie] Ge
unverlobter, wie in der Stadt, aber a Bronchialkatarrh hats##
ihr am Semmering den Gatten zugeführt. Mei herzlichste Gra= —
tulation. Wann sie jetzt nur hübsch lang noch beim Theater
„Warum nöt? Is dös am End' a Hindernis? A ver¬
nünftiger Mann wird do wenigstens zeitweilig seiner Frau #
dös bißl Koulissenluft vergunnen. Schauen S' die Emmy!
Schroth an oder die Lisa Weise. Der letztern ihr Mann hat
sogar dadurch, daß er dem Puppenmadel, mit dem er ver¬
heirat is, von Fall zu Fall a Gastspül erlaubt hat, jetzten
ganz a neuches Absatzgebiet für seine Fabrikate g'funden, die
Weanerstadt nämlich. Der Gatte von der Weise hat a riesige Bi
Papierwarenfabrik in Berlin, was seit an Jahr a Ansichts=Un¬
karten am Markt bringt. Jetzt will's der Zufall, daß sei Frau
in derer Operett' am Carltheater in ganzen ersten Akt nix
unt
wia Ansichtskarten schreibt und verkauft, ganze Serien. „Küm¬
mer dich net um fremde Sachen, die du z' Haus billiger haben Brit
kannst“ hat er sie wohl denkt, und so is aus Berlin a ganz'
Kistl Karten kommen unlängst, die alle aus der Familienfabrik
stammen. Voller Stolz hat's die Weise benutzt und durch immer
neuche ersetzt, die Kollegen ham von der Szene weg damit
Propaganda g'macht und auf ja und na wird der Mann durch
die reizende, unfreiwillige Agentin an frischen Markt erobert
ham. Erst war er dagegen, daß sie wieder auftritt bei uns,
aber nun möcht i wetten, daß er vor Freud' über ihren doppel¬
ten Erfolg den Spieß umdraht und sagt: „Ich hab' eh g’wußt,
daß meine „Ansichten“ in Wien Beifall finden.“
„Jedenfalls macht sie ihr'm Manne alle Ehre und unter¬
laßt nix zu zeigen, wie sie an ihn denkt. A bißl anders, als die
Witwe Kainz, das muß ma sagen. Nicht wenig werden in der
ganzen Künstlerwelt die Köpf' geschüttelt über die Art, wie alles
und jedes, auch das kleinste und intimste persönliche Andenken
denen Berliner Lizitationshyänen hingeworfen worden san.
Daß man viele Kunstschätze grad dadurch zerstreut, daß man
sie denen gibt die sie sammeln, is an alter Witz. Aber daß
Frau Grete Kainz ausgerechnet auch die kleine Lieblingsemail¬
uhr des Gatten und viele selbstgemalte Skizzen von seiner
Hand fremden Leuten fir a paar Silberlinge ausliefert, das
is doch schon mehr a schlechter Scherz. Die paar Netsch
können a Frau, die a deutsche Pension, dann die Zinsen
vom Vermögen und die Ablebenssumme von der Stuttgarter
Assekuranz genießt, nicht glücklich gemacht haben. Er selber,
der arme Josef, hat übrigens, ohne daß er das hätt' bei
Lebzeiten ahnen können, an Kollegen von der Burg posthum
zu an Art von Erbstück verholfen, was sich, auf Ehre, sehr
gut verzinst hat; ich mein' den Gypsabguß von sein Antlitz.
Der Hofschauspieler Treßler hat'n modelliert und die Re¬
produktionen auf die Ebenholzsockeln sein so stark begehrt