M
box 26/6
22. Der junge dandus
Telephon 12.801.
„OBSENVEN
verborgen hat. Medardus sieht den Oheim
I. österr. beh. konz. Unternehmen für Zeitungs¬
zur Richtstatt schreiten, Medardus hört den
Ausschnitte und Bibliographie.
Knall der Gewehre, die ihn töten; und wie¬
Wien, I., Concordiaplatz 4.
derum springt in ihm die Rachelust hoch: er
vergißt der Schwester, er will den Tod des
Vertretungen
Oheims durch den Tod des Korsen rächen.
in Berlin, Brüssel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christiania,
Genf, Kopenhagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis,
Aber sein eigener Beginn fällt seinem eige¬
New-Vork, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Peters¬
nen Willen in den Arm: die Prinzessin von
burg, Toronto.
Valois, seine Geliebte, verlangt von ihm,
(Quellenangabe ohne Gewühr.)
was seine eigene Absicht ist; sie dingt ihn
zum Mörder Napoleons. Vor diesem Wort:
Ausschnitt aus:
gedungener Mörder, scheut er zurück. Da
Zchlerang
rafft sie selber sich heldisch auf, sie will es
vom:
7.D Z. 1310
tun. Aber im Volke munkelt man, daß sie
Napoleons Maitresse sei, eine seiner Mai¬
tressen. Die Valois, die Dirne ... Hat
Theater.
sich ihm, dem Buchhändlerssohn Medardus
„
Wiener Theaterbrief.
Klähr, nicht jetzt sein Wille erfullt, sind sie
jetzt nicht herabgezerrt, die stolzen Valois?
Wien, Anfang Dezember.
Medardus spürt es nicht. Er fühlt sich nur
Zweierlei ist von Artur Schnitzlers
betrogen: in seiner Liebe und um seine Tat.
„Der junge Medardus“ zunächst zu
Und wie die Prinzessin die Stufen zum Ge¬
sagen: daß fast jeder Satz eine Schönheit
mach Napoleons emporsteigt, um ihn zu er¬
bringt, und daß das Ganze sich doch nur in
dolchen, wird sie von Medardus angesallen
schöne Kleinmalerei auflöst. Es war
und getötet. Man nimmt ihn gefangen,
die Absicht, zu zeigen, wie ein Mensch, der
aber der Mörder der Mordabsicht an dem
das Zeug zu einem Helden hat, durch die
Franzosenkaiser wäre frei. Er wird zum
Kraft der äußeren Umstände zum Narren
Helden „faut de mieux“ das ein Leben ohne
Zwird. Diese Absicht ist antikünstlerisch, und
Sinn, ein Leben in Ekel vor dem Ungefähr
gegen sie, nicht gegen die Ausführung hat
bedeutete. Er ertrotzt sich die Füsilierung
sich die Polemik zu wenden; denn äußere
Und während Friedensglocken den Vertrag
Umstände bedeuten im höheren Sinn immer
von Schönbrunn verkünden, wird (wie der
nur eine Zufälligkeit; Kunst aber ist gesetz¬
Dichter meint) „der letzte und seltsamsie
mäßige Aussonderung und sinnbildliche
Held dieses Krieges“ gerichtet. Aber in
Ausdeutung des Lebens. Der junge Medar¬
Wirklichkeit ist Medardus Klähr nicht Held,
dus wird von willkürlichen Ereignissen, die
noch Antiheld, sondern ein bläßliches, ver¬
nicht aus dem Wesen seiner Zeit kommen,
schnörkeltes Schemen, dessen Menschlichkeit
willkürlich geschleudert und immer wieder
uns nicht ergreift. Herr Gerasch vermochte
von seinem vorgesetzten Wege abgedrängt.
ihn nicht näher zu bringen. Doch wie in der
Er will in den Befreiungskampf ziehen, es
Dichtung standen auch auf der Szene des
ist 1809, und Napoleon naht der österrei¬
Burgtheaters rings um ihn eine Schar von
chischen Residenz. Gerade wie Medardus
achtzig Gestalten, von denen die letzten noch
mit den soldatisch gerüsteten Studenten am
ein persönliches Erlebnis auszudrücken
Tage vor dem Abmarsch in einer Donau¬
hatten. Man war froh und stolz erstaunt,
schenke sitzt, werden seine Schwester und ihr
welche ungeheure Menge bedeutender Spie¬
Geliebter, der Sohn des französischen Prä¬
ler das Burgtheater besitzt, wenn ihm auch
tendenten, als Leichen aus dem Fluß ge¬
im männlichen Ensembleteil das über¬
bracht. Der hochmütige Stolz des Herzogs
ragende Genie nicht mehr zu eigen ist.
von Valois hat den beiden eine Diesseits¬
Allein solbst dieser Mangel wurde duch einen
vereinigung verwehrt. Da packt den jungen
weiblichen Gewinn aufgewogen: denn Fräu¬
Medardus eine Rachelaune. Er zieht nicht
lein Wohlgemut, die die Prinzessin war,
in den Kampf; er bleibt, um irgendwie,
scheint mir die große Tragödienspielerinzu
wenn sich ihm Gelegenheit bietet, den Tod
sein, die das Burgtheater seit der Wölter
der Schwester zu fühnen (wozu weder Be¬
entbehrt hat. Es war das erste Mell, daß
rechtigung, noch Anlaß ist). Aber die Gele¬
Baron Berger eine künstlerische Tat von
genheit ist ihm günstig. Er beleidigt die
Schwester des jungen Valcois und wird von höchstem Rang brachte.:
„:„ Fonn uur
ihrem Vetter zum Zweikampf gefordert. Ein“
neues unbeabsichtigtes Ereignis bringt ihn
seinem Racheplan nahe: er wird in diesem
Duell verwundet, und in plötzlicher Laune
schickt ihm die Prinzessin durch ihre Zofe
blumige Grüße. Eine weibliche Laune,
nicht mehr. Aber aus ihr schürzt sich der
Racheplan Medardus Klährs, schürzt sich
sein Schicksal, das ihn verstrickt. Er will
sich der Prinzessin nähern, will sie mit seiner
Jugend bezwingen, will sie entehren, wie ihr
Bruder seine Schwester entehrt hat, und sie
mit seinen Armen, die noch heiß von ihrer
— T
box 26/6
22. Der junge dandus
Telephon 12.801.
„OBSENVEN
verborgen hat. Medardus sieht den Oheim
I. österr. beh. konz. Unternehmen für Zeitungs¬
zur Richtstatt schreiten, Medardus hört den
Ausschnitte und Bibliographie.
Knall der Gewehre, die ihn töten; und wie¬
Wien, I., Concordiaplatz 4.
derum springt in ihm die Rachelust hoch: er
vergißt der Schwester, er will den Tod des
Vertretungen
Oheims durch den Tod des Korsen rächen.
in Berlin, Brüssel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christiania,
Genf, Kopenhagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis,
Aber sein eigener Beginn fällt seinem eige¬
New-Vork, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Peters¬
nen Willen in den Arm: die Prinzessin von
burg, Toronto.
Valois, seine Geliebte, verlangt von ihm,
(Quellenangabe ohne Gewühr.)
was seine eigene Absicht ist; sie dingt ihn
zum Mörder Napoleons. Vor diesem Wort:
Ausschnitt aus:
gedungener Mörder, scheut er zurück. Da
Zchlerang
rafft sie selber sich heldisch auf, sie will es
vom:
7.D Z. 1310
tun. Aber im Volke munkelt man, daß sie
Napoleons Maitresse sei, eine seiner Mai¬
tressen. Die Valois, die Dirne ... Hat
Theater.
sich ihm, dem Buchhändlerssohn Medardus
„
Wiener Theaterbrief.
Klähr, nicht jetzt sein Wille erfullt, sind sie
jetzt nicht herabgezerrt, die stolzen Valois?
Wien, Anfang Dezember.
Medardus spürt es nicht. Er fühlt sich nur
Zweierlei ist von Artur Schnitzlers
betrogen: in seiner Liebe und um seine Tat.
„Der junge Medardus“ zunächst zu
Und wie die Prinzessin die Stufen zum Ge¬
sagen: daß fast jeder Satz eine Schönheit
mach Napoleons emporsteigt, um ihn zu er¬
bringt, und daß das Ganze sich doch nur in
dolchen, wird sie von Medardus angesallen
schöne Kleinmalerei auflöst. Es war
und getötet. Man nimmt ihn gefangen,
die Absicht, zu zeigen, wie ein Mensch, der
aber der Mörder der Mordabsicht an dem
das Zeug zu einem Helden hat, durch die
Franzosenkaiser wäre frei. Er wird zum
Kraft der äußeren Umstände zum Narren
Helden „faut de mieux“ das ein Leben ohne
Zwird. Diese Absicht ist antikünstlerisch, und
Sinn, ein Leben in Ekel vor dem Ungefähr
gegen sie, nicht gegen die Ausführung hat
bedeutete. Er ertrotzt sich die Füsilierung
sich die Polemik zu wenden; denn äußere
Und während Friedensglocken den Vertrag
Umstände bedeuten im höheren Sinn immer
von Schönbrunn verkünden, wird (wie der
nur eine Zufälligkeit; Kunst aber ist gesetz¬
Dichter meint) „der letzte und seltsamsie
mäßige Aussonderung und sinnbildliche
Held dieses Krieges“ gerichtet. Aber in
Ausdeutung des Lebens. Der junge Medar¬
Wirklichkeit ist Medardus Klähr nicht Held,
dus wird von willkürlichen Ereignissen, die
noch Antiheld, sondern ein bläßliches, ver¬
nicht aus dem Wesen seiner Zeit kommen,
schnörkeltes Schemen, dessen Menschlichkeit
willkürlich geschleudert und immer wieder
uns nicht ergreift. Herr Gerasch vermochte
von seinem vorgesetzten Wege abgedrängt.
ihn nicht näher zu bringen. Doch wie in der
Er will in den Befreiungskampf ziehen, es
Dichtung standen auch auf der Szene des
ist 1809, und Napoleon naht der österrei¬
Burgtheaters rings um ihn eine Schar von
chischen Residenz. Gerade wie Medardus
achtzig Gestalten, von denen die letzten noch
mit den soldatisch gerüsteten Studenten am
ein persönliches Erlebnis auszudrücken
Tage vor dem Abmarsch in einer Donau¬
hatten. Man war froh und stolz erstaunt,
schenke sitzt, werden seine Schwester und ihr
welche ungeheure Menge bedeutender Spie¬
Geliebter, der Sohn des französischen Prä¬
ler das Burgtheater besitzt, wenn ihm auch
tendenten, als Leichen aus dem Fluß ge¬
im männlichen Ensembleteil das über¬
bracht. Der hochmütige Stolz des Herzogs
ragende Genie nicht mehr zu eigen ist.
von Valois hat den beiden eine Diesseits¬
Allein solbst dieser Mangel wurde duch einen
vereinigung verwehrt. Da packt den jungen
weiblichen Gewinn aufgewogen: denn Fräu¬
Medardus eine Rachelaune. Er zieht nicht
lein Wohlgemut, die die Prinzessin war,
in den Kampf; er bleibt, um irgendwie,
scheint mir die große Tragödienspielerinzu
wenn sich ihm Gelegenheit bietet, den Tod
sein, die das Burgtheater seit der Wölter
der Schwester zu fühnen (wozu weder Be¬
entbehrt hat. Es war das erste Mell, daß
rechtigung, noch Anlaß ist). Aber die Gele¬
Baron Berger eine künstlerische Tat von
genheit ist ihm günstig. Er beleidigt die
Schwester des jungen Valcois und wird von höchstem Rang brachte.:
„:„ Fonn uur
ihrem Vetter zum Zweikampf gefordert. Ein“
neues unbeabsichtigtes Ereignis bringt ihn
seinem Racheplan nahe: er wird in diesem
Duell verwundet, und in plötzlicher Laune
schickt ihm die Prinzessin durch ihre Zofe
blumige Grüße. Eine weibliche Laune,
nicht mehr. Aber aus ihr schürzt sich der
Racheplan Medardus Klährs, schürzt sich
sein Schicksal, das ihn verstrickt. Er will
sich der Prinzessin nähern, will sie mit seiner
Jugend bezwingen, will sie entehren, wie ihr
Bruder seine Schwester entehrt hat, und sie
mit seinen Armen, die noch heiß von ihrer
— T