II, Theaterstücke 22, Der junge Medardus. Dramatische Historie in einem Vorspiel und fünf Aufzügen (Altwiener Stück, Doppelselbstmord), Seite 464

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Zür Vorlesung am 12. Februar: Schriftsteller Artur
hitier
Wir bringen unseren Lesern heute das Bild
Artur Schnitzlers, der am 12. Februar als
Gaft des Unterstützungsverenes für mittellose
jüdische Techniker lesen wird. Abgesehen vom
humanitären Zweck verdient diese Veranstaltung
des Vortragenden wegen das größte Interesse. Ist
doch Artur Schnitzler heute einer der Bannerträger
unter den deutschen Erzählern, der weuige neben sich
hat in seiner Art, aber von keinem übertroffen wird.
Ein klarer Psychologe von großer Sensivität des
Geistes, weiß Schnitzler alle Gestalten unseres so
vielgestaltigen Lebens in seinen Werken festzuhalten
und uns durch sie einen Widerhall, ein Bild fan
aller Ideen zu geben, von denen die zweite Hälfte
vorigen Jahrhunderts beherrscht war. Aber in ge¬
dämpften Tönen, nicht in ihrer ursprüngl'chen
Wildheit, denn Schnitzlers Werke, mögen die
Kämpfe, die sie schildern noch so erschütternd und
gewaltig sein, entbehren nie einer gewissen Über¬
legenheit und Harmon'e, die uns erfreuen und er¬
heben. Alle Formen der Poesie beherrscht Schnitzler
meisterlich. In allen entzückt uns neben der Tiefe,
der Gedanken, die Feinheit und Zartheit der
Sprache, die Schnitzler meistert wie kein zweiter, ob
sein Lied nun auf hoch pathetischer Kothurne
schreitet, ob er die Welt des Wiener Mädels schildert,
oder ob ex die innersten Vorgänge einer Frauen¬
feele uns klarlegt. So kunstvoll ist diese Sprache,
daß uns oft nichts natürlicher als sie erscheint.
Einen Einblick in die Werkstatt des Dichters soll
die Vorlesung geben, darum umfaßt sie auch bruch¬
stückweise alles, was Schnitler bisnun geschrieben
hat, vom „Anatol“ über „Die Frau des Weisen“.
und den „Weg ins Freie" bis zum „Jungen Me¬
dardus“. Besonders das letzte Werk, das jüngste
Kind des Dichters wird reich vertreten sein, um das
Publikum, das ja nicht so bald in die Lage kommen
wird, es auf der Bühne zu sehen, durch den Mund e
des Autors mit den markantesten Stellen des
Dramas, vertraut zu machen. Alles in allem ver¬
spricht der Abend einen hohen, künstlerischen Genuß
und dauernde schöne Erinnerung für alle Freunde
moderner Literatur zu werden.
Telephon 12.801.
BERVER“
„konz. Unternehmen für Zeitungs¬
Mschnitte und Bibliographie.
„Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Brüssel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christiania,
Genf, Kopenhagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis,
New-Vork, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Peters¬
burg, Toronto.
Quellenangabo ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus: 14. 2. 1911
Tagesbote aus Mähren u. Schier
vom:
##eeaneremsche Brann.
Theater und Kunst.
s. g. Vorlesung Schnitzler. Der Unterstützungsverein
für mittellose jihäsche= Teumter berützte die Zugkraft, die
der Nyine Schnitzler jetzt nach dem Sensationserfolg des
„Jungen Medardus“ mehr als je besitzt, und lud den Dich¬
ter z Gaste. Die Folge war ein trotz der hohen Preise fast
vollér Saal. Schnitzler, mit Beifall begrüßt, las zuerst das
zyeite Bild der Historie „Der junge Medardus“. Das war,
entschieden ein Fehlgriff. Abgesehen davon, daß gerade
diese Szene beim Vorlesen so gut wie keine Wirkung tat,
da sie, aus dem Zusammenhang gerissen, ohne einleitende
Worte nicht verständlich ist, so war auch Schnitzler als Vor¬
leser nicht imstande, eine Reihe von Personen scharf zu
charakterisieren und auseinanderzuhalten. Man ermüdet
leicht bei seiner monotonen Stimme, die sich in dieser
Szene nur selten individuell färbte. Dem Medardus folgte
ein Kapitel aus dem Roman „Der Weg ins Freie“ Erst
der kecke, in den schärfsten satirischen Lichtern funkelnde
Monolog des „Leutnants Gustl“ brachte Leben in die Zu¬
hörerschar. Hier kam dem Dichter die Einheitlichkeit des
Organs zustatten, hier brachte er die Pointen, die köst¬
lichen Ideenassoziationen und kühnen Gedankensprünge des
armen, in Todesangst gehetzten und schließlich erlöst auf¬
atmenden Gusil unnachahmlich zum Ausdruck.
Direktor Hans Gregor wird, wie man aus Wien melder,
am 18. d. die Direktion des Wiener Hofopern=Theaters übernehmen