II, Theaterstücke 20, Zwischenspiel. Komödie in drei Akten (Neue Ehe, Das leichte Leben, Cäcilie Adams, „Nicht mehr zu dir zu gehn …“, Adagio), Seite 102

box 25/1
20 Zuischenspiel

Telephon 12801.

„UDSENVEN
I. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Wien, I., Conoordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopenhagen,
London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-York, Paris, Rom,
San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt alessische Zeitung, Berlin
10.05
vom:
Wien, 13. Oktober. (Eig. Mitt.) Schönthaus „anspruchs=,
d. h. vormärzliche nichtige Verarbeitung von Dickens „Klein¬
Dorrit“ füllt voraussichtlich noch über Jahr und Tag Häuser
und Kassen: Arthur Schnitzlers neueste Komödie „Zwischen¬
spiel“ eine außer allem Vergleich anspruchsvolle Künstlerarbeit,
blieb gestern bei der Ur=Aufführung im Burgtheater Kennern und
Gründlingen fragwürdig. Der Draht hat der Voss. Ztg.“ schon
das Thema des neuen Stückes gemeldet: Eh=Krise und Ehe¬
Katastrophe eines Künstlerpaares. Zwei Wiener Musikgrößen
ist olerdings nicht gesagt, ob die beiden Vollblut¬
Wiener ode aus der Fremde, z. B. aus Norwegen an die
Hofoper berufen sind — der Kapellmeister Adams und die Prima¬
donna Adatas=Ortenburg lebten geraume Zeit in guter, mit einem
Knaben gesigneter Ehe. Die beiden haben sich von Anfang an
versprochen, nie Geheimnisse vor einander zu haben: Der Gatte
läßt sich von einer philinen= oder eigentlich schon ziemlich phrynen¬
haften Kollegin seiner Frau fangen, von der er glaubt, daß sie
für einen jungen, sie schwärmerisch verehrenden Fürsten eine
Schwäche hege. Der Mann gibt seiner offenbar noch
immer ehrlich in ihn verliebten Gemahlin als naiver
Egoist zu verstehen, daß er die nächste Ferien bei Philinen ver¬
bringen werde; ihre alte künstlerische und Lebenskameradschaft solle
und müsse nach und trotz dieser Beichte aufrecht bleiben. Die
stolze Frau läßt den Vorschlag scheinbar gelten. Der Komponist
wird Philinens rasch überdrüssig. Und als seine Gattin, die ihm
während ihres Tiroler Sommeraufenthaltes und des folgenden
triumphalen Berliner Gastspiels täglich 8—12 Seiten lange Briefe
schreibt heimkommt, flammt seine Sinnlichkeit auf. Obwohl
er glaubt, daß sein Weib, wie er mit Philinen, mit dem Fürsten
ihren Passionen freien Lauf gelassen, berauscht er die sich ver¬
geblich Versagende mit Worten, Bitten und Liebkosungen so lange,
bis sie ihre Glu ausrasen lassen. Ein derartiges, schon von Zola
als philiströs geprandmarktes raccommodement entre deux draps
reicht für die Hellung der Ausnahms=Ehe unserer Ausnahms¬
Menschen nicht aus. Der Komponist will den Fürsten, als ver¬
meintlichen erhörten rlebhaber seiner Frau, zum Zweikampf al
Leben und Tod fordern, erfährt aber in einer überlegen geführten
Unterredung mit diesem reinen, frommen Blau=Blut, daß kein
Engel so schuldlos, wie seine Gattin. Überselig will er bekehrt
und belehrt von seinem Seitensprung in die alte Ehegemeinschaft
zurückkehren. Das wehrt und weigert ihm die Frau mit einer
Kasnistik der Erotik, die dem Referenten bei wiederholter
Lesung des Dramas vor der Aufführung so unfaßbar
geblieben ist, wie gestern den Theatergängern trotz einer ganz un¬
übertrefflichen Verdolmetschung der endlosen Liebes= und Abschieds¬
duette des Paares durch Kainz und Lotte Witt, denen sich eben¬
bürtig Korff in der heiklen Aufgabe gesellte, den Fürsten glaubhaft.
zu machen. Es steckt in Einzelheiten von Schnitzters „Zwischen¬
spiel“ so viel technisches Können, es steckt selbst in den Para¬
dorien seiner Liebes= und Ehstands= und Lebens=Kritik so viel
selbständiges, mutiges Denken, daß es dem Freunde seiner Natur¬
gaben nicht leicht fällt, seine jüngste Komödie in der Hauptsache
rundweg abzulehnen. Verloren ist das „Zwischenspiel“ gleichwohlweder
in Schnitzlers Entwicklung, noch in der Reihe der Neuigkeiten dieses
Spieljahres. Der mißglückteste Schnitzler gibt Schauspielern,
Bühnenleitern und Kennern tausendmal mehr Auregung, als der
gegreichste Schönthau. —
Telephon 12891.

9
„OBSERVER‘
I. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopenhagen,
London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Vork, Paris, Rom,
San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus: POLITIK, Ppag
15 10. 1905
vom:
+ Eine Première Artur Schnitzlers. Im Wiener
Buratbeater wurde am 12 d. M.Seue dreiaktige
m „Zibischenspiel“ zum erstenmal aufgefuhrt und in dem
Zuschäuerraum beifällig ausgenommen. Das Sujet ist kein neues,
eine schiffbrüchige Ehe. Zwei Gatten, welche einverständlich aus¬
einandergehen, bleiben trotzdem beisammen, wobei jedoch
beiden Teilen vollkommene Bewegungsfreiheit gewährt werden
soll. Nachdem der Gatte von dieser Freiheit vollen, die
Frau aber nur scheinbaren Gebrauch macht, kommen beide wieder
ehelich zusammen, um sich in dem letzten Akte wieder zu trennen,
wobei die Frau, nachdem der Mann fortgegangen, weinend
zusammenbricht. Seine Rettung hat das Stück nur dem geiß
sprühenden. Dialan
Telenhon 12801.
„OBSERVER“
I. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeilungs-Ausschnitte
Wien, I., Concordiaplats 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopenhagen,
London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Vork, Paris, Rom,
San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus Klamburger Corresponden
vom:
K
Wiener Theater. Arthur Schnitzlers „Zwischen¬
spiel“ fand, wie schon telegraphisch berichtet, bei seiner
Uraufführung im Hofburgtheater eine beifällige Auf¬
nahme. Der Autor hat es sich diesmal sehr leicht
gemacht. Er warf die Frage der Künstlerehe auf,
experimentierte ein wenig herum und ließ dann den
Vorhang fallen. Vor allem entbehrt das erklügelte
Stück der Tiefe. Schnitzler dringt nirgends ein, er
glaubt ein Problem mit einer Getstreichelei abmitun.
Dabei kann man im ganzen Stück Ibsen begegnen.
Auch Ibsensche Dunkelheit herrscht stellenweise in der
Komödie. Die geistige Helle Ibsens fehlt freilich.
Sehr gut setzt die Exposition ein, sogar ziemlich kräs¬
tig. Doch schon der zweite Akt läßt nach. Vor allem
stört da ein langer Monolog, dem Schnitzler als er¬
fahrener Bühnenschriftsteller gewiß aus dem Wege
hätte gehen sollen. Tann stört und ermüdet im zweiten
sowohl als auch im britten Akte die Länge der Dia¬
loge. Mit der Zeichnung seiner Charaktere hat Schnitz¬
ler ebenfalls wenig Glück gehabt. Ueber die Dar¬
stellung läßt sich nur Gutes sagen. Kainz und Lotte
Witt versuchten das Stück nach besten Kräften zu
H.
retten.