II, Theaterstücke 20, Zwischenspiel. Komödie in drei Akten (Neue Ehe, Das leichte Leben, Cäcilie Adams, „Nicht mehr zu dir zu gehn …“, Adagio), Seite 148

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20. Zuischensniel
meine, was den Geist betrifft — wie der Kapellmeister
Amadeus und seine Frau, die Opernsängerin, scheitern

Theatena
an dem Widerspiel ihres eigenen Ich. Fleisch und
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Re Wusik
Sinnen, Leben und Fabulieren verweben sich so eigen
dran und drum. Künstlerstreben und Menschengröhlen
manianaanisze h
mischen sich so lachhaft trauervoll hinein. Sie geben

sich frei. Sie geben die Leiber frei, heißt das, auf daß
ere NC0.
sie ihre Herzen halten können. Sie wollen Freunde
Burgtheater. Ich habe in meinem Kasten
sein. Sie wollen miteinander schaffen, streben. Und sie
irgendwo einen alten kostbaren und schier ungeheuren
straucheln drüber, sie kommen drüber nicht hinweg.
Schleier, den eine dunkle Trödlerecke mir einstmals be¬
Das Tierchen revoltiert in ihnen. In ihm zum min¬
schert. Er ist mit wunderlichen Arabesken, stilisierten
desten. Die alte traurige Geschichte vom „Märchen“.
Bäumen und träumenden Kurven ganz bedeckt, so daß
variiert ein wenig und doch auch dieselbe. Die tägliche
das Licht ihn bald nur halb, bald, wenn auch selten,
Fleischkost jahrtausendalten Gewöhnens. Und den wohl¬
ganz zu durchscheinen vermag. Und es ist eine alte und
frisierten Kopf Arturs über dem ollen empfindet man
vielleicht ein wenig schrullenhafte Gewohnheit von mir,
auch über diesem Zwischenspiel. Er steckt in den Wolken
ihn unter einem Vorwand all denen — und insbe¬
und hält die Drähte; und läßt die Purpen tanzen, die
sondere den Frauen — anzupassen, die zu mir kommen
er gedrechselt; und lächelt traurig und frisiert dazu:
und in meinem Haß und meiner Liebe groß sind.
Das ist das Leben. Das seid ihr. Das seid ihr Lächer¬
Dann seh' ich, wie der Shawl sich ihnen anschmiegt und
lichen. Das seid ihr Schwachen. Und das der Ausklang
die Dinge blässer und stiller werden in dem rosigen
aller eurer großen Gesten. Die Darstellung über alles
Strahlenschlaf, der sie umsängt. Und es breitet sich ein
Lob erhaben. Herr Kainz hat die ein wenig gefähr¬
sachtes Träumen über alles, das den Frieden bringt.
liche Rolle des Amadeus, meisterhaft erfaßt, gegeben.
Die Welt, die Arthur Schnitzler uns erschließt, i
Daß ich ein paar Nuancen stärker, schwächer gebracht
eine solche. Eine Schleierwekt. D Personen wandeln
hätte, ist schließlich Privatsache. Fräulein Witt und
hinter einem Nebel, der sie nur wie Schemen ahnen
Heer Treßler. Herr Korff, trefflich diskret und
läßt Es ist nicht Blut von unserm Blut in ihnen.
elegant wie immer, und Fräulein Häberle waren,
Geschöpfe einer stillen Stube, Kinder eines zarten und
jedes in seiner Art, absolut erstklassig. Das Ensemble
abgekehrten Geistes, kommen sie und kehren sie ein,
von gestern abend wird keine deutsche Bühne über¬
kaum daß ein grell vom Sonnlicht erhellter Riß im
treffen können. Der Beifall war dementsprechend, und##
Schleier sie uns in all ihren guten und schlechten Ex¬
Herr Schnitzler konnte sich zu diversen Malen nor#
tasen einmal als unseresgleichen gezeigt hat. Schnitzler
hat den Doktor nie vergessen können. So machte er ###ot#t ie qual“ verbeugen.
immer neue Experimente am lebenden Fleisch der Lei¬
ber und der Seelen. Ob das in drei Akten oder in
fünfen geschieht, ist irrelevant. Daher der stete und
auch heutige Beigeschmack des Buchdramas, soviel
krasses und gedämpftes Leben sich auch bieten mag.
Zierlich und zielbewußt konstruierte Szenen und Mensch¬
lichkeiten, die sich selbst in subtilster Weise psychologisch
zerlegen oder zerlegen lassen. Daher die zeitweisen
Längen und das Unvermögen des Publikums, dem
wie stets meisterhaften Dialog zu folgen. Schnitzler'sche
Prosa muß wie ein Praliné, es sei gestattet, langsam
im Mund zerfließen, um den köstlichen Kern in rechter
Art zu zeigen. Die krasse Prägnanz des Bühnenspiels
verlangt ein Schlucken, das den Clou der Chose mit
sich in die Tiefe trägt. Eine Komödie nennt sich das
Ganze. Und doch kaum flammt ein heiteres Wörtchen
hier und dorten auf. In einem schluchzenden Zwie¬
licht gehen die Gestalten, und das Ende ist ein
stöhnend schriller Mißakkord. Komödie! Jawohl. Eine
Komödie ist es trotz allem. Eine Komödie der mensch¬
lichen Impotenz, jenes kläglichen Nichtkönnens, das
am Lächerlichsten und drum auch an Tragischesten
hängen bleibt. Zwei so hochstehende Menschen — ich