II, Theaterstücke 20, Zwischenspiel. Komödie in drei Akten (Neue Ehe, Das leichte Leben, Cäcilie Adams, „Nicht mehr zu dir zu gehn …“, Adagio), Seite 154

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20. Zwischenspiel
Mum PELRR
HTETLATRA
Gipfeln der amüsant sein könnte, wenn es im Schwanktempo vorüber¬
ins Tal der sauste, was aber so, in seiner langsamen, sublimen Wichtig¬
tuerei maßlos fad ist.
ug reizvolle,
Um das Junige, rein Menschliche seines Ehepaares
sind, um sich
h. Was man stärker fühlen zu lassen, macht der Autor beide zu Künstlern.
Da hat er, in der gemeinschaftlichen Kunst, ein bindendes
Es gibt keine
tertium medium zwischen den zwei Seelen, das er nicht
Eine Dauer¬
erst viel zu erläutern braucht. Amadeus und Cäcilie —
in sich hat,
ferstehung zu die Namen schon sind feucht von Musik. Wenn man sie
auf Löschpapier legt, machen sie einen melodischen Fleck.
kethoden, sich Und weil im Stück soviel von Musik die Rede ist, von
schaft zu er= Symphonien und Tonarten und Liedern und Instrumentation
und Brahms und Wolf, soll einmal von dem Massen¬
An jenem
fessen. Das einbruch der dramatischen Dichter in die Musik gesprochen
fritten Akt die werden, den wir jetzt miterleben. Nun freilich, ein guter
gestattet hat, Nothelfer ist die Musik. Wenn aus den Worten der
wollte. Ich Dichter nicht jener Duft sich herausbeschwören lassen will,
en Sieg der der die Seele der Hörer sanft betäubt und sie leise in die
zipien kennen Ergriffenheit hinüberdrückt, die der Autor braucht, dann
#it, also als stellt man ein wenig Musik wie ein Räucherkerzchen auf
die Bühne, und gleich ziehen Wolken von Stimmungs¬
weiten ließe;
Ihrer ganzen parfüm über die Szene und in den Zuschauerraum. Beim
trliebten Gier Aktschluß wird einmal immer musiziert. Zu Ende des ersten
fühlt, daß er Aufzuges im „Zwischenspiel“ wird ein beziehungsreiches
denen Cäcilie Brahms=Lied gesungen: dreimal setzt die Sängerin ab,
fühlerei, die dreimal beginnt sie wieder. Das Publikum wird förmlich
ist, als ich gezwungen, den Stimmungstrank tropfenweise einzuschlürfen.
Und dieses ausdringliche Spiel mit den Terminis der
stantibus,
witzige Räso= Musik! „Ja, ein Capriccio,“ sagt der Kapellmeister von seinem
korien durchs Stück, vielleicht ein „Capriccio dolorosoe. Wie rührend!
verstecken sich Auf einmal haben die Wiener Literaten das Musikalische
schen Trug=in allen Gliedern. Aber man merkt allzu deutlich die
1 mit ihren sentimentale Oberflächlichkeit ihrer Beziehungen zur Welt
inander mit der Klänge, die ihnen zu nichts anderem taugt, als dazu,
Autors nicht den Zuschauer mürbe zu machen, wenn die Hammerschläge
Ironie, der der eigenen Ideen und die Melodie der eigenen Worte das
st, und wo er nicht vermochten. Man muß das schon ein Schmarotzen an
is alles ganz den Wirkungen der Musik nennen. Nichts ärgerlicher, als
wenn irgendeine geistlose Komödie ihre platte Visage mit¬
der Totenmaske Beethovens deckt.
Wie konnte ein so espritvoller und an zarten Ein¬
fällen überreicher Poet wie Schnitzler einen derart uner¬
träglichen Kaffeehauswitzling mit Allüren der falschen Ueber¬
legenheit und antiquiertesten Metierspäßen auf die Bühne
lassen? Wie konnte ein so theatererfahrener Mann und
feiner Geist wie Schnitzler diesen Dialog des „Zwischen¬
spieles“ für möglich halten? Ein Dialog, der durch und
durch von jenem tödlichen Fehler infiziert ist, den ich die
Bereitschaft der Argumente nennen möchte. Die
Menschen haben alle ein beispielloses Bewußtsein ihrer
selbst, tropfen über von lauterster Klugheit und theoreti¬
sieren sich mit einer gespreizten Beredsamkeit, die von Un¬
natur dampft. Dialoge, die fast zu dem Snobstil des
Zimmers passen, welches das Burgtheater um sie herum
gebaut hat. Wie Uebungen in einem Seminar für Ehe¬
standspsychologie hört sich das an. Auch bei Ihsen gibt es
in den letzten Akten solch feierliche, erkenntnisreiche Aus¬
einandersetzungen, wenn die Stürme sich gesänftigt, der
aufgeregte dramatische See sich zu äußerster Klarheit be¬
ruhigt hat, und man nun bis auf seinen Grund sehen, die
Geheimnisse seiner Tiefe mit den Blicken heraufholen kann.
Aber zu dieser Klarheit und Wahrheit, zu dieser Bereit¬
schaft der Argumente kommen die Ibsenschen Menschen
immer nur in den wirklich höchsten Momenten ihres Lebens.
Etwa wenn, vor dem Konkurs, die Bilanz eines Daseins
gezogen wird, oder wenn die Todesnähe ihren Blick mit
fast überirdischer Luzidität begabt.
Im ganzen: eine schwache Komödie. Böser als das:
eine arme Komödie. Fast könnte man zu einer schlimmen
Diagnose des Schnitzlerschen Talentes kommen. Ich glaube
selbst die guten Freunde waren ein wenig erschrocken.
Wie man erschrecken mag, wenn man von einem scheinbar
kerngesunden Menschen plötzlich hört, er spucke seit Jahren
Blut. Aber hoffentlich ist es nicht so arg. Eine vorüber¬
gehende Indisposition. Ein beiläufiges Zwischenspiel, ein
I. a. t.
Capriccio. Leider ein capriccio doloroso!