Zwischenspiel
M 7
oder
Der feelische Baedeker.
Eine verschnitzelte Travestie.
Personen:
Amadeus — Gäcilie.
—
Amadens (mit der Reisetasche heimkehrend):
Geliebte meiner Seele, sei gegrüßt! In meiner
Tasche bringe ich dir einige Sentiments Speziali¬
täten mit: Eine seelische Klystier, ein paar Gefühls¬
binden für ständig wiederkehrende Gemütsverun¬
reinigungen, einige sensible Fron=Frous, mit denen
dein Geist rauschen kann ..
Cäcilie: Du redest wie Bahr und ich soll
wie Schuitler gescheit tun.
Amädeus: Strenge dich nur nicht allzu an:
Zwei Eheleute, die das Bett geschieden, und der
mit seelischen Delikatessen gedeckte Tisch wieder
vereinigt hat, dürfen aber nichts anderes tun, als
von Geistreichheit zu tropfen. Dort, wo es aus
begreislichen Gründen keine Aktion geben kann,
muß man psychologisch tüfteln ... Sage mir,
was du seit meiner Abwesenheit gemacht hast.
Cäcilie: Meine Seele verschmachtete nach
dir. Ich befand mich immer auf der Suche nach
meinem besseren Ich und fand immer das schlechtere
Ich eines anderen. Inzwischen bekam ich auch ein
Kind. Eine Kleinigkeit, nicht wahr?!
Amadens: Ein Kind! Hat es bereits eine
Seele?
Cäcilie: Ich glaube, es wohnt auch im
Lande, wo Milch und Honig fließt.
Amadens: Wer ist der Vater?
Cäcilie: Laß' mich ein wenig nachdenken:
Der Baron kann es sein, der Doktor darf es sein,
der Fürst muß es sein:
Amadens: Weib, du warst nicht einmal
monogam? Du hast so oft Pedal getreten auf dem
Liebesinstrumente? Dazu also habe ich deine Seele
befreit, dazu habe ich die Erdenschwere von dir
genommen, damit du den Körper zum Absteige¬
quartier für Amoretten beruhigt erniedrigen kannst.
Weib, ich, der mir in letzter Zeit keinen Begriff
davon machte, was oberhalb der Füße und unter¬
halb des Busens ist, habe eine solche Frau!
Heiliger Schnitzler, schau hinunter auf mich.
Cäcilie: Aber, lieber Amadeus mit der
seelischen Heugabel, die überall herumsticht, be¬
sänftige dich doch; wir modernen Menschen haben
Nerven und zuckende Sehnsuchten. Auch wollte ich
meinen Schmerz über deine Abwesenheit betäuben,
und diese Qualen waren gerade dann am größten,
als jemand anderer bei mir war. Lange, lange
habe ich das Weibchen in mir angekettet im Ver¬
schlage der Kultur. Da eines Abends — ich grübelte
eben über den Höhenflug des Geistes — fiel mir
ein Buch in die Hand: „Der Reigen“ von Schnitzler.
Der Cake=walke der Erotik, die moralischen
Dächlein der Sinnlichkeit, die in den Strom des
Lebens münden. Und meine Phantasie webte dazu
Gestalten, Männer von Kraft und ohne Seele, die
Weiber niederwerfen durch ihre Muskeln, aber sie
nicht durch das Parfüm ihres Geistes einlullen.
So kam ich durch den Reigen zu meinen so
häufigen „Zwischenspielen ...
Amadens: Wenn der Schnitzler das erführe,
er würde vor Entsetzen einen Durchfall kriegen ...
Aber, Weib, wie konnten deine Sinne sich durch
Bücher wecken lassen. Mußtest du in die Fäden
deiner Träume Männer von Fleisch und Blut
hineinverweben? Mußtest du unseren Eheblütentee
in fremde Kannen gießen? Weib, deine Seele pickt
nur lose in deiner Brust. Du bist für Maeterliuck
jede Winkelgasse meines Innern. Die anderen, die
nur meines Leibes Wonnen schlürfen wollen, sind
die lebendigen Fremdenführer, die einen mit eigenen
Händen in die Ecken süßer Geheimnisse, ver¬
borgener Sünden, führen. Bescheide dich mit deiner
Rolle! Mann und Weib, eine Seele und ein Leib!
Du bist die Seele und ich bin der Leib, du stellst
psychologische Schlüsse über Spiel und Zwischen¬
spiel auf, ich erlebe sie! Du bist ein exotischer
Fiedelbogen, dem bereits die Haare ausgegangen
sind, die anderen gewöhnliche Streichbogen, aber
mit gesunden Borsten. Den einen sieht man be¬
wundernd an, den zweiten gebraucht man.
Amadens: Ich bin also der exotische Fiedel¬
bogen
Cäcilie: Du hast zu Ende gestrichen ..
Amadens: Und du
Cäcilie: Ich erlebe „Zwischenspiele“ im
„Reigen“
Amadens: Und was sagt Schnitzler dazu?
Cäcilie: Er versöhnt sich jetzt mit aller Welt,
sogar mit der Anständigkeit ...
Amadens: Und was wird das Ende sein?
Cäcilie: Ein „einsamer Weg“
Amadens: Und wozu führen deine „Zwischen¬
spiele":
Cäcilie: Zur neuen „Liebelei
M 7
oder
Der feelische Baedeker.
Eine verschnitzelte Travestie.
Personen:
Amadeus — Gäcilie.
—
Amadens (mit der Reisetasche heimkehrend):
Geliebte meiner Seele, sei gegrüßt! In meiner
Tasche bringe ich dir einige Sentiments Speziali¬
täten mit: Eine seelische Klystier, ein paar Gefühls¬
binden für ständig wiederkehrende Gemütsverun¬
reinigungen, einige sensible Fron=Frous, mit denen
dein Geist rauschen kann ..
Cäcilie: Du redest wie Bahr und ich soll
wie Schuitler gescheit tun.
Amädeus: Strenge dich nur nicht allzu an:
Zwei Eheleute, die das Bett geschieden, und der
mit seelischen Delikatessen gedeckte Tisch wieder
vereinigt hat, dürfen aber nichts anderes tun, als
von Geistreichheit zu tropfen. Dort, wo es aus
begreislichen Gründen keine Aktion geben kann,
muß man psychologisch tüfteln ... Sage mir,
was du seit meiner Abwesenheit gemacht hast.
Cäcilie: Meine Seele verschmachtete nach
dir. Ich befand mich immer auf der Suche nach
meinem besseren Ich und fand immer das schlechtere
Ich eines anderen. Inzwischen bekam ich auch ein
Kind. Eine Kleinigkeit, nicht wahr?!
Amadens: Ein Kind! Hat es bereits eine
Seele?
Cäcilie: Ich glaube, es wohnt auch im
Lande, wo Milch und Honig fließt.
Amadens: Wer ist der Vater?
Cäcilie: Laß' mich ein wenig nachdenken:
Der Baron kann es sein, der Doktor darf es sein,
der Fürst muß es sein:
Amadens: Weib, du warst nicht einmal
monogam? Du hast so oft Pedal getreten auf dem
Liebesinstrumente? Dazu also habe ich deine Seele
befreit, dazu habe ich die Erdenschwere von dir
genommen, damit du den Körper zum Absteige¬
quartier für Amoretten beruhigt erniedrigen kannst.
Weib, ich, der mir in letzter Zeit keinen Begriff
davon machte, was oberhalb der Füße und unter¬
halb des Busens ist, habe eine solche Frau!
Heiliger Schnitzler, schau hinunter auf mich.
Cäcilie: Aber, lieber Amadeus mit der
seelischen Heugabel, die überall herumsticht, be¬
sänftige dich doch; wir modernen Menschen haben
Nerven und zuckende Sehnsuchten. Auch wollte ich
meinen Schmerz über deine Abwesenheit betäuben,
und diese Qualen waren gerade dann am größten,
als jemand anderer bei mir war. Lange, lange
habe ich das Weibchen in mir angekettet im Ver¬
schlage der Kultur. Da eines Abends — ich grübelte
eben über den Höhenflug des Geistes — fiel mir
ein Buch in die Hand: „Der Reigen“ von Schnitzler.
Der Cake=walke der Erotik, die moralischen
Dächlein der Sinnlichkeit, die in den Strom des
Lebens münden. Und meine Phantasie webte dazu
Gestalten, Männer von Kraft und ohne Seele, die
Weiber niederwerfen durch ihre Muskeln, aber sie
nicht durch das Parfüm ihres Geistes einlullen.
So kam ich durch den Reigen zu meinen so
häufigen „Zwischenspielen ...
Amadens: Wenn der Schnitzler das erführe,
er würde vor Entsetzen einen Durchfall kriegen ...
Aber, Weib, wie konnten deine Sinne sich durch
Bücher wecken lassen. Mußtest du in die Fäden
deiner Träume Männer von Fleisch und Blut
hineinverweben? Mußtest du unseren Eheblütentee
in fremde Kannen gießen? Weib, deine Seele pickt
nur lose in deiner Brust. Du bist für Maeterliuck
jede Winkelgasse meines Innern. Die anderen, die
nur meines Leibes Wonnen schlürfen wollen, sind
die lebendigen Fremdenführer, die einen mit eigenen
Händen in die Ecken süßer Geheimnisse, ver¬
borgener Sünden, führen. Bescheide dich mit deiner
Rolle! Mann und Weib, eine Seele und ein Leib!
Du bist die Seele und ich bin der Leib, du stellst
psychologische Schlüsse über Spiel und Zwischen¬
spiel auf, ich erlebe sie! Du bist ein exotischer
Fiedelbogen, dem bereits die Haare ausgegangen
sind, die anderen gewöhnliche Streichbogen, aber
mit gesunden Borsten. Den einen sieht man be¬
wundernd an, den zweiten gebraucht man.
Amadens: Ich bin also der exotische Fiedel¬
bogen
Cäcilie: Du hast zu Ende gestrichen ..
Amadens: Und du
Cäcilie: Ich erlebe „Zwischenspiele“ im
„Reigen“
Amadens: Und was sagt Schnitzler dazu?
Cäcilie: Er versöhnt sich jetzt mit aller Welt,
sogar mit der Anständigkeit ...
Amadens: Und was wird das Ende sein?
Cäcilie: Ein „einsamer Weg“
Amadens: Und wozu führen deine „Zwischen¬
spiele":
Cäcilie: Zur neuen „Liebelei