II, Theaterstücke 19, Der Ruf des Lebens. Schauspiel in drei Akten (Vatermörderin), Seite 71

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19 Der Ruf des Lebens
Telephon 128°1.
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„ODOERVEN
I. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zei ungs-Aussche#.
Mien, I., Concordiaplatz 4.
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London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-York. Paris, Rom,
Sün Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewahr.)
Ausschnitt am
Das Literarische nene, Berm
Wom:

Tchodel Bahmn=e.
Berlin
„Der Ruf des Lebens.“ Schauspiel in drei
Akten von Arthur Schnitzler. (Lessing=Theater,
24. Februar= BuchaS. Fischer Verlag,
Berlin.
ieser 24. Februar war für mich sehr schmerzlich.
C
2
37) Erstens das Stück. Und dann Schnitzler. Es ist
C2 ein so schönes Bewußtsein, daß sich unter unseren
erfolgreichen Dramatikern doch wenigstens einer findet, der S
sic niemals wegwirft, der zuweilen schwach, aber nie roh
wird, der immer noc etwas Feines und Wertvolles zu
sagen hat, und der es auf eigene und stimmungsvolle Art
zu sagen weiß, der nicht Thearerstücke fabriziert. Und
nun dieser „Ruf des Lebens“! Ein Stück, so brutal
in seiner Handlung, so papieren in seiner Diktion, so
unmöglich in seinen Charakteren! Unter Leben scheimt
Schnitzler nur noch das sernelle Leben zu verstehen.
— Aufschrei
Der Inhalt dieses Schauspiels: erster Akt
beim flotten Leutnant,
der Vagina, zweiter Akt
dritter Akt — Katzenjammer. Und das alles unter
ganz erschwerenden Umständen, unter sinnreich er¬
schwerenden Umständen. Marie ist 26 Jahre alt. D##
ist es also hohe Zeit; der Notstand, um mit Freussen
zu reden, ist schon erschreckend groß. Ihre kleine Consine
Käthchen ist zwar noch jung, aber sie wird bald sterben,
die Schwindsucht sitzt in der Familie. Sie hat also
auch keine Zeit mehr zu warten. Worauf soll sie
warken? auf den Tod? Sie denkt: lustig gelebt und
fröhlich gestorben, kneifi ihrer Mutter aus und führt
ein sideles Dirnenleben. Es wird in der modernen
Literatur immer mehr Mode, die Mädchen der Bürger¬
kreise von dem einen Gefühl beseelt sein zu lassen: nur
Geschlechtsverkehr, gleichviel mit wem! Mal nennt es
sich Schrei nach dem Kinde, mal Ruf des Lebens. Hoffent¬
lich ist diese dem anständigen, wenn auch noch so leiden¬
schaftlichen und lebensdurstigen Weibe so grundfeindliche
Stimmung nur Literatur. Aber die Literatur wirkt
ansteckend, selbst die biedersten Pastoren machen das
bierehrlich nach. Im dritten Akt stirbt Käthchen, als
sie sich mal wieder nach ihrer Mama umsehen wollte.
Sie hat also wenigstens nicht umsonst gelebt.
Marie geht es weit schlimmer. Sie hat keine
gute Mama, sondern einen Vater, der ein Ekel im
Quadrat ist: alt, krank, gehässig, feig und quenglich.
Er gönnt der Tochter nicht die Luft, buchstäblich ge¬
er noch sung und Major
sprochen. Er hat einmal, all
war, das Unglück einer Schlacht verbeigeführt. Wieder
steht ein Krieg vor der Tür. Und sein Regiment
hat sich gelobt, zur Sühne für die alte Schmach sich
bis auf den letzten Mann zu opfern, was militärisch
doch der reine Blödsinn ist. Dabei weiß keiner eigentlich
von der alten Schuld, und der Oberst hat die ganze
Sache nur aufgebracht, weil's ihm seine Frau zu bunt
treibt. Er ist müde und will sich opfern. Den nächsten
Morgen soll er mit der Schwadron aufbrechen, welcher
der Leutnant angehört, der seine Frau verführt hat
(sofern nicht sie ihn) und den auch just Marie liebt.
Sie hat also keine Zeit mehr. Der Alte bewacht sie
wie ein Höllenhund, aber zum Glück hat ihr der Arzt
eben ein Privatissimum gehalten über ihre heiligsten
Pflichten gegen sich selbst, und wozu man Schlaftropfen
alles gebrauchen kann. Na, und daß ein Mädchen,
der's so geht und der gar keine Zeit mehr übrig bleibt,