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19. Der Ruf des Lebens
Eine, die 's versteht.
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* „Ah, wo denken S' denn hin,“ sagte die Frau
Sopherl zur Madam' Niperdey, „i geh' in ka Theater auf
a Freilarten. Dö Freikarten san nur für reiche Leut';
dö kosten ja a damisch' Geld. Da geh'i do liaber auf
d' Mothiaslgalerie: kummt mir billiger und i brauch' vor
niemanden a Buckerl z'machen. Sie wissen ja, daß mei
Mali, dö verruckte Urschl, in alle premiersten Stuck
rennt — no und wann von Schnieler aus geb'n wird,
da mnaßf dabei sein und Kanseder Knödl an Guldn
kost'. Der Schnitzler is ihr Lieblingsdichter, weil er gar so
guat waß, wo die Madeln der Schnach druckt — am
Herzen nämlich. Und da hab'n s' neulich a neues Stuck
von Schnitzlet im Volkstheater gebn, „Der Ruf des
Lebens“ hat 's g'haßen. Ich hab' mi’r porsichtshalber drei
Schnenztüachln mitg'numma, damiti mi urd'ntli aus¬
blatzen kann.“
ch vollzogener Räumung nahm der Vizepräsident
orka die Sitzung mit der Erklärung wieder auf,
zorerst die Galerien zweimal zur Ruhe ermahnt
n erst die Räumung verfügt habe. Er habe dies
in die Ruhe im Hause zu wahren. Er konstatierte
daß Abgeordneter Brdlik von einem Besucher
n Galerie aus einem Siphon bespritzt.
Hört! Hört!=Ruse bei den Tschechen); er führte den
neten Pillich als Zeugen dafür an, daß ein
esucher eine Siphonflasche mit¬
cht und aus derselben die unter der Galerie
Abgeordneten bespritzt habe. Die dabei be¬
nen Druckschriften liegen ihm vor.
Los von Wien.
sodann dem Abgeordneten Chaloupka zur
ag seiner Rede das Wort erteilt wurde, riefen die
gadikalen Abgeordneten Choc, Fresl und
a: „Losbon Wien! Los von Wien!“
„Es soll so viel schauderhaft sein,“ sagte die Madam'
Niperdey. „Mei Zimmerherr is Kulissenschiaber — dö
Leut' verstengan do was von der Kunst; aber er hat
g'sagt, „Der Müller und sei Kind“ is nix dageg'n.“
„Schau, was die Leut' für an künstlichen Blick hab'n.“
sagte die Frau Sopherl, „dös is mir a glei aufg'sall'n,
daß das Stuck mit 'n Müller und sein Kind a Ver¬
wandtschaft hat. Der alte Müller und der alte Moser
schau'n sehr in die Familie. Der alte Moser
is nämli a so a grantiger, unausstehlicher Kerl; nur daß
er net huasten tuat; aber dafür spielt er andere Stückeln.
Was der sei Tochter sekkiert, dös is schon der Welt
ungleich. A so a zwiderer Krauterer! I hätt' ihm am
liabsten mei Kelchschwingerl ausgssetzt, so hab' i mi gist.
Mein Gott, 's Madl will si do a unterhalten, will a ihr
Freud' hab'n und der alte Afam von der höllischen
Rindsuppen vergunnt ihr net amal an Schnaufezer an
der frischen Luft. Sie hat an Offizier von die blauen
Kürassier kennen g'lernt und möcht' halt durchaus mit
ihm z'sammkumma. Sie is ja schon 26 Jahre alt und
wird in Schnalzer schon g'hört hab'n. Der Alte aber
g’spannt was und spirrt die Wohnungslür zua und steckt
in Schlüssel ein. Das Madl is, wie man sagt,
bruati und will durchaus zu ihr'n Liab¬
haber. In ihres. Wut gibt - den Alten
19. Der Ruf des Lebens
Eine, die 's versteht.
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* „Ah, wo denken S' denn hin,“ sagte die Frau
Sopherl zur Madam' Niperdey, „i geh' in ka Theater auf
a Freilarten. Dö Freikarten san nur für reiche Leut';
dö kosten ja a damisch' Geld. Da geh'i do liaber auf
d' Mothiaslgalerie: kummt mir billiger und i brauch' vor
niemanden a Buckerl z'machen. Sie wissen ja, daß mei
Mali, dö verruckte Urschl, in alle premiersten Stuck
rennt — no und wann von Schnieler aus geb'n wird,
da mnaßf dabei sein und Kanseder Knödl an Guldn
kost'. Der Schnitzler is ihr Lieblingsdichter, weil er gar so
guat waß, wo die Madeln der Schnach druckt — am
Herzen nämlich. Und da hab'n s' neulich a neues Stuck
von Schnitzlet im Volkstheater gebn, „Der Ruf des
Lebens“ hat 's g'haßen. Ich hab' mi’r porsichtshalber drei
Schnenztüachln mitg'numma, damiti mi urd'ntli aus¬
blatzen kann.“
ch vollzogener Räumung nahm der Vizepräsident
orka die Sitzung mit der Erklärung wieder auf,
zorerst die Galerien zweimal zur Ruhe ermahnt
n erst die Räumung verfügt habe. Er habe dies
in die Ruhe im Hause zu wahren. Er konstatierte
daß Abgeordneter Brdlik von einem Besucher
n Galerie aus einem Siphon bespritzt.
Hört! Hört!=Ruse bei den Tschechen); er führte den
neten Pillich als Zeugen dafür an, daß ein
esucher eine Siphonflasche mit¬
cht und aus derselben die unter der Galerie
Abgeordneten bespritzt habe. Die dabei be¬
nen Druckschriften liegen ihm vor.
Los von Wien.
sodann dem Abgeordneten Chaloupka zur
ag seiner Rede das Wort erteilt wurde, riefen die
gadikalen Abgeordneten Choc, Fresl und
a: „Losbon Wien! Los von Wien!“
„Es soll so viel schauderhaft sein,“ sagte die Madam'
Niperdey. „Mei Zimmerherr is Kulissenschiaber — dö
Leut' verstengan do was von der Kunst; aber er hat
g'sagt, „Der Müller und sei Kind“ is nix dageg'n.“
„Schau, was die Leut' für an künstlichen Blick hab'n.“
sagte die Frau Sopherl, „dös is mir a glei aufg'sall'n,
daß das Stuck mit 'n Müller und sein Kind a Ver¬
wandtschaft hat. Der alte Müller und der alte Moser
schau'n sehr in die Familie. Der alte Moser
is nämli a so a grantiger, unausstehlicher Kerl; nur daß
er net huasten tuat; aber dafür spielt er andere Stückeln.
Was der sei Tochter sekkiert, dös is schon der Welt
ungleich. A so a zwiderer Krauterer! I hätt' ihm am
liabsten mei Kelchschwingerl ausgssetzt, so hab' i mi gist.
Mein Gott, 's Madl will si do a unterhalten, will a ihr
Freud' hab'n und der alte Afam von der höllischen
Rindsuppen vergunnt ihr net amal an Schnaufezer an
der frischen Luft. Sie hat an Offizier von die blauen
Kürassier kennen g'lernt und möcht' halt durchaus mit
ihm z'sammkumma. Sie is ja schon 26 Jahre alt und
wird in Schnalzer schon g'hört hab'n. Der Alte aber
g’spannt was und spirrt die Wohnungslür zua und steckt
in Schlüssel ein. Das Madl is, wie man sagt,
bruati und will durchaus zu ihr'n Liab¬
haber. In ihres. Wut gibt - den Alten