II, Theaterstücke 18, Der einsame Weg. Schauspiel in fünf Akten (Junggeselle, Junggesellenstück, Die Egoisten, Einsame Wege, Wege ins Dunkle, Weg zum Licht), Seite 29

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18. Der einsane Neg
Telephon 12801.
Alex. Weigl's Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
dee Ausschultt
Nr. 78
N 105
„OBSEHVEN
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eriene Mloigen Nelcene
vom:
140
— ## Im Deutschen Theater erlebte gestern Arthur
Ichnitzlars fünfaktiges Schauspiel Derleinsame Weg“ seine
„Urauff#hfung. Der Verfasser wohnte der Vorstellung persönlich
bei, doch war es ihm nicht beschieden, Lorbeeren zu ernten,
im Gegentefl, er ward Zeuge eines entschiedenen Mißerfolges.
Der erste Akt wurde mit eisigem Schweigen hingenommen;
nach den übrigen) Alien regten sich zwar einige Hände zum
Beifall, sie kamen aber gegen das Zischen nicht auf. Und doch
kann Schnitzler-auch in seinem neuesten Bühnenwerk den Dichter
nicht verleugnen, nur daß er sich diesmal als ein langweiliger
Poet zeigt, er, den wir seiner: Keckheit wegen schätzen ge¬
lernt haben. Schnitzler bewegt sich in dem „Einsamen Weg“
auf einem Holzweg, auf einem seiner Eigenart nicht zusagen¬
Hauptmann'sch, Ibsen'sch,
er will uns
den Boden
Maeterliuck'sch kommen, während er doch in Wirklichkeit nichts Besseres
tun könnte, als sich uns echt Schnitzlerisch zu zeigen, wie er es in dem
inclusive
Stück in einer einzigen Figur getan: in der Schauspielerin Irene
Herms, die zur Zeit der Bühne Valet gesagt hat, um nicht Mütter und | Porto.
komische Alten spielen zu müssen, und die nun Kohl baut und für Zahlbar
Natur schwärmt. Und gerade für diese einzige, wirklich Schnitzlersche im Voraus.
eine merkwürdige Ironie#e ist das
Figur hatte die Regie unc
des Schicksals
nicht die richtige Besetzung gefunden. icht es den
Else Lehmann stellte die Irene zwar recht munte
allen Respekt vor ihrem schauspielerischen Können — dern.
dar, aber

diese Rolle liegt ihr nicht. Eine Gisela Schneider=Nissen etwa
haltend die
wäre hier am Platze gewesen!
Den „einsamen Weg“ geht in der Novität in erster Linie der Mergen¬
Maler Julian Fichtner. Er hat einen Sohn. — Felix, der als derer Zeitung")
Sohn des Professors Wegrath gilt, und von diesem selbst auch als seinthschaftliche
Sohn angesehen wird. Als Felixens Mutter gestorben ist — Felix zählt Diese Mit¬
damals dreiundzwanzig Jahre — da offenbart ihm Julian Fichtner
das Geheimnis seiner Geburt; allein was er damit erhofft und
Felix nun wirklich einen Sohn, die Freud¬
bezweckt hat, in
zu
haben, erfüllt sich nicht, in
seines einsamen Alters
Gegenteil, Felix, der ihm bis dahin zugetan war wie ein Sohn
Julian Fichtner muß seinen einsamer
wendet sich von ihm ab
Lebensweg weiter einfam wandeln. Das Stück weist aber noch einig
andere Personen an denen ein einsamer Weg beschieden
ist: Johanna, die ganz im Maeterliuckschen Stil gehaltene Tochter
Wegraths, sowie einen Herrn v. Sala, einen unklar ge¬
zeichneten Charakter, von dem man nicht recht weiß ob er
mehr Cynikec oder Original sein soll. Von diesem Zweifel schien
auch Herr Bassermann der den Herrn v. Sala zu verkörpern!
hatte, nicht ganz frei zu sein, denn es glückte ihm nicht, den rechten Ton
für diese Rolle zu finden. Und nicht viel besser ging es Herrn
Rittner als Julian Fichtner und Irene Triesch als Johanna.
die beide nichts Rechtes mit ihren Rollen anzufangen wußten. Besser:
schnitten Oskar Sauer als Professor Wegrath und Kurt Stieler
als Felix ab. Aber das Stück mag von noch so vortrefflichen
die unendlichen Breiten, an denen
Kräften aufgeführt werden —
es leidet, werden darum nicht aus der Welt geschafft, und selbst wenn
der Rotstift noch so energisch seines Amtes walten würde: „Der
cinsame Weg“ wird nie und nimmer ein wirksames Bühnenstück
berden.
Menst durch
genten.
Telephon: III, 3051.

Ausschnitt aus
Deutsche Tageszeitung, Berim
J4 FBBMNO“
Kunst und Wissenschaft.
E. B. Im Deutschen Theater wurde gestern der Letztling
[Arthur Schnitzlerscher Muse, das fünfaktige Schauspiel
„Der einsame Weg“ aus der Taufe gehoben. Das
Wiener Stück fand in der Schumannstraße nur eine sehr geteilte
Aufnahme. Der Beifall, der sich nur nach wenigen bühnen¬
wirksameren Szenen in stärkerem Maße auslöste, klang übrigens
recht zaghaft und galt vornehmlich der Person des anwesenden
Autors. Der vernehmliche Widerspruch richtete sich gegen den ver¬
fehlten Grundcharakter des wohl klug gedachten, dra¬
matisch aber unzulänglich gestalteten und in sich völlig
zerfahrenen Werkes. Das Schicksal war so verwunderlich
nicht, denn wer sich über die letzten Absichten dieses merk¬
würdigen Schauspiels nicht vorsichtigerweise aus der soeben bei
S. Fischer, Berlin erschienenen Buchausgabe unterrichtet hatte, sah
sich im Verlaufe dieses Theaterabends vor mehr denn ein Rätsel
gestellt. Das Publikum hat sich unter der Herrschaft unserer
Jüngsten mählich daran gewöhnt, im Theater ein Stück
mit sinnvoller und um ihrer selbst willen einiger¬
maßen interessanter Handlung nicht mehr zu erwarten,
und gewißlich kann ein starkes Seelendrama solcher äußerlich be¬
lebter Vorgänge wohl entraten. Nur selten aber sind die
dichterischen Gedanken eines Dramas an einen so dünnen Handlungs¬
faden geknüpft worden, wie in Schnitzlers neuester Bühnenschöpfung.
Nur an der Hand einer eingehenderen Analyse wird es möglich
sein, Wesen und Wert dieses Dramas gerecht zu bestimmen. Das
Deutsche Theater führte für Schnitzler die Veteranen der alten Garde,
Rittner, Sauer, Bassermann, Else Lehmann und
Irene Triesch ins Treffen, von denen der jüngere Nachwuchs
in nicht unwichtigen Rollen sich nicht eben vorteilhaft abhob. Doch
das Schauspiel ist als Bühnenstück unhaltbar und war auch durch
die beste Darstellung nicht zu retten. Wir kommen auf den im
ganzen verlorenen Abend noch des näheren zurück.