18. Der einsane Nag box 23/1
hrem Königspalast und ihren vergessenen Geheimnissen.lihn erwartet, schimmernd von Glanz und Abenteuern, kommen, dem Sohn alles zu sagen. Zu spät. Der Tod
In der Schale eines korrekten Nüchterlings, eines Iro=aber ihn allein, den Starken und Freien. So ver= der Schwester hat den alten Professor vollends verein¬
ikers, von dessen schmalen Lippen niemals das Lächeln rät er das vertrauensselige Wesen, das ihm gehört, ums samt. Felix fühlt, daß er ihm bleiben muß, was er war.
keines überlegenen Spottes schwindet, wenn er mit diesen sich selbst zu retten und seine ungeheure Sehnsucht. Erl Die gütige Lüge muß dauern. Denn wie der kluge und
In die Gegenwart verliebten Kindern der Welt redet,flieht voll Angst und Glückseligkeit, aber ohne Reue. Ers resignierte Hausarzt im Stücke einmal schön sich aus¬
drückt: „Eine Lüge, die sich so stark erwiesen hat, daß
sie den Frieden eines Hauses tragen kann, ist mindestens
Dü Herz eines Träumers; ein stolzes, selbstsicherers Herz, liebt jetzt seine Freiheit, wie er für Stunden das Weib
füber das die Todesahnung leise Schatten breitet. Wasl geliebt hat. Mehr Geist, weniger Haltung . .. Gabriele
Er von den Menschen erwartet, liegt in seinem Ab=bezwingt ihren Schmerz, sie schweigt, heuchelt, leidet.s so verehrungswürdig, als eine Wahrheit, die nichts
chiedswort an den Freund, einem jener Worte, in denen sie Sie heiratet den Braven, Anständigen und steigt mit ihm anderes vermöchte, als das Bild der Vergangenheit zu
fleise mitklingt die große Sehnsucht über den Menschendie glatten Stufen hinauf. Er wird Professor, Akade=zerstören, das Gefühl der Gegenwart zu trüben und die
von heute hinaus: „Es scheint mir überhaupt, daß jetzt miedirektor — sie freut sich für ihn und ordnet ihm still Betrachtung der Zukunft zu verwirren.“ Und dieser
wieder ein besseres Geschlecht heranwächst — mehr Hal= das Haus. Der Sohn aber, den sie in seinem Haus Hausarzt hat, scheint mir, viel Haltung und Geist.
Schade, daß Schnitzler in geboren, ist Julians Sohn, nicht der seine... Sie Dafür verliert er auch das Mädchen, das er heimlich
tung, weniger Geist!“ ...
seinen letzten Stücken sich immer mehr als nicht zu schweigt, heuchelt, leidet. Eine Tochter Johanna folgt liebt, erst an den ironischen Weltmann, dann an den
diesem Zukunftsgeschlecht gehörig entpuppt. Er will zul und das Geschwisterpaar wächst in herzlicher Liebe auf.]Tod. Und dafür spielt er in dieser Welt nur die be¬
scheidene kleine Rolle, daß er den Tod aller früher kommen
Schon ist Felix ein frischer Bursch von 23 Jahren, Leut¬
sieht und so wenig aufhalten kann, als die anderen.
geistreich sein; und so verdunkelt er künstlich das Klare
nant und voller Pläne für die Zukunft, da stirbt die
Am selben Abend, da Schnitzler mit seinem Drama,
und Einfache. Sein Herr von Sala rühmt selbst als
feiner an Geist als stark in der Haltung, den Mißerfolg
Wesen seiner Freundschaft, daß er stets die Stichworte Mutter. Nur Johanna, die den visionären Zug des
Leidens trägt, hat es geahnt, wie nah ihr Tod war. Zu
vor dem kritischen Publikum des deutschen Theaters er¬
zu geben weiß. Mehr Geist als Haltung .. . Was an
derselben Zeit hat sich das ernste Mädchen — der Dichter
lebe, erfocht die Frische und die forzierte Betonung der
der Handlung des Stückes interessant ist, liegt in der
bleibt uns die Erklärung schuldig und legt das seltsame
„Haltung", vor dem bequemeren Publikum des „Ber¬
Vergangenheit. Da war ein hübsches, frisches Mädel,
Aufblühen ihrer Leidenschaft in die stets wohltätige große
sliner Theaters“ den hübschen Sieg für Richard
Gabriele hieß sie, und sie hatte einen Bräutigam, in dem
Pause — jenem Herrn von Sala heimlich geschenkt. In
Stomnennel=Metant" Da ich im
damals schon der Akademieprofessor, der Kunstbeamte
seiner verschwiegenen Villa träumt sie ihr kurzes Liebes¬
„Deutschen Theater“ darüber nachsinnen mußte, ob
steckte. Dieser brave und anständige Wegrath, der auch
glück. Er rüstet sich, teilzunehmen an einer Expedition
Schnitzler mit seiner immer größeren Vorliebe für Ge¬
in seiner Kunst nie mehr war als eben brav und an¬
nach toten Städten Asiens; sic weiß es. Sie weiß mehr;
heimnis und Ahnung und Untertöne des Bewußtseins
ständig — und man ist verflucht wenig, wenn man nur
weiß, daß er das Ziel nie erreichen wird, weil sein Leben
das ist, sagen die Menschen, die mehr Geist als Hal¬
nur noch nach Tagen rechnet. Und das wunderliche als Dramatiker ganz dem Okkultismus verfallen wird.
kann ich in Konstatierung des Skowronneck'schen Erfolges
tung haben — hat einen Freund, einen genialen Durch¬
Mädchen ertränkt sich im Teich seiner Villa just an dem
nur meinem Gewährsmann folgen. Aber er erscheint mir
gänger, voller Keckheit und Zuversicht, einen lachenden
Abend, da der Ahnungslose ihr seine Hand angetragen..
erklärlich. Schnitzler kennt das Leben besser, Skow¬
Egoisten, der sich die Blume seines Augenblicksglückes
In denselben Tagen hat Felix die Gewißheit seiner Ab¬
ronneck das Theater. Schnitzler denkt, wenn er Dramen
pflückt, und sollte diese Blume — die Braut des Freundes
stammung bekommen. Die Andeutungen der Mutter in
schreibt, an wunderliche Menschen, die er auf einsamen
sein. Seine Liebe bringt ihr das Wunder, den Taumel,
Wegen getroffen, Skowronneck denkt an die lieben Leute
den Rausch. Sie gehört ihm ganz und will ihm für der Sterbestunde haben im Anblick ihres Jugendbildes
im Parkett, die gern ihr behagliches Lachen hören lassen
simmer gehören. In der Nacht vor der Flucht kommt im einsamen Heim seines wahren Vaters ihre besondere
er zur Besinnung. Er ist der Kerl, solch schönes Men= Sprache gesprochen; Ahnungen sind heraufgestiegen und
schenkind für Stunden selig zu machen in seinen Armen. haben sich zur Gewißhit verdichtet; und Julian, müde, und dann wieder gern rasch ein Tränchen aus dem
Aber er braucht Sorglosigkeit und Freiheit. Er weiß,iden einsamen Weg des Alters allein zu gehen ohne die Augenwinkel wischen, eh's wieder hell im Saal wird.
daß er nur dieses eine Leben hat; daß dieses Leben stolze Freude an seinem Blut, hält die Stunde für gee Schnitzler tgstet behutsam nach Seelen, die sich hinter
hrem Königspalast und ihren vergessenen Geheimnissen.lihn erwartet, schimmernd von Glanz und Abenteuern, kommen, dem Sohn alles zu sagen. Zu spät. Der Tod
In der Schale eines korrekten Nüchterlings, eines Iro=aber ihn allein, den Starken und Freien. So ver= der Schwester hat den alten Professor vollends verein¬
ikers, von dessen schmalen Lippen niemals das Lächeln rät er das vertrauensselige Wesen, das ihm gehört, ums samt. Felix fühlt, daß er ihm bleiben muß, was er war.
keines überlegenen Spottes schwindet, wenn er mit diesen sich selbst zu retten und seine ungeheure Sehnsucht. Erl Die gütige Lüge muß dauern. Denn wie der kluge und
In die Gegenwart verliebten Kindern der Welt redet,flieht voll Angst und Glückseligkeit, aber ohne Reue. Ers resignierte Hausarzt im Stücke einmal schön sich aus¬
drückt: „Eine Lüge, die sich so stark erwiesen hat, daß
sie den Frieden eines Hauses tragen kann, ist mindestens
Dü Herz eines Träumers; ein stolzes, selbstsicherers Herz, liebt jetzt seine Freiheit, wie er für Stunden das Weib
füber das die Todesahnung leise Schatten breitet. Wasl geliebt hat. Mehr Geist, weniger Haltung . .. Gabriele
Er von den Menschen erwartet, liegt in seinem Ab=bezwingt ihren Schmerz, sie schweigt, heuchelt, leidet.s so verehrungswürdig, als eine Wahrheit, die nichts
chiedswort an den Freund, einem jener Worte, in denen sie Sie heiratet den Braven, Anständigen und steigt mit ihm anderes vermöchte, als das Bild der Vergangenheit zu
fleise mitklingt die große Sehnsucht über den Menschendie glatten Stufen hinauf. Er wird Professor, Akade=zerstören, das Gefühl der Gegenwart zu trüben und die
von heute hinaus: „Es scheint mir überhaupt, daß jetzt miedirektor — sie freut sich für ihn und ordnet ihm still Betrachtung der Zukunft zu verwirren.“ Und dieser
wieder ein besseres Geschlecht heranwächst — mehr Hal= das Haus. Der Sohn aber, den sie in seinem Haus Hausarzt hat, scheint mir, viel Haltung und Geist.
Schade, daß Schnitzler in geboren, ist Julians Sohn, nicht der seine... Sie Dafür verliert er auch das Mädchen, das er heimlich
tung, weniger Geist!“ ...
seinen letzten Stücken sich immer mehr als nicht zu schweigt, heuchelt, leidet. Eine Tochter Johanna folgt liebt, erst an den ironischen Weltmann, dann an den
diesem Zukunftsgeschlecht gehörig entpuppt. Er will zul und das Geschwisterpaar wächst in herzlicher Liebe auf.]Tod. Und dafür spielt er in dieser Welt nur die be¬
scheidene kleine Rolle, daß er den Tod aller früher kommen
Schon ist Felix ein frischer Bursch von 23 Jahren, Leut¬
sieht und so wenig aufhalten kann, als die anderen.
geistreich sein; und so verdunkelt er künstlich das Klare
nant und voller Pläne für die Zukunft, da stirbt die
Am selben Abend, da Schnitzler mit seinem Drama,
und Einfache. Sein Herr von Sala rühmt selbst als
feiner an Geist als stark in der Haltung, den Mißerfolg
Wesen seiner Freundschaft, daß er stets die Stichworte Mutter. Nur Johanna, die den visionären Zug des
Leidens trägt, hat es geahnt, wie nah ihr Tod war. Zu
vor dem kritischen Publikum des deutschen Theaters er¬
zu geben weiß. Mehr Geist als Haltung .. . Was an
derselben Zeit hat sich das ernste Mädchen — der Dichter
lebe, erfocht die Frische und die forzierte Betonung der
der Handlung des Stückes interessant ist, liegt in der
bleibt uns die Erklärung schuldig und legt das seltsame
„Haltung", vor dem bequemeren Publikum des „Ber¬
Vergangenheit. Da war ein hübsches, frisches Mädel,
Aufblühen ihrer Leidenschaft in die stets wohltätige große
sliner Theaters“ den hübschen Sieg für Richard
Gabriele hieß sie, und sie hatte einen Bräutigam, in dem
Pause — jenem Herrn von Sala heimlich geschenkt. In
Stomnennel=Metant" Da ich im
damals schon der Akademieprofessor, der Kunstbeamte
seiner verschwiegenen Villa träumt sie ihr kurzes Liebes¬
„Deutschen Theater“ darüber nachsinnen mußte, ob
steckte. Dieser brave und anständige Wegrath, der auch
glück. Er rüstet sich, teilzunehmen an einer Expedition
Schnitzler mit seiner immer größeren Vorliebe für Ge¬
in seiner Kunst nie mehr war als eben brav und an¬
nach toten Städten Asiens; sic weiß es. Sie weiß mehr;
heimnis und Ahnung und Untertöne des Bewußtseins
ständig — und man ist verflucht wenig, wenn man nur
weiß, daß er das Ziel nie erreichen wird, weil sein Leben
das ist, sagen die Menschen, die mehr Geist als Hal¬
nur noch nach Tagen rechnet. Und das wunderliche als Dramatiker ganz dem Okkultismus verfallen wird.
kann ich in Konstatierung des Skowronneck'schen Erfolges
tung haben — hat einen Freund, einen genialen Durch¬
Mädchen ertränkt sich im Teich seiner Villa just an dem
nur meinem Gewährsmann folgen. Aber er erscheint mir
gänger, voller Keckheit und Zuversicht, einen lachenden
Abend, da der Ahnungslose ihr seine Hand angetragen..
erklärlich. Schnitzler kennt das Leben besser, Skow¬
Egoisten, der sich die Blume seines Augenblicksglückes
In denselben Tagen hat Felix die Gewißheit seiner Ab¬
ronneck das Theater. Schnitzler denkt, wenn er Dramen
pflückt, und sollte diese Blume — die Braut des Freundes
stammung bekommen. Die Andeutungen der Mutter in
schreibt, an wunderliche Menschen, die er auf einsamen
sein. Seine Liebe bringt ihr das Wunder, den Taumel,
Wegen getroffen, Skowronneck denkt an die lieben Leute
den Rausch. Sie gehört ihm ganz und will ihm für der Sterbestunde haben im Anblick ihres Jugendbildes
im Parkett, die gern ihr behagliches Lachen hören lassen
simmer gehören. In der Nacht vor der Flucht kommt im einsamen Heim seines wahren Vaters ihre besondere
er zur Besinnung. Er ist der Kerl, solch schönes Men= Sprache gesprochen; Ahnungen sind heraufgestiegen und
schenkind für Stunden selig zu machen in seinen Armen. haben sich zur Gewißhit verdichtet; und Julian, müde, und dann wieder gern rasch ein Tränchen aus dem
Aber er braucht Sorglosigkeit und Freiheit. Er weiß,iden einsamen Weg des Alters allein zu gehen ohne die Augenwinkel wischen, eh's wieder hell im Saal wird.
daß er nur dieses eine Leben hat; daß dieses Leben stolze Freude an seinem Blut, hält die Stunde für gee Schnitzler tgstet behutsam nach Seelen, die sich hinter