II, Theaterstücke 18, Der einsame Weg. Schauspiel in fünf Akten (Junggeselle, Junggesellenstück, Die Egoisten, Einsame Wege, Wege ins Dunkle, Weg zum Licht), Seite 344

18. Der einsane Neg box 23/3
K
den Lüften. Die Erde ist sein Reich, nicht die hat keine bedeutenden Einfälle. Reinhardt besitzt pönte Wort!. . . — ihre Stars! In Berlin zähltMen
die
dazu auch Herr Reicher; in Wien hat er nur ein¬
Luft. Es ist etwas Schwerfälliges um die Art mehr Witz, die Russen Witz und Größe dazu.
mal tiefer gewirkt: im Vorjahr als alter Leiser
gar
dieser Berliner; sie kleben am Boden. Sammeln] Es ist Brahms große Schuld, daß er nach ihnen
Frünkel in den Juden“. Leider müßte eigent¬
Harts
Beobachtungen, registrieren kleine Wirklich=] kam. Ihr episch gewaltiger Zug und ihre Gabe,
lich ein jedes Stück, in dem er spielt, diesen Titel
unmerklich im Kleinen zu symbolisieren, mangelt
gleich
führen. Nicht nur seine Tongebung, auch die
keiten. Niemand kann so gut fegen, waschen,
ihm. Er begnügt sich damit, zu dozieren, statt zu
bei
synagogale Feierlichkeit seiner Mimik erinnern
Feuer anmachen, essen, spucken, brummen, sich
illustrieren wie Reinhardt, lebendig zu machen
Man
an eine andere „Schule“ als an jene des Herrn
kratzen wie die Berliner. Niemand hat weniger
Ehrl
wie Stanislawski. Es wird vorgetragen in den
Brahm. Auch ohne die Belästigung durch den
Leichtigkeit. Ihnen sind keine Fittiche gewachsen.
Unterrichtsstunden von sieben bis zehn Uhr
des
Jargon würde seine verhaltene Temperament¬
Und nun haben sie uns diesmal kein neues
abends: Ibsen — Hauptmann — Schnitzler. Bei
erre
losigkeit, die glanzlose Trockenheit seines Wesens
Milieu bringen können, sondern sie agierten
besonders schwer verständlichen Stellen wird eine
schwo
jedes dramatische Leben ausdörren. Im „Ein¬
bisher die heftige Schauerballade „Elga" und
Pause gemacht, damit sie die Schüler ganz genau
zu
samen Weg“ nahm er den schönsten Szenen durch
die zwei Höhendramen „Rosmersholm" und
ohn
fassen können. Die Berliner sind einfach die
seine Reizlosigkeit fast den Sinn, und wäre die
„Den einsamen Weg“. Da merkt man einiges.
Schauspieler der Pausen. Nun — im Burgtheater
Dichtung nicht so meertief und schön, hätte
Zuerst, daß sie mehr Fleiß und Verstand mit¬
können sie besser sprechen, in Rußland besser
Sch
Schnitzler wohl schwerlich so glänzend gegen
bringen, als bei Vorstellungen in Wien -
schweigen. Die Pausen in „Rosmersholm“ oder
von
seinen Schauspieler siegen können.
wenigstens in den prinaten Geschäftsunter¬
im „Einsamen Weg“ unterstreichen vernünftig,
imm
Herr Sauer hatte während dieses Gastspiels
nehmungen der Firma Thalia — üblich ist.
allein sie haben keine ungeheure Beredsam¬
hint
erst eine Gelegenheit. Allerdings eine feine. Im
Sie wissen immer, was sie sollen. Es wäre ver¬
keit ... Schule überall, und Brahm hat tüchtig
sonn
Trauerspiel des Wieners war er der unechte
wegen, wollte man dies auch stets von den
gedrillt. Aber man fühlt: der preußische Schul¬
Vater, dessen Treue sich die Seelen erobert. Seine das
Wienern behaupten... Nur leider reicht die
meister hat bei Sadowa gesiegt, allein er wird
scha
Art zu spielen ist eine fast peinlich diskrete. Seine
Intuition unserer Gäste nicht so weit wie ihr
kaum noch in den großen Entscheidungsschlachten
unsch
Seele lispelt sozusagen... An diese stille, müde
Intellekt. Im allgemeinen: Die Kleinen unter
Per
unseres Theaters siegen.
Kunst muß man sich wohl erst gewöhnen, allein es
ihnen sind schlechter, die Großen besser als bei
Glücklicherweise hat Brahm einige vortreffliche
dürfte die Mühe lohnen. Frau Triesch, die dies- apa
uns. Das ist erklärlich. Im Norden sind die
und drei große Schauspieler. Sie bringen zu
mal so sehr im Vordergrund stand, ist ganz un- ssale
Schauspielernaturen selten. Der Deutsche ist zu
seiner Klarheit ihre Phantasie, zu seiner Nüch¬
heimlich gescheit. Ein schauspielerisches Gegen=sam
ehrlich dazu. Er hat zu viel Persönlichkeit, sein
ternheit ihren Rausch. Man mag die Grenzen
stück zu Brahm: sie versteht alles.: Kann wohl sich
Blut strömt zu schwerflüssig, die Freude am
der Berliner noch so deutlich erkennen, es war
auch alles. Sogar die Verführung, obwohl die sim
leichten Truge, an den Teufeleien der Verwand¬
doch in jedem Abend ein Ton, den wir nicht an¬
Grazien leider ausgeblieben sind. Es läßt sich zwi
lung fehlt ihm. Was sich mit Schweiß und
Ein
schlagen können, eine Kraft, um die wir sie be¬
wirklich gegen sie nichts einwenden — außer die
Arbeit erreichen läßt, das wird er völliger be¬
neiden. Vom Burgtheater ist hier natürlich nicht
Kleinigkeit, daß sie kein Genie ist. Was man ja
sitzen als wir. Im Erlernbaren bleibt er der
die Rede, das ist eine Klasse für sich, ist sui
nicht sein muß. Aber es wäre doch besser.
Primus. Nur — fängt die große Kunst dort an,
generis. Allein, und dies ist vielleicht die selt¬
Bei Bassermann, Rittner und der Lehmann
wo das Erlernbare aufhört. Gewiß, wir haben
samste aller Wahrnehmungen! — mit den Stücken
spürt man das Genie. Sie berühren unmittelbar,
mehr Temperamente, mehr Begabungen. Allein
und den Erfolgen der Berliner hat sich auch die
müssen nicht erst den Umweg durch den Intellekt
sie nützen sich hier ab, statt sich auszunützen. Ein
Art ihrer Wirkung geändert. Sicherlich sind sie
nehmen. Und kommen weiter, viel weiter. Gleich si?
unverarbeiteter Rest bleibt — genau so groß
noch ein Ensembletheater; aber als solches haben
sind sie mit unseren Seelen auf „du“. Die Leh¬
wie der Unterschied zwischen Brahm und unseren
sie uns nichts Neues mehr zu sagen. Was an
mann geht auf die Bühne, ihr rundes Gesichtchen
Direktoren. Also durchaus nicht unbeträchtlich...
ihnen — besonders in Wien — noch immer nd
leuchtet ihre Augen schwimmen, ihre Stimme All
Eine zweite Anmerkung: Die Berliner sind
nicht geistreich. Die Regie bringt das Charakte= immer wieder interessiert, das sind ihre führen¬
#ristische beraus. rein. deutlich. bestimmt, aber sie den Persönlichkeiten, ihre — wagen wir das ver.# fireichelt das Gemüt, und sofort hat mian dieseni