II, Theaterstücke 18, Der einsame Weg. Schauspiel in fünf Akten (Junggeselle, Junggesellenstück, Die Egoisten, Einsame Wege, Wege ins Dunkle, Weg zum Licht), Seite 561

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18. Der einsane Neg
schen selbst eröffnet, das zeigt gerade „Der einsame hier auf Erden hätten wuchern müssen, und an dem sie
Weg“ von Schnitzler sehr deutlich, ein Stück, das doch gemessen werden: ihre Liebe; und so ist es kein Wunder,
zunächst nur Zuständliches mit dem Geschmack des Herbst¬ baß beide etwas von dem Verdammten an sich haben,
lichen in sauberen und seslenvollen Dialogen abzuwan¬
den nuk Gnade noch reiten kann. Der stoische, melan¬
deln scheint: Vorgänge zwischen gepflegten, müden und
cholisch=hochmütige Selbstmord Salas erregt von hier aus
nur sich selber lebenden Menschen det Vorktiegszeit (wirk¬
gesehen eine ganz andere Welle von Furcht und Mitleid,
lich nur der Vorkriegszeit?), die, indem sie ältern, merken,
wie wenn man ihn als letzte Freiheit des sich selbst ver¬
daß sie nie gegeben, immer nur genommen und genossen
nichtenden, sich stolz entziehenden Menschen betrachtet —
haben und denen nun die Vereinsamung als Ende und
was, ich vermute es, seinem Dichter der endgültige Sinn
Strafe ihres ganzen Lebens heraufsteigt. Es ist der
hener Seitung, München
dieses Handelns war —. In der Rolle der Johanna, die
besondere Reiz dieses Stückes, daß dergleichen Dinge in
Hekrn von Salas Geliebte wird und sich in einem Ueber¬
der Sphäre und mit der Anmut des (Wienerisch) Gesell¬
maß von Verzweiflung ertränkt, ihre geahnte Verlassen¬
schaftlichen vorgetragen werden obgleich sie ja bereits die
heit vorwegnehmend, bol Fräulein Tiedemann aber¬
Verneinung des Gesellschaftlichen sind, und wenn hier

mals eine außerordentlich rührende und intensive Lei¬
gezeigt wird, wis der sich=selbst=lebende Mensch von
ftung. Ihr Bruder Felix wurde durch Herrn von Jor¬
gestern und heute, dieser auf fublimste Weise lieblose
kunst = Wiffenschaft = Unterhaltung.
dan mit wienerischer Nettigkeit, die Schauspielerin Irene
Egoist, die höchsten Ausdrucksmittel einer gepflegten Ge¬
HB. [Schauspielhaus.] Albert Bassermann in
Herms durch Frau Else Bassermann mit dem
meinschaft, seelisch beschwingte, dislteie Dialoge, meistert,
er einsame Weg“ von Ar
fahrig=histerischen Einschlag der „verpfuschten“. Frau ##
dann gewinnt die Szens bisweilen die Schaurigkeit eines wiedergegeben. Das ausverkaufte Haus ging diesmal,
gibt englische, gibt französche Gesouschaftsstücke. Aber
neuen Sündenfalles, der in der Auflösung der Gemein=soffenbar der Diskretion des Stückes unterliegend, über
sche Gesellschaftsstücke sind nur von Wien aus geschaf¬
schaft unter den Menschen besteht, wie jener erste in der einen sehr freundlichen Beifall nicht hinaus, war aber ##
worden, dieser einzigen deutschen Stadt, in der alte
Auflösung der Gemeinschaft mit Gott. An diese
merklich bewegt und angerührt.
tur und Tradition sich so prägen und sublimieren
letzten Dinge rührt Schnitzler freilich nur mittel¬
iten, daß das Gesellschaftlichs mitschöpferisch wurde,
bar, er ist gewissermaßen zu galank, um es direkt
, wo Gemeinschaft sich am läutersten spiegelt: auf zu tun, und der Dichter in ihm sprach wohl Tieferes aus.
Theater. Ueberall sonft bei uns ist man über An¬
als der Mensch bewußt vertreten und wahrhaben möchte,
in dieser Richtung nicht hinaus gelangt; Deutschland
der nur in unendlicher Melancholis jene schlimme Un¬
m Individuellen befangen geblieben, hat sich dahinein
ordnung ahnen macht, aber nicht deutet. — Albert Bas¬
issen, und jene Formung des Lebens aus dem Geistlsermann in der Rolle des todgeweihten Skephan von
der Pflege der Gemeinschaft wie etwas Vorzeitiges
Sala machte beides wundervoll sichtbar: die Anmut, die
Ungemäßes protestierend abgelehnt, auf der Suche Diskretion, den Glanz solcher Menschen und die Gilflosig¬
einer Gemeinschaft, die erst noch kommen müß. Nur keit, alles überhauchende Schwermut und nahe Ver¬
Wiener Dichter war es (und ist es bielleicht sogar
zweiflung dieses Lebens in Schönheit, Unverbundenheit
betgönnt, lediglich zu dichten, d. h. über der allen
und Genuß. Unmerklich in den Mittoln brachte er doch
Einsamen, sich von selber anbietenden und insoferne spürbar vom ersten Augenblick an eine spezifische
oblematischen Basis des Gesellschaftlichen sein luftiges Atmosphäre mit: die der höflichen Distanz, ein Sich=nicht¬
itasiegebäude zu errichten, zu bartieren, zu „zaubern“ nahekommen=lassen auch in den scheinbar innigsten
dennoch allen nahe und verständlich zu bleiben, nicht Momenten der Verbundenheit. Gin Mensch wie dieser
ißigt, auch noch erst seine Voraussetzungen zu er#in¬
und auch jener andre, Fichtner mit Namen, der von
wie es der deutsche Dichter gemeithin muß. Wie
Herrn Stoeckel in rauherer Tönung eindrucksvoll dar¬
sich das Gesellschaftsstück, dessen Leichtigkeit nicht not= gestellt wurde, ist völlig erst zu erfassen, wenn Man ihn
ig Geringschätzung verdient = denn wirkliche Leich=kunter dem Gesichtspunkt des Jenfeitigen ansieht; ihre
ist etwas Außerordentliches — wie hoch es sich
äußerste Tragik gewinnen diese beiden Vekeinsamten ja
en läßt und was es für Perspektiven auf den Men= daraus, daß sie das Pfund verspielt haben, mit dem sie