W
1Sam
18. Der—
becte A D
A
enGaaret ssuraenst #rünes-aussennirr-adae
Berlin SO 16 „ Rungestrasse 22-24
Berliner Tageblatt
Abend=Ausgabe
Ausschnitt aus der Fumgi
JP2G
——A
* Das Gasispiel der Robert-Ensembles in Paris wurde von
Professor Robert bei einem Empfang mit einer Rede eingeleitet,
in welchhr er unter anderem sagte: Sie werden zwei deutsche
Stücke shh#-Erdgeist“ von Frank Wedekind und den „Ein¬
samen Megy von Artur Schnitzier. Ein Stück in Dur; ein
zweites in Moll.) Wedekind, seit zehn Jahren tot, behandelt mit
starker LebensBejahung, mit lauten Requisiten, mit einem Tier¬
bändiger, mit vielen Revolverschüssen — was Schnitzler mit
Melancholie und Skepsis und Todesahnungen behandelt: den
einzigsten Sinn des Lebens, das einzige Thema aller Künste: die
Liebe zwischen Mann und Weib.
Zwei deutsche Stücke. Werden französische Zuhörer diese
Werke verstehen, ihnen folgen, sie vielleicht lieben lernen?
Gibt es für die Kunst, insber adere für die Kunst des Theaterz,“
nicht Grenzpfähle, die niemals zu überschreiten sind?
Aber Wenn ein Dichter erscheint und er ist zufällg
Molière, so gelingt ihm — ohne Absicht und ohne Programty,
nur mit der Selbstverständlichkeit des Genies — eine Gestalt,
die alle Ewigkeitszüge des Geizigen trägt, die Züge alley
Geizigen aller Nationen; er durchleuchtet ein andermal
mit den Röntgenstrahlen seiner schöpferischen Begabung eine#
eingebildeten Kranken und siehe! es ist der eingebildete Krankk
aller Zeiten; er schafft aus seinem französischen Milieu eine
Gestalt, die aber dann in allen Weltteilen lebt und weiterlebt
und unsterblich wird und Tartüffe heisst. In sämtlichen
Sprachen der Erde sie Tartüffe heisst. In diesem Sinne ist jede
Kunst international.
Dasselbe Problem hat übrigens gerade in unserer Zeit noch
eine andere, tiefere, ich möchte fast sagen: eine politische Be#:
deutung bekommen. Im vorigen Jahrhundert kristallisierte sich
das ästhetische Gewissen der Welt in einer Formel — zufällig in
einer französischen Formel —, die, eine letzte Weisheit offen¬
barend, jeden Widerspruch beiseite schiebend, verkündete:
„L’art pour l’art“. Der selbstbewusste Satz wollte sagen: die Kunst
ist von allen anderen menschlichen Beziehungen unabhängig; sie
ist einzig und allein für sich da, weil sie wichtiger ist, weil sie
beglückender ist, als alles andere auf der Welt. Diese Vorherr¬
schaft der Farben und Harmonien, dies Sakrosankte der Kunst,
dieses ästhelische Weltgewissen wurde gerade während unserer
Generation erschüttert. Durch allzulaute Kanonengeräusche;
durch unsagbares Leiden aller Lebenden; durch Millionen, die
heute leben könnten und nicht mehr leben. Die Ueberhebung der
Kunst ist heute verschwunden. Wir sind heute etwas bescheidener
— oder vielleicht etwas weniger bescheiden, indem wir sagen:
die Kunst — wenn möglich — für die Kunst. Wenn es aber not¬
-wendig ist: die Kunst gegen die Kunst. Immer und überall die
Kunst für die Menschlichkeit; die Kunst für den Frieden der
Wölker; die Kunst für die Evolution der Welt.
box 23/5
Apods schavergeradun
*
E
S
enSaires ssursene## rnet-aussennerradae
BERLIN SO 16, RUNGESTRASSE 22-24
Königsberger Allgemeine Ztg.
Königsberg
Ausschnitt aus der Nummer vom. 2 6. UUN 1928
Schnitzlers „Einsamer Beg' in Parls.
Paris, 26. Juni. (Drahtmeldung unseres Sonderbericht¬
erstatter).) Arthur Schnitzlers „Einsamer Weg“, den die
Schaus eler des Professors Eugen Robert gestern als zweites
Gastspie am Gymnasetheater in Paris zur Aufführung
brachten, effreute sich einer sehr günstigen Aufnahme, die den
Eindruck völlig zu verwischen schien, den Wedekinds „Erdgeist“ hervor¬
gerufen hattt
Wenn die Aufführung, die sich in verstaubten und veralter##
Pariser Dekorationen vollzog, auch äußerlich etwas dürftig erscheinen
mußte, so war sie innerlich um so erfreulicher. Alle Darsteller und
Darstellerinnen schienen sich in das zarte Wort des Dichters tief ein¬
zu¬
gelebt zu haben, und so kam ein abgerundetes und ausgeze
Ge¬
sammengespieltes Ensemble zustande, dessen Ton und einh
on
staltung ebenso befriedigen konnte, wie die einzelnen Le
Albert und Eise Bassermann, Otto Stöcker, B
und Karl Goetz. Ganz hervorragend erschienen aber zwei
Karten und Käthe Haack, die zu den sensitivsten Schauspielerinn
Tage zu gehören scheinen. Die ausgezeichnete Darstellung des
schen Stückes hätte es verdient, sich in Paris eines größeren 2
zu erfreuen, als er ihnen beschieden war. Leider war das Gymnase¬
theater gestern halb leer. Nach französischen eritikern oder Schau¬
spielern hätte man sich vergeblich umgeschaut.
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18. Der—
becte A D
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Berlin SO 16 „ Rungestrasse 22-24
Berliner Tageblatt
Abend=Ausgabe
Ausschnitt aus der Fumgi
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* Das Gasispiel der Robert-Ensembles in Paris wurde von
Professor Robert bei einem Empfang mit einer Rede eingeleitet,
in welchhr er unter anderem sagte: Sie werden zwei deutsche
Stücke shh#-Erdgeist“ von Frank Wedekind und den „Ein¬
samen Megy von Artur Schnitzier. Ein Stück in Dur; ein
zweites in Moll.) Wedekind, seit zehn Jahren tot, behandelt mit
starker LebensBejahung, mit lauten Requisiten, mit einem Tier¬
bändiger, mit vielen Revolverschüssen — was Schnitzler mit
Melancholie und Skepsis und Todesahnungen behandelt: den
einzigsten Sinn des Lebens, das einzige Thema aller Künste: die
Liebe zwischen Mann und Weib.
Zwei deutsche Stücke. Werden französische Zuhörer diese
Werke verstehen, ihnen folgen, sie vielleicht lieben lernen?
Gibt es für die Kunst, insber adere für die Kunst des Theaterz,“
nicht Grenzpfähle, die niemals zu überschreiten sind?
Aber Wenn ein Dichter erscheint und er ist zufällg
Molière, so gelingt ihm — ohne Absicht und ohne Programty,
nur mit der Selbstverständlichkeit des Genies — eine Gestalt,
die alle Ewigkeitszüge des Geizigen trägt, die Züge alley
Geizigen aller Nationen; er durchleuchtet ein andermal
mit den Röntgenstrahlen seiner schöpferischen Begabung eine#
eingebildeten Kranken und siehe! es ist der eingebildete Krankk
aller Zeiten; er schafft aus seinem französischen Milieu eine
Gestalt, die aber dann in allen Weltteilen lebt und weiterlebt
und unsterblich wird und Tartüffe heisst. In sämtlichen
Sprachen der Erde sie Tartüffe heisst. In diesem Sinne ist jede
Kunst international.
Dasselbe Problem hat übrigens gerade in unserer Zeit noch
eine andere, tiefere, ich möchte fast sagen: eine politische Be#:
deutung bekommen. Im vorigen Jahrhundert kristallisierte sich
das ästhetische Gewissen der Welt in einer Formel — zufällig in
einer französischen Formel —, die, eine letzte Weisheit offen¬
barend, jeden Widerspruch beiseite schiebend, verkündete:
„L’art pour l’art“. Der selbstbewusste Satz wollte sagen: die Kunst
ist von allen anderen menschlichen Beziehungen unabhängig; sie
ist einzig und allein für sich da, weil sie wichtiger ist, weil sie
beglückender ist, als alles andere auf der Welt. Diese Vorherr¬
schaft der Farben und Harmonien, dies Sakrosankte der Kunst,
dieses ästhelische Weltgewissen wurde gerade während unserer
Generation erschüttert. Durch allzulaute Kanonengeräusche;
durch unsagbares Leiden aller Lebenden; durch Millionen, die
heute leben könnten und nicht mehr leben. Die Ueberhebung der
Kunst ist heute verschwunden. Wir sind heute etwas bescheidener
— oder vielleicht etwas weniger bescheiden, indem wir sagen:
die Kunst — wenn möglich — für die Kunst. Wenn es aber not¬
-wendig ist: die Kunst gegen die Kunst. Immer und überall die
Kunst für die Menschlichkeit; die Kunst für den Frieden der
Wölker; die Kunst für die Evolution der Welt.
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BERLIN SO 16, RUNGESTRASSE 22-24
Königsberger Allgemeine Ztg.
Königsberg
Ausschnitt aus der Nummer vom. 2 6. UUN 1928
Schnitzlers „Einsamer Beg' in Parls.
Paris, 26. Juni. (Drahtmeldung unseres Sonderbericht¬
erstatter).) Arthur Schnitzlers „Einsamer Weg“, den die
Schaus eler des Professors Eugen Robert gestern als zweites
Gastspie am Gymnasetheater in Paris zur Aufführung
brachten, effreute sich einer sehr günstigen Aufnahme, die den
Eindruck völlig zu verwischen schien, den Wedekinds „Erdgeist“ hervor¬
gerufen hattt
Wenn die Aufführung, die sich in verstaubten und veralter##
Pariser Dekorationen vollzog, auch äußerlich etwas dürftig erscheinen
mußte, so war sie innerlich um so erfreulicher. Alle Darsteller und
Darstellerinnen schienen sich in das zarte Wort des Dichters tief ein¬
zu¬
gelebt zu haben, und so kam ein abgerundetes und ausgeze
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sammengespieltes Ensemble zustande, dessen Ton und einh
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Albert und Eise Bassermann, Otto Stöcker, B
und Karl Goetz. Ganz hervorragend erschienen aber zwei
Karten und Käthe Haack, die zu den sensitivsten Schauspielerinn
Tage zu gehören scheinen. Die ausgezeichnete Darstellung des
schen Stückes hätte es verdient, sich in Paris eines größeren 2
zu erfreuen, als er ihnen beschieden war. Leider war das Gymnase¬
theater gestern halb leer. Nach französischen eritikern oder Schau¬
spielern hätte man sich vergeblich umgeschaut.