box 22/11
17.4. MarienetteZukIus
Und mit ihm die verlotterte Langweiligkeit der Regie und auch sonst wacker. Lautensacks genial verkürzter „Hahnen¬
Prater
kampf“ Schmidtbonns holzschnitthafter „spielender Eros“,
der Schauspieler. Es ist einfach nicht wahr, daß das Burg¬
zwei etwas karge Komödien Okto Hinnercks, Wedekinds „Mar¬
theater heute Schauspieler habe wie keine andere Stadt. Heine,
quis von Keith“, Strindbergs „Totentanz“ — das Plus wäre
er Cheaterjahr
Nießier, Gerasch, Korff sind Ornamente, aber keine Eckpfeiler.
weitaus größer, wenn das Schauspielermaterial des Josef¬
Die Wohlgemut wiederholt sich, die Bleibtreu bleibt stehen und
ar Maurus Fontana
städtertheaters ein besseres und seine Inszenierungen nicht so
das stärkste schauspielerische Temperament des Buratheaters
zu erinnern. Man sucht in seinem
eilig und zusammengeweht wären.
(eines der stärksten der Schaubühne überhaupt), die Medelsky,
ggeblieben sein sollte, was man etwa
muß im Schatten bleiben und will nach Berlin. Die Regie
Der Erfolg der Saison waren „Meyers“ in der Residenz¬
ern und Enkeln erzählen müßte, Glor¬
hat Herr Berger. Wenn man ihn nicht merkt, ist sie am
es wird
bühne. Fünfzigmal, hundertmal, zweihundertmal
blänzendes. O weh! Dieses Theater¬
besten. Der „lebendige Leichnam" und das „weite Land“
fortgespielt. Aber die Residenzbühne muß darum genannt wer¬
dum und weitum, ohne Turm und
waren so, grobkörnig gediegen. Je mehr er sich aber zeigt,
den, weil sie die interessantesten zwei Aufführungen zu geben
inger wird ihm erstehen, kein Helden¬
desto heilloser wird es. Die „Makkabäer“ stolperten am ärg¬
hatte, „Leonce und Lena“, diese zarteste, blumenhafteste Ko¬
sten über ihn. Der „Traum ein Leben“ und der „Meineid¬
mödie deutschen Geistes, war die eine. Und man müßte nuch
von dem Wiener, es lag über ganz
bauer“ waren Festvorstellungen, die Gänsefüßchen fehlten nicht.
dieser Sonderaufführung Georg Büchner überall zu erwecken
rüber Theaterhimmel, aber doch ganz
Der Kleistzyklus fing an und schloß mit dem „Zerbrochenen
wenigstens versuchen. Hernach irrlichterte Grabbe mit seinem
nd man vermag das nur mit Freude
Krug“ den Thimigs Regie vor Bergers Regie rettete. Auch
Lustspiel „Scherz, Ironie, Satire und tiefere Bedeutung" über
ja nicht mehr trüber werden kann,
Heine führte Regie, das erstemal bei der „Sprache der Vögel“
die Bühne. Die Wirkung war nicht so rein wie bei Büchner.
ung hat, und wie mir scheint begrün¬
von Adolf Paul, sehr lebendig, erquickend farbig, man fing an
Aber ich habe nichts Interessanteres, nichts Lebendigeres heuer
nWiener Theater ab Herbst manches
zu hoffen, das zweitemal bei „Cäsar und Cleopatra“ und man
in Wien gesehen als diese Aufführungen zweier Verschollener.
nserer Zeit genährt und gefüllt sein
hörte auf zu hoffen bei. dieser Hoftheaterei. Im Gedenken
Die freie Volksbühne hatte mit ihrem Klusbau soviel zu
bleibt für die Söhne und Enkel:. Die niederträchtigste Vor¬
cht im Burgtheater und unter Baron
tun, daß für anderes fast gar keine Zeit übrig blieb. Eine
stellung, die ic iemals sah: „Der Seeräuber“ von Ludwig
och irgend eine ideale Forderung an
„Faust"aufführung war das einzige Wagnis. Es gelang zum
Fulda. Die Schäbigkeit und Zuchtlosigkeit der Aufführung war
führtheit hatte, ist im Verlaufe dieses
Teil wenigstens. Man sah einen Willen und freute sich. Aber
beispiellos. So sieht es um die künstlerische Bilanz des Baron
isch verschieden oder realistisch Thea¬
im Vergleich zu den anderen Jahren der freien Volksbühne
Berger in seinem zweiten Wiener Jahre aus.
Ehrenmitglied des Burgtheaters in
bleibt die heurige Ausbeute gering.
Und die Privattheater? Es wird sich auch nicht in diesen
Toten und die Geldwechsler haben
Jedoch nächstes Jahr! Und das ist es, was Wien erhofft,
das begeben, was wir erhoffen. Ein Gesellschaftstheater wie
urgtheaters von heute in ihren Hän¬
das Deutsche Volkstheater wird immer mit der künstlerischen
daß die freie Volksbühne in ihrem eigenen Haus das Ringen
er weiß schon, was und für wen er
und das blutende Erleben unserer Kunst und unserer Zeit Wien
Schaubühne nicht viel zu schaffen haben. Die Bilanz einer
Jahr auf Sommerferien gehen konnte,
solchen „moralischen Anstalt“ wird immer nur mit Zahlen zu
wieder schenken werde, daß wir wieder fühlen werden, was wir
fahre das künstlerische Debacle erlebt,
belegen sein. Und so muß man sagen, das Volkstheater hatte
so lange und so schmerzlich vermissen: Einen Atem. Und noch
sehn Jahren beschieden war. Als Mensch
ein schlechtes Jahr, nicht weil es Maeterlincks aufgedonnerten
eine Hoffnung tut sich auf: Auch die Neue Wiener Bühne
er das sofort heraus, und als Mensch
„blauen Vogel“ Andrejews Wasserleiche „Anathema“, Ver¬
kommt in neue Hände. Ein Mann voll künstlerischen Ernstes,
heit hatte er auch sofort das Gegen¬
haerens Beredsamkeit „Das Kloster“, Schnitzlers miniatur¬
Dr. Emil Geyer, will sie in reinere Regionen führen.
Am Künstlerischen ist wohl nie ein
hafte. „Marionetten“ gleichermaßen spiere Klaß
—
dies
Und wir merken auf und besinnen uns, denn wir stehen an
t, am Finanziellen“ immer
siker, nämlich im Tempo und im Stil anno 70, sondern wer
Mann, der für das vergangene Jahr
einer Wende unseres Theaterlebens. Jetzt oder nie — heißt
der französische Schlager ausblieb. Und der ist für die Wies
die Losung. Von diesen drei Namen: Großmann, Rundt,
st, Ibsen, Hebbel angekündigt hatte,
ner Gesellschaft und ihr Theater am wichtigsten.
G.yer, die über unseren Sumpf aufzugehen sich anschicken, hän¬
n, warf alles über Bord, um nur ja
Das Josefstädtertbeater nährte sich besser von Frankreich
n, unt nur ja „oben“ zu gefallen.
gen unsere nächsten zehn Jahre ab, hängt ab, ob Wien wieder
weil es nicht gezwungen ist, Gesellschaftsstücke sich übersetzen
icht. Er hat es stolz den Reportern
Theaterstadt wird oder ob es das endgültig gewesen ist.
zu lassen, sondern lieber ein Verhältnis mit dem gallischen
der ein Wörtchen von Tradition fallen
Schwank eingegangen ist, und weil es den wunderbar sonnigen,
lso erhalten, der Baron Berger, nach
vornehmen und witzigen Maran besitzt. Aber es hielt sich
17.4. MarienetteZukIus
Und mit ihm die verlotterte Langweiligkeit der Regie und auch sonst wacker. Lautensacks genial verkürzter „Hahnen¬
Prater
kampf“ Schmidtbonns holzschnitthafter „spielender Eros“,
der Schauspieler. Es ist einfach nicht wahr, daß das Burg¬
zwei etwas karge Komödien Okto Hinnercks, Wedekinds „Mar¬
theater heute Schauspieler habe wie keine andere Stadt. Heine,
quis von Keith“, Strindbergs „Totentanz“ — das Plus wäre
er Cheaterjahr
Nießier, Gerasch, Korff sind Ornamente, aber keine Eckpfeiler.
weitaus größer, wenn das Schauspielermaterial des Josef¬
Die Wohlgemut wiederholt sich, die Bleibtreu bleibt stehen und
ar Maurus Fontana
städtertheaters ein besseres und seine Inszenierungen nicht so
das stärkste schauspielerische Temperament des Buratheaters
zu erinnern. Man sucht in seinem
eilig und zusammengeweht wären.
(eines der stärksten der Schaubühne überhaupt), die Medelsky,
ggeblieben sein sollte, was man etwa
muß im Schatten bleiben und will nach Berlin. Die Regie
Der Erfolg der Saison waren „Meyers“ in der Residenz¬
ern und Enkeln erzählen müßte, Glor¬
hat Herr Berger. Wenn man ihn nicht merkt, ist sie am
es wird
bühne. Fünfzigmal, hundertmal, zweihundertmal
blänzendes. O weh! Dieses Theater¬
besten. Der „lebendige Leichnam" und das „weite Land“
fortgespielt. Aber die Residenzbühne muß darum genannt wer¬
dum und weitum, ohne Turm und
waren so, grobkörnig gediegen. Je mehr er sich aber zeigt,
den, weil sie die interessantesten zwei Aufführungen zu geben
inger wird ihm erstehen, kein Helden¬
desto heilloser wird es. Die „Makkabäer“ stolperten am ärg¬
hatte, „Leonce und Lena“, diese zarteste, blumenhafteste Ko¬
sten über ihn. Der „Traum ein Leben“ und der „Meineid¬
mödie deutschen Geistes, war die eine. Und man müßte nuch
von dem Wiener, es lag über ganz
bauer“ waren Festvorstellungen, die Gänsefüßchen fehlten nicht.
dieser Sonderaufführung Georg Büchner überall zu erwecken
rüber Theaterhimmel, aber doch ganz
Der Kleistzyklus fing an und schloß mit dem „Zerbrochenen
wenigstens versuchen. Hernach irrlichterte Grabbe mit seinem
nd man vermag das nur mit Freude
Krug“ den Thimigs Regie vor Bergers Regie rettete. Auch
Lustspiel „Scherz, Ironie, Satire und tiefere Bedeutung" über
ja nicht mehr trüber werden kann,
Heine führte Regie, das erstemal bei der „Sprache der Vögel“
die Bühne. Die Wirkung war nicht so rein wie bei Büchner.
ung hat, und wie mir scheint begrün¬
von Adolf Paul, sehr lebendig, erquickend farbig, man fing an
Aber ich habe nichts Interessanteres, nichts Lebendigeres heuer
nWiener Theater ab Herbst manches
zu hoffen, das zweitemal bei „Cäsar und Cleopatra“ und man
in Wien gesehen als diese Aufführungen zweier Verschollener.
nserer Zeit genährt und gefüllt sein
hörte auf zu hoffen bei. dieser Hoftheaterei. Im Gedenken
Die freie Volksbühne hatte mit ihrem Klusbau soviel zu
bleibt für die Söhne und Enkel:. Die niederträchtigste Vor¬
cht im Burgtheater und unter Baron
tun, daß für anderes fast gar keine Zeit übrig blieb. Eine
stellung, die ic iemals sah: „Der Seeräuber“ von Ludwig
och irgend eine ideale Forderung an
„Faust"aufführung war das einzige Wagnis. Es gelang zum
Fulda. Die Schäbigkeit und Zuchtlosigkeit der Aufführung war
führtheit hatte, ist im Verlaufe dieses
Teil wenigstens. Man sah einen Willen und freute sich. Aber
beispiellos. So sieht es um die künstlerische Bilanz des Baron
isch verschieden oder realistisch Thea¬
im Vergleich zu den anderen Jahren der freien Volksbühne
Berger in seinem zweiten Wiener Jahre aus.
Ehrenmitglied des Burgtheaters in
bleibt die heurige Ausbeute gering.
Und die Privattheater? Es wird sich auch nicht in diesen
Toten und die Geldwechsler haben
Jedoch nächstes Jahr! Und das ist es, was Wien erhofft,
das begeben, was wir erhoffen. Ein Gesellschaftstheater wie
urgtheaters von heute in ihren Hän¬
das Deutsche Volkstheater wird immer mit der künstlerischen
daß die freie Volksbühne in ihrem eigenen Haus das Ringen
er weiß schon, was und für wen er
und das blutende Erleben unserer Kunst und unserer Zeit Wien
Schaubühne nicht viel zu schaffen haben. Die Bilanz einer
Jahr auf Sommerferien gehen konnte,
solchen „moralischen Anstalt“ wird immer nur mit Zahlen zu
wieder schenken werde, daß wir wieder fühlen werden, was wir
fahre das künstlerische Debacle erlebt,
belegen sein. Und so muß man sagen, das Volkstheater hatte
so lange und so schmerzlich vermissen: Einen Atem. Und noch
sehn Jahren beschieden war. Als Mensch
ein schlechtes Jahr, nicht weil es Maeterlincks aufgedonnerten
eine Hoffnung tut sich auf: Auch die Neue Wiener Bühne
er das sofort heraus, und als Mensch
„blauen Vogel“ Andrejews Wasserleiche „Anathema“, Ver¬
kommt in neue Hände. Ein Mann voll künstlerischen Ernstes,
heit hatte er auch sofort das Gegen¬
haerens Beredsamkeit „Das Kloster“, Schnitzlers miniatur¬
Dr. Emil Geyer, will sie in reinere Regionen führen.
Am Künstlerischen ist wohl nie ein
hafte. „Marionetten“ gleichermaßen spiere Klaß
—
dies
Und wir merken auf und besinnen uns, denn wir stehen an
t, am Finanziellen“ immer
siker, nämlich im Tempo und im Stil anno 70, sondern wer
Mann, der für das vergangene Jahr
einer Wende unseres Theaterlebens. Jetzt oder nie — heißt
der französische Schlager ausblieb. Und der ist für die Wies
die Losung. Von diesen drei Namen: Großmann, Rundt,
st, Ibsen, Hebbel angekündigt hatte,
ner Gesellschaft und ihr Theater am wichtigsten.
G.yer, die über unseren Sumpf aufzugehen sich anschicken, hän¬
n, warf alles über Bord, um nur ja
Das Josefstädtertbeater nährte sich besser von Frankreich
n, unt nur ja „oben“ zu gefallen.
gen unsere nächsten zehn Jahre ab, hängt ab, ob Wien wieder
weil es nicht gezwungen ist, Gesellschaftsstücke sich übersetzen
icht. Er hat es stolz den Reportern
Theaterstadt wird oder ob es das endgültig gewesen ist.
zu lassen, sondern lieber ein Verhältnis mit dem gallischen
der ein Wörtchen von Tradition fallen
Schwank eingegangen ist, und weil es den wunderbar sonnigen,
lso erhalten, der Baron Berger, nach
vornehmen und witzigen Maran besitzt. Aber es hielt sich