II, Theaterstücke 17, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 0), Marionetten. Drei Einakter, Seite 10

17.4. Marionetten zuklus
Telefon 12801.
Alex. Weigl's Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Ausschnift
Nr 61
N 105 „OBSERVER“
I. österr. behördl. conc. Bureau für Zeitungsberichte u. Personalnachrichte
Wien, IX/,, Türkenstrasse 17.
Fillale in Budapest: „Figyelé“ —
Vertretungen in Berlin, Chicago, Genf, London, Newyork, Paris, Rom, Stockholn
Srünet Börsen-Jeitr ig
Ausschnitt aus:
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* Wolzogens „Buntes Theater“ konnte am
Frtitag seine fünfzigste Aufführung begehen. Die Be¬
fülchtung, die bei Gründung des Unternehmens aus¬
gesprochen-wurde, daß unser Publicum für eine solche
litterarische Brettl=Kunst noch nicht reif sei, haben sich
aber nicht bestätigt; wir haben das Berliner Publicum
unterschätzt, es drängt sich förmlich zu Herrn Wolzogen
und den manchmal etwas exentrischen, aber immer
rein künstlerisch gemeinten Darbietungen seiner Bühne.
Zu Beginn der fünfzigsten Vorstellung konnte
der Director glückstrahlend auf diesen Erfolg
hinweisen. Das Programm ist ein durchaus neues,
und von der ersten Vorstellung her hat sich nur das
50 Zeit allerliebste und sehr populär gewordene Duett „Der
Für
inclusive
glückliche Ehemann“ erhalten, das vorgestern auf
100
Porto
Wunsch des Publicums wiedergegeben werden mußte.
200
Zahlbar
Von den neuen Nummern neunen wir als besonders
500
m Voraus.
wirksam das „Lied von der Haselnuß“, das „Mädchen¬
"1000
Im Geglied“ von Hugo Jahn, die Epigramme Pferhofers und
Abonnement durie freilich nicht überall ganz originalen Fabeln von lte ist das
Abonnenten frei chus Evers. Den Beschluß macht jetzt ein sehr geist= ieht es den
her, #nur vielleicht etwas zu lang geratheuer Ein= m.
Marionetten“ von Arthur Schnitzler.
Der „OBSEKTER verans##ner ungien einen Aüszug enthaltend die
Inhaltsangabe aller wichtigen Mittheilungen der Wiener Morgen¬
blätter (Tagesjournale ausser „Neue Freie Presse“ und „Wiener Zeitung“)
wodurch eine Uebersicht über das gesammte politische und wirthschaftliche Leben
des In- und Auslandes in drastischer Kürze geboten wird. Diese Mittheilungen
werden in Wien um 9 Uhr Früh verschickt.
Prospecte gratis und franco.
box 22/10
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— Filiale in Budapest: „Figyelö“ —
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Theater.
Ueberbrettl. Im Erfrischungsraum waren Riesenkränze aus¬
gestellt, die zur Feier der 50. Aufführung dem „genialen“ Direktor
v. Wolzogen gestiftet waren. Am Theater pflegen die Kränze groß
und die Ansprüche an die Genialität gering zu sein. In der
Welt der falschen Brillanten und des bunten Scheins verliert
man leicht die Fühlung mit der Wirklichkeit und setzt das gleichgültigste
Familienfest mit allem Theaterpomp in Scene. Das Ueberbrettk
ollte sich von diesen Gebräuchen, die Theater und Theaterleute in
Verruf bringen, fernhalten. Seine Mitglieder müßten zu viel Künstler¬
blut in den Adern haben, um an derlei Aeußerlichkeiten Geschmack zu
finden und zu viel Zigeunerblut, um sich durch kostbare Blumen¬
arrangements feiern zu lassen. Der ganze Klimbim wirkte
philiströs und erinnerte sogar ein wenig an Geschäfts¬
viel zu leichtsinnig
reklame. Im Ueberbrettl muß man
zu denken.
Wolzogen eröffnetesive
Füsein, um ans Geschäft
„dann mit einer Rede, in der er — nicht gerade amüsant —o
„erklärte, was er eigentlich wolle. Man denke: ein Ueberbrettl, das ar
„etwas „will“, etwas andres will als eben nur da sein! Ein ziel= raus.
bewußtes Ueberbrettl! Ein nützliches Ueberbrettl! Im Gegenteil: es sollte
so nichtsnutzig sein, wie die Polizei nur irgend erlaubt und solltet das
4½ alles übrige getrost der Kritikzüberlassen. Eine fesche Chansonnette s den
Ab pfeift darauf, ob sie dieses „hebt" oder jenes „senkt“; sie springt
auf die Bühne und tanzt ihren Cancan. Sie setzt sich selbst ——
wie Fichte.
d die
Recht peinlich war auch die Art, wie Wolzogen für eine hübsche gen¬
Inh Vagabundenscene von Hans Ostwald gleichsam um Verzeihung ung")
blibat. Sie sei ja nicht anmutig, sei vielmehr recht häßlich usw. Was Leben
wod soll uns das? Wenn die Philister sich ärgern, so laßt sie dochl ungen
des Wenn das Ueberbrettl ihnen erst gefällt, kann es einpacken. Ich
ver fürchte, man hat zu gute Geschäfte gemacht und hat zugenommen
an bourgeoisem Wohlstand und vorsichtiger Weisheit. Im einzelnen gab
es manche hübsche Sachen. Olga Wohlbrück trug sehr hübsch vor,
vor allem „Mädchenträume“ war lustig. Ein Wiener Recitator —
Herr Marcell Salzer — war im ersten Gedicht etwas laut,
fand aber bald Natürlichkeit und Wirkung wieder. Herr Koppel
trug einige famose Sachen vor, so beispielsweise ein Scherzgedicht von
Lilieneron. Frl. Bradsky erzählte eine anmutige Geschichte von
einer kleinen Chansonnette, die einen Prinzen heiraten wollte. Kurz:
im einzelnen hatte man oft seine Freude. Auch mit der Pantomime
hab ich mich diesmal befreundet; sie war sehr graziös und hatte jene
leichte Sinnlichkeit, die dem „Ueberbrettl“ überhaupt wohl ansteht.
Es verdient erwähnt zu werden, daß Wolzogen selbst eine harmlose
Fabel brillant vortrug. Er sollte als Recitator etwas mehr hervor¬
treten — er liest so gut, daß er sich neben seine besten Mitglieder
stellen darf. Im allgemeinen muß leider gesagt werden, daß die

poetischen Beiträge mäßig waren. Was man aus „Simplicissimus“
gund „Jugend“ genommen hatte, war durchweg gut. Was man
aus eigenen Mitteln bestritt, war
es keineswegs. Ganz
ein
deplaciert und langweilig war
sogenannter „Spaß“
von Schnitzler, in dem lebendige Menschen wie Marionetten
agieren mußten. Das fiel bös auf die Nerven und verscheuchte einen
Teil des Publikums noch vor Schluß der Vorstellung.
Der Erfolg war nicht so stark wie bei der ersten Aufführung
der Reiz der Neuheit ist hin und
so
haben sich die
Ansprüche ganz von selbst gesteigert. Wenn das Ueberbrettl erst
längere Zeit besteht, werden sich hoffentlich auch die Talente finden,
die gesteigerte Ansprüche befriedigen können. Wenn Wolzogen fleißig
Umschau hielte, müßte er heute schon mehr bieten können, als er
gestern bot. —