II, Theaterstücke 17, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 3), Zum großen Wurstel. Burleske in einem Akt (Marionetten), Seite 7

Bellage zu Nr. 625
Die Oster=Zeit.
Seite 7
Direktor: Ich hab's Ihnen g'sagt: Wenn
ist kein Schluß eingefallen — der Skandal ist stürzen zusammen und liegen auf dem Boden. Ringsum
Staunen.)
der Schluß ernst wird, hilkt's Ihnen nicht mehr,
arrangiert!
daß der Anfang ein Blödsinn war.
Der Dichter: Ich verbitte mir das!
Der Dichter:
Der Dichter: So schaffen Sie doch Ord¬
Der Herr: Wer red't denn zu Ihnen? ...
Wer bist du? Eh' du mir entschwindest,
nung... Was soll denn das heißen? ... So
Der Dichter: Ich bin der Dichter!...
sprich!
eine Schmiere!
Der Herr: Ach was!... Sie!... Sie
Mein Rächer bist du — doch wie nenn ich
kommen ja auch nur vor!
Direktor: Jetzt werden Sie gar noch frech?
dich?
Der Dichter: Oho!
(Marionetten schauen hinter den Kulissen hervor.)
Der Unbekannte:
Der Herr: Natürlich! Sie wissen schon,
Du fragst zu viel. Was ich bedeuten mag —
Der Naive: Ah, schaut's da her!
wen ich meine!
Ich weiß es nicht. Seit manchem Erdentag
Der Dichter: Ihre Puppen haben keine
Direktor: Und Sie? Hel Siel
Bin ich verdammt, ein Rätsel mir und
Disziplin, schaffen Sie Ordnung! Oder ich zünd'
Wollen Sie mir einreden, daß Sie ein wirklicher
andern,
Ihnen Ihre Bude persönlich an!
Theaterbesucher sind?
Die Welt nach allen Winden zu durch¬
Direktor: Meine Herren!
wandern.
Der Herr: Ich bitte!
Dies Schwert hier aber macht es offenbar,
Einige: Ruhe! Hört!
Direktor: Sie gehören da herauf!...
Wer eine Puppe, wer ein Mensch nur war.
Direktor (auf den Stufen): Meine Herren!
Vorwärts! rasch!
Auch unsichtbaren Draht trennt diese Schneide
Alsdann, wenn sich das Wesen der Aufklärung
(Er hilft dem Herrn auf die Bühne hinauf.)
Zu manches stolzen Puppenspielers Leide!
im Hintergrund des Säkulums abspiegelt und
Der Bissige: Das ist ja der reine] (Er fährt mit dem Schwert über die ganze Bühne;
die Kunst ihre Früchte trägt, bitte ich ergebenst
Zirkus!
alle Lichter verlöschen, und alle Menschen außer ihm
ins Auge zu fassen, daß die Bühne das Abbild
selbst sinken zusammen.)
(Er geht ins Parkett hinunter.)
des Erdentreibens, auch Spiegel der Welt ge¬
nannt, das Traurige nicht minder als das
Auch ihr?
Der Wohlwollende: Ich weiß nicht
Lustige in ihr Bereich zu ziehen vorgibt, wohin
es steckt was drin!
(Da der Dichter sinkt.)
auch unser Dichter, pocta vates, hinauszusegeln
Held:
die Belustigung hat.
Auch du?... Mir graut vor meiner Macht!
Narrenkappe, Pritsche in der Hand...
Ist's Wahrheit, die ich bringe, oder Nacht?
Viele: Bravo! Bravo!
Wehl ist dies dein recht Gewand?
Folg' ich der Himmlischen... der Hölle
Andere: Weiterspielen!
Ruf!
(Gepfeise, Getrampel.)
Tod (schreiend):
Ist es Gesetz — ists Willkür, die mich schuf?
Lacht sich heut im eig'nen Haus
Der Graf:
Bin ich ein Gott?.. ein Narr?.. bin
Publikum und Dichter aus,
Wie wird mir —? Hab' ich mich zerstreuter¬
euresgleichen?
Mag sich zum Beschluß im Reigen
weise
Bin ich ich selber — oder nur ein Zeichen?
Ehrlich auch der Tod erzeigen.
In ein gefehltes Säkulum verirrt?
(Er tritt ganz nach vorn.)
Doch nein —! Nicht ich! Es trieb mich hier
(Er steht mit einemmal als Wurstel da.)
Ja, wenn mein Schwert in loserm Arme
herein —
hinge,
(Der Graf von Charolais und der Meister treten
Nun treibt's mich fort — wo werd' ich
Weiß ich, wie's manchen, die in Leid und
auf.)
morgen sein?
Lüsten
Meister: So, lieber Graf, da wär' g'’rad
(Ab.)
Höchst fragevoller Wirklichkeit sich brüsten,
„noch Platz für uns zwei.
(Die Mationetten treten alle nach vorn.)
(zum Parkeit gewendet)
Graf: Bitte — nach Ihnen.
Marionetten:
Wie's zum Exempel euch ha unten ginge?
Meister: Bitte sehr, ich weiß, was sich
Nicht uns Arme laßt entgelten,
gehört. Sie kommen aus einem fünfaktigen
(Er geht mit einem stolzen Blicke ab.)
Schenkt uns weiter eure Huld —
Trauerspiel
ich nur aus einer dreiaktigen
(Sobald er fort ist, wird es licht, die Menschen
Nur den Dichter dürft ihr schelten,
Komödie — also nach Ihnen.
erheben sich wieder; auch die Marionetten. Militär¬
Nur der Dichter hier ist schuld!
musik ertönt wieder, der Dichter rennt aufgeregt auf
(Setzen sich.)
Der Naive: Gehört das dazu?
und ab, der Direktor tritt wieder auf die Stufen
und beginnt.)
Der Dichter (auf den Stusen):
Dichter: Ja — um Gottes willen, was ist
Das Spiel ist aus! Was für ein toller
denn das! (Zum Direktor): Schau'n S' doch her.
Meine Herren, hier ist zu sehen .... usw.
Spuk!
Direktor: Was sind denn das für Leut'?
Unter ungeheurem Lärm fällt der Vorhang.)
Wer schützt mich vor den eignen Schein¬
Graf: Zwei große Herren! Wer sie erkennt,
gestalten?
der grüßt!
Hinweg mit euch! es ist genug!

Dichter: Sie sollen doch wenigstens dafür
Wagt nicht, selbständig hier im Raum zu
sorgen, daß sich keine Figuren aus anderen
walten!
Stücken in Ihr Wirtshaus setzen, während
Und wenn ich so viel Seel' euch eingeblasen,
meines aufgeführt wird.
Daß ihr nun euer eignes Dasein führt,
Ist dies höchst frech und unvernünft'ge Rasen
(Ein Herr, der im wirklichen Parkett hinten sitzt, steht
Der Dank, der meiner Schöpferkraft gebührt?
auf und ruft lant: Das ist ein Schwindel! — Die
Meister (zupft ihn am Ohr): Wurstel!
Leute auf der Bühne sehen alle hin, die Marionetten
werden unruhig und schauen zum Teil über den
(Ab.)
Rand des Theaters hinaus.)
Die Marionetten:
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Der Herr im Parkett: Ein Schwin¬
Ei, nun tun wir, was wir wollen!
del! Darauf fall' ich nicht hinein!... Das ist
Reden, sin en, tanzen, tollen!
eines ernsten Theaters unwürdig!...
Publikum ist uns egal ¬
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Alles geht nach unsrer Wahl!
Der Direktor (vor dem Souffleurkasten):
Ist der Dichter ganz von Sinnen,
Mein Herr!
DE
Laßt uns unser Spiel beginnen!
Der Dichter (auch ganz vorn, ringt die
Hände).
(In diesem Augenblick trilt ein Mann auf, in einen
blauen Mantel gehüllt, langes blasses Antlitz, schwarze
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Der Herr (weiter nach vorn gehend): Ich
Lockenhaare. Er trägt ein langes bloßes Schwert in
lasse mich nicht um den Schluß betrügen!
der Hand. Er schreitet bis zu den Stusen hin und
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(Zum Parkett:) Es ist ja evident, dem Dichter trennt mit einem Hieb alle Drähte. Die Marionetten
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Zu Versuchszwecken halbe Dosen à 1 Krone.—