II, Theaterstücke 17, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 3), Zum großen Wurstel. Burleske in einem Akt (Marionetten), Seite 25

Sehmieler Jhat in dr enn n e eengen
Praterbuhne, die bis vor kunzent noch hanffächlict;
auf die rohen Instinkte der Massen spekulierte, wird packenden Einfall ausdrücken wollen, wie das ganze
ietzt gar oft wirklich dichterischen Gebilden Leben und Leben nur ein Komödienspiel ist, wie wir alle, Große
und Kleine, Dichter, Zuschauer, Darsteller, Erfolg¬
Ausdruck gegeben. Und welche Vielseitigkeit!
gekrönte und Unglückliche, nur Marionetten sind in der
Alt=Rom und Jung =Wien, dazwischen auch
Hand des Zufalls... Freilich kommt die Absicht trotz
Jung =Berlin, ein merkwürdiges Dreigespann,
der ausgezeichneten, farbenreichen Darstellung nicht
werden an dem morgigen „literarischen Abend“ vor
ganz zum Ausdruck, so pointiert auch die Worte des
dem Thespiskarren des Lustspieltheaters erscheinen.
„Unbekannten“, welchen Direktor Jarno darstellt,
Die von Paul Lindau so glücklich, mit so viel
gebracht werden. Den Direktor und den Dichter!
feinem Verständnis und Geschmack dramatisierte
spielen die Herren Hofer und Sekler sehr
Satire des Lucian „Die Fahrt über den
charakteristisch, und von den Mitwirkenden auf dem
Sie wissen ja aus der
Styx“ macht den Anfang.
Marionettentheater sind die Damen Henrici und
trefflichen Darbietung, welche das Werk unter Lindaus
Rona sowie die Herren Guttmann, Skoda
Direktion und Regie im „Berliner Theater“ gefunden
und Straßni mit Anerkennung zu erwähnen.
hat, welch' düstere Stimmung, welch' heilige Schauer
S. L.
und daneben wieder welch' wirksame parodistische
Ueber die Aufnahme welche die besprochenen
gepaart sind. Auch
Elemente in dieser Satire
Werke bei ihrer gestrigen Erstaufführung im Lustspiel¬
Direktor Jarno
auf der Praterbühne des
theater fanden, berichtet uns eine Depesche unseres
sehr eindrucksvoll.
erweist sich das Werk als
Korrespondenten: In der „Fahrt über den
Jarno hat ein kleines Meisterstück der Stimmungs¬
Styx“ haben Frau Joseffy und die Herren
malerei in seiner Inszenierung geboten. Es ist Ton
Guttmann, Valberg und Dumont außer¬
und Farbe in den Szenen am Styx, ein gedämpfter,
ordentlich gewirkt, doch hat das Stück auch Opposition
niemals vorlauter Ton der Heiterkeit in den Vor¬
gefunden. „Mamzell Courasche“ verdankt viel
gängen vor dem Richterstuhle des Rhadamant. Um
von ihrem unbestrittenen Erfolg der befriedigenden
die sehr achtenswerte Darstellung hat sich besonders
guten Darstellung der Herren Bulß, Landa¬
Frau Joseffn, welche die Parze, Herr Dumont,
[Landa und des Frl. Helm. Die Satire „Zum¬
der den Philosophen mit scharf poitiertem Humor
großen Wurstel“ hat beim Publikum nicht das¬
gab, Herr Guttmann als Schuster und, mit einigen
richtige Verständnis gefunden. Besonders gefiel darin
Einschränkungen, auch Herr Valberg als Tyrann
von den Darstellern Herr Hofer als Direktor.
verdient gemacht.
Die düsteren Gesänge der Erinnyen werden ab¬
gelöst von fröhlichen Soldatenliedern — von einer
Episode aus dem dreißigjährigen Kriege von Erich
Ein
Korn, betitel Mamzell Courasche“
packendes, kleines Dramolet, kräftig konturiert, voll
satter Farbe.
Eine Marketenderin, die indes nicht allein dem
Dürstenden und Hungernden, sondern auch dem
Liebesdurstigen ihre Dienste lieh, wegen ihrer Tapfer¬
keit und Schneidigkeit „Mamzell Courasche“ genannt,
soeben die
ein wirklicher nom de guerre,
Gattin des Fechtmeisters Spertini eines hei߬
Das Zelt, in welchem
blütigen Italieners, geworden.
sie die Brautnacht feiern soll, ist mit allem Luxus
eingerichtet. Des feurigen Weines voll, hänseln zwei
Offiziere den jungen Ehegatten, diesen dunkeln Ehren¬
mann, der, obwohl er weiß, was seine Frau gewesen,
sie zum Altar führt. Die Stichelreden locken ihn
endlich den Säbel aus der Scheide, doch wirft sich Mam¬
zell, d. h. Madame Courasche zwischen die Kämpfenden
und sie reichen sich die Hände. Als sich die Beherzte
wieder zurückgezogen, beginnt die Stichelei aufs neue, und
die Offiziere reizen des Fechtmeisters Herrengefühl
indem sie ihm eine Wette proponieren: er würde es
nicht wagen, seine Frau zu schlagen. Spertini
macht sich, herausgefordert, anheischig, seine Frau
noch in der Brautnacht, in Gegenwart der Offiziere
zu züchtigen. Und nun zieht er sich in das bräutliche
Zelt zuruck und erzählt der Beklagenswerten, was
sich zugetragen. Der Rest ihres Schamgefühls bäumt
sich wild in ihr auf wider seinen Zynismus und
wider die Brutalität, die er teils aus Eitelkeit, teils
aus Gewinnsucht verüben will. All ihre Bitten, von
der Wette abzulassen, sind vergebens; da nahen
bereits die Offiziere, und schon will er die Peitsche auf
den entblößten Oberkörper seiner jungen Gattin
niedersausen lassen, da ergreift sie seinen Degen und
durchsticht ihm damit die Brust. Eine Bluthochzeit.
Bei aller Brutalität und bei allem Realismus der
Vorgänge steckt doch eine Art wilde Kraft in dem
Dramolet, in dem es grell aufzuckt wie ein Blitz am
nächtlichen Himmel. Oskar Straus hat zwei
sehr charakteristische, im Stil der Zeit gehaltene
Musikstücke beigesteuert. Frau Angela Helm, eine
der Entdeckungen Jarnos, spielt das beherzte Sol¬
datenweib mit starker Leidenschaft sehr packend, den
Fechtmeister gibt Herr Bulß interessant, wenngleich
etwas geziert.
Und nun wird die Szene zum Tribunal. Das
Wursteltheater“, nach welchem jener Teil des Wiener
Praters, in welchem auch das Lustspiel=Theater steht,
„Wurstelprater“, genannt wird, siedelt einmal auf die
weltbedeutenden Bretter über, und kein Geringerer als
t es, der die Burleske
Arthur Schnitz
„Zum großen Würstl“ verfaßt hat. Es steckt
ein tiefer Sinn in diesem kleinen grotesken Spiel, ja
dieser Sinn ist fast zu tief, um so ohne weiteres von
der ganzen Hörerschaft erfaßt zu werden.
Die Szene stellt ein Gartenrestaurant im Prater
vor, welches zugleich den Zuschauerraum des Mario¬
nettentheaters bildet. Der Direktor hält eine Art
Prologas. Nun hebt sich der Vorhang, und sämtliche
handelnd Personen erscheinen an Schnüren, um
sich dem p. t. Publikum in Wort und Sang vorzu¬
stellen. Es hebt eine kleine Komödie au, die von