II, Theaterstücke 17, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 1), Der tapfere Cassian. Puppenspiel in einem Akt (Generalprobe), Seite 73

17.2. Der tanfere Gassian
box 22/7
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(Quellenangabe ohne Gewähr).
Ausschnitt
us:
18 fnz Grünia, Wien
vom:
Marionetten-Theater Münchener
Künstler.
Der eigenartige Zauber, welchen die Darbietungen des
Marionetten-Theaters Münchener Künstler ausüben, wirkt nach
wie vor mit ungeschmälerter Anziehungskraft, so daß das
Gastspiel dieses reizenden Miniaturtheaters in der Urania an¬
dauernd einen lebhaften Besuch aufweist. Das Repertoire des
Marionetten-Theaters umfaßt gegenwärtig die Hanswurstiaden
„Die Zaubergeiges und „Kasperl als Porträt¬
malers von Franz Graf Pocci, die Puppenspiele =König
Violon und Prinzessin Klarinettes von Siegfried
August Mahlmann und =Der tapfere Cassiang von
Artur Schnitzier, und die komischen Operetten „Das
Mädchen Von-Elizondos von Jacques Offenbach,
eLa serva badronac (Wie die Zofe Herrin wirde) von
Giovanni Pergolese, und =Bastien und Bastiennee
von Mozart, die bei den täglich stattfindenden Vorstellun¬
gen abwechseind zur Aufführung gelangen.
Besondere Beachtung finden die beiden jüngsten Novi¬
täten =Der tapfere Cassiane und -Bastien und
Bastiennes. Das groteske Puppenspiel „Der tapfere
Cassianz ist eine urkomische Parodie auf Liebe und Treue,
in der gezeigt wird, wie ein kühner Prahlhaus einem Schwäch¬
ling die Liebste entreißt. Der schmächtige Flötist Martin liebt
die wankelmütige Sophie, hält ihr aber nicht die Treue. Sein
Vetter, der muskelstarke, großmäulige, tapfere Cassian, ist
sein Rivale. Von ihm wird Martin in wildem Zweikampf er¬
stochen, der bei Mondenschein seinen Geist aufgibt. Und nun
fliegt sofort Sophie dem tapferen Bramarbas an den Hals. So
erleht man ein Stück Welt im Raum einer Puppenstube, ein
kleines Schicksal, dargestellt von geschnitzten Holzfigürchen,
die unsichtbare kunstgeübte Hände leiten und für die echte
dramatische Künstler hinter der Szene sprechen. In unserer
Erinnerung verknüpft sich das Gesehene völlig mit den Holz¬
puppen, die uns zu Symbolen unseres eigenen Wesens ge¬
worden sind.
„Bastien und Bastiennes ist ein zierliches
Schüferspiel, ein Rokokoidyll, dessen niedliche, entzückende
Musik Mozart im Alter von zwölf Jahren geschrieben hat.
Wieder nehmen wir an einer Liebesgeschichte teil, die aber
diesmal glücklich verläuft. Die schöne Schäferin Bastienne
sucht den Dortzauberer, den alten Schäfer Colas, auf, der
auf einsamer Höhe haust, diesem ihr Liebesleid zu klagen.
Bastien, ihr flatterhafter Liebhaber, hat der gefall¬
süchtigen Phyllis zu tief in die dunklen Augen geblickt. Da soll“
der wunderliche Alte heifen. Doch sein Ruf als Zauberer be¬
ruht eigentlich nur auf einiger Menschenkenntnis; er rät der
Verlassenen, sich von einem anderen zum Schein den Hof
machen zu lassen. Als Bastien den Hügel hinangeschritten
kommt, läßt er sie in seine Hütte verschwinden und weiß nun
des ungetreuen Schäfers Eifersucht mit der Erzählung von
der Liebe Bastiennes zu einem anderen geschickt zu wecken.
Bastien will Bastienne sehen und sprechen; da zieht der
schlaue Zauberer mit seinem Zauberstabe geheimnisvolle
Kreise, und als Bastien sich wieder umdreht, ist Bastienne
zur Stelle. Gegenseitige Vorwürfe führen zur Versöhnung.