II, Theaterstücke 16, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 1), Lebendige Stunden. Vier Einakter, Seite 38

16.1. Lebendige Stunden Zyklus
gar Goldse
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Zeitungsausschnitte und Verlag
der Wissenschaftlichen Revue.
BERLIN N., Auguststr. 87 part.
Telephon Amt III, No. 3051.

Ausschnitt
Teisegramm Aürsse,
G0L0SCHMIDT. Auguststr.87.
aus
07
Hamburger Nachrichten
—S 1.00
Berlin, den 4. Januor. (Privat=Telegr.)
Im „Deu'schen Theater“ fand heute der neue
Einacter-Cyelus von Arthyn Sch
seiner Erstanfführung lebhaften
nennt sich „Lebendige Skunden“ das
zugleich der Titel des ersten Stückes.
ist
Es schlägt sogleich das Thema an, das allen
vier, sonst so außerordentlich verschiedenen,
Stücken gemeinsam ist: das Thema von der künft¬
kerischen Verwerthung eigener Erlebnisse, von der
Rettung flüchtiger Secunden für Leben und
Empfinden der Zukunft durch die Kunst. In dem
kleinen Schauspiel tödtet sich die kranke Mutter
eines Künstlers, um ihm die Ruhe des
Schaffens wiederzugeben, und, als er dies
erfährt, widmet er sich mit doppelter
Euergie der Kunst, weil er sonst unter
dem Bewußtsein, der Mörder seiner Mutter zu
sein, zusammenbrechen würde. In einer dialectisch gut
geführten, aber nicht dramatisch packenden Seene
box 21/2
t er sich hierüber mit dem Freunde der
Venstorbenen auseinander.
In dem zweiten Stücke: „Die Frau mit dem
Dolche“ wiederholt sich ein Erlebniß aus dem
16. Jahrhundert in der Gegenwart bei denselben
Seelen, die aus ihrer Wanderung durch die Jahr¬
hunderte nichts gelernt haben. Die Sache ist
beinahe zu geistreich, verfehlt aber nicht ihre
Wirkung.
Grotesker Humor durchweht das dritte Stück:
„Die letzten Masken“. Es spielt im Spital.
sterbender Schriftsteller will in
letzten Stunden durch eine grau¬
seinen
same Euthüllung Rache nehmen an einem
verhaßten Geguer, der im Leben mehr äußerlichen
Erfolg gehabt hat als er selbst. Von einem
kranken Schauspieler, der in demselben Zimmer
diese Scene
läßt
sich
wohnt „
baraus zu
gleichsam vorspielen, um
lernen. Der Dichter kommt dann wirklich an das
Bett das Sterbenden, doch erscheint er diesem als
so ganz und gar nicht bedeutend genug für seinen
Haß, daß er schweigt und verstummt.
Das letzte Stück, der Schwank „Litteratur“,
verspottet sehr treßend die Manier dekadeuter
Dichterlinge, ihre Liebeleien in Romanen zu ver¬
ewigen. Ihm war der stärkste Erfolg
beschieden und wohl mit Recht. Denn bei
den anderen ist der tiefsinnige Gedanke
über die dramatische Gestaltung zu sehr Herr ge¬
worden, während der Schwank ein sehr leicht
graziöses Spiel bietet, das doch im Grun
Die Darstellung, vor
sehr erusthaft ist.
die Herren Reinhardt, Fischer, Bassermann und
Rittner, fügte dem Ruhm des „Deutschen Theaters#
wieder neue Lorbeeren hinzu.

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