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16.1. Lebendige Stunden zyklus
K#r Goldsc
Bureau für
S
%
Zeitungsausschnitte und Verlag
der Wissenschaftlichen Revue.
BERLIN N., Auguststr. 87 part.
kungsvoll verkörpert. Das Stück spielt im Krankenhause. Ei
Telephon Amt III, No. 3051.
schwindsüchtiger Komödiant, der sein nahes Ende nicht ahnt, macht
. SR 1
an Kranken
Ein armseliger jour¬
nalistischer
Ausschnitt
Teienrumm Aürsen 1
dem Tode ringt, ver¬
spürt plötzlich
60LDSCHMIDT. Auguststr. 87.
als
zten Rivalen, einem
berühmten Dichte.% grunduc, die Wahrheit zu sagen.
In einer „Generalz
die er auf Auraten des Komödianten
Voll
veranstaltet, entlastet#r aber sein Herz bereits so gründlich, daß
er, als der Verhaßte in Person vor ihm steht, allen Aerger los ist
und nur noch Mitleid mit dem eiteln Thoren empfindet. Den
JAN. 1902
97
Schluß der Serie bildete ein lustiger Schwank: Litteratur.
100
Eine Litteraturzigeunerin von reichbewegter Vergangenheit ist
des Kaffeehaustreibens überdrüssig geworden und hat beschlossen,
am Arme eines bornierten und wohlhabenden Aristokraten in den
Hafen der Ehe einzulaufen. Der gute Clemens liebt sie von Herzen,
aber er hält das Dichten für eine anstößige Beschäftigung und die
Berliner Theaterbrief. Aus Berlin wird uns vom 6. Januar
heikeln Schwänke, die er in den Liebespoemen seiner Braut findet,
geschrieben: Artbur Schnitzler, der geistreiche und liebenswürdige
stören seinen Seelenfrieden. Es sind alles nur Phantasiegebilde —
Wiener Poct, ha
die unter dem Gesamttitel:
sagt sie ihm, und er glaubt es schließlich. Phantasiearme haben
Lebendige Stunden am Sonnabend im Deutschen Theater zum
sie umschlungen, an Phantasiehälsen hat sie gehangen und Phantasie¬
erstenmal in Scene gingen, einen starken Erfolg gehabt.
lippen hat sie geküßt. Ein Genosse ihrer stürmischen Jugend macht
Da der Autor der Mode gefolgt ist und seinen innerlich und
ihr einen Besuch und die Leichtgläubigkeit des blaublütigen Bräu¬
äußerlich ganz verschiedenartigen Dramolets einen einheitlichen
tigams wird auf eine sehr harte Probe gestellt. Aber die göttliche
Namen gegeben hat, so müssen wir schon eine gemeinsame Grund¬
Frechheit der Bohémienne trägt über alle Fährnisse am Ende den
idee der vier Stücke festzustellen suchen. Schnitzler behandelt in
Sieg davon und man gönnt ihr den Triumph über das Philistertum.
ihnen das Verhältnis des Künstlers zu der Wirklichkeit, zu den
In den beiden ersten Einaktern hat Schnitzler seine Kräfte als
Personen und Erlebnissen, die den Anlaß und die Grundlage für
Dichter und Theatraliker weit überspannt. Er wollte nicht ein
Kunstschöpfungen bilden. Ein junger Dichter, der den freiwilligen
Stückchen Leben, sondern eine Ideenreihe dramatisch verkörpern.
Tod seiner Mutter — sie ist gestorben, um nicht durch ihr lang¬
Statt Menschen schuf er Träger von Principien und Herolde von
wieriges Siechtum den Sohn in seinem Schaffen zu hindern —
allerlei Weisheiten. So kam es, daß er nicht die Herzen erwärmte,
als Stoff für ein poetisches Kunstwerk benutzt, bildet den Mittel¬
sondern die Köpfe quälte und verwirrte. Die letzten Einakter aber
punkt des ersten Einakters: Lebendige Stunden. Von waren in jeder Hinsicht vortrefflich und verdienten den lebhaften
einem kühlherzigen Poeten, der die offen gebeichteten Fehl= Beifall, der ihnen zu teil wurde. Die Darstellung stand nur im
tritte seines heißblütigen, an unbefriedigten Sinnen kranken¬
dritten Stück, der Spittel=Tragikomödie, auf der alten Höhe des
den Weibes zu abendfüllenden Dramen ausarbeitet, handelt
Deutschen Theaters.
das zweite Stück: Die Frau mit dem Dolche. Die Gedanken,
Gestern nachmittag veranstaltete die Neue freie Volksbühne im
daß die meisten Menschen im Anblick des Todes, wo sie die Belle=Alliance=Theater eine Aufführung von Georg Büchners
letzten Masken abwerfen und ihr wahres Antlitz zeigen, günstige
Objelte für psychologische Studien abgeben, und daß selbst der
berühmtem Revolutionsdrama: Dantons Tod. Da man mit der
Première dieses im Jahre 1835 erschienenen Dramas 67 Jahre ge¬
Nichtkünstler mit Hilje der Phantasie sein gequältes Herz entlasten wartet hat, so dürsen wir wohl mit der Kritik der Aufführung
kann — werden in dem Schauspiel: Die letzten Masken wir= wenigstens einen Tag warten. Also morgen näheres.
16.1. Lebendige Stunden zyklus
K#r Goldsc
Bureau für
S
%
Zeitungsausschnitte und Verlag
der Wissenschaftlichen Revue.
BERLIN N., Auguststr. 87 part.
kungsvoll verkörpert. Das Stück spielt im Krankenhause. Ei
Telephon Amt III, No. 3051.
schwindsüchtiger Komödiant, der sein nahes Ende nicht ahnt, macht
. SR 1
an Kranken
Ein armseliger jour¬
nalistischer
Ausschnitt
Teienrumm Aürsen 1
dem Tode ringt, ver¬
spürt plötzlich
60LDSCHMIDT. Auguststr. 87.
als
zten Rivalen, einem
berühmten Dichte.% grunduc, die Wahrheit zu sagen.
In einer „Generalz
die er auf Auraten des Komödianten
Voll
veranstaltet, entlastet#r aber sein Herz bereits so gründlich, daß
er, als der Verhaßte in Person vor ihm steht, allen Aerger los ist
und nur noch Mitleid mit dem eiteln Thoren empfindet. Den
JAN. 1902
97
Schluß der Serie bildete ein lustiger Schwank: Litteratur.
100
Eine Litteraturzigeunerin von reichbewegter Vergangenheit ist
des Kaffeehaustreibens überdrüssig geworden und hat beschlossen,
am Arme eines bornierten und wohlhabenden Aristokraten in den
Hafen der Ehe einzulaufen. Der gute Clemens liebt sie von Herzen,
aber er hält das Dichten für eine anstößige Beschäftigung und die
Berliner Theaterbrief. Aus Berlin wird uns vom 6. Januar
heikeln Schwänke, die er in den Liebespoemen seiner Braut findet,
geschrieben: Artbur Schnitzler, der geistreiche und liebenswürdige
stören seinen Seelenfrieden. Es sind alles nur Phantasiegebilde —
Wiener Poct, ha
die unter dem Gesamttitel:
sagt sie ihm, und er glaubt es schließlich. Phantasiearme haben
Lebendige Stunden am Sonnabend im Deutschen Theater zum
sie umschlungen, an Phantasiehälsen hat sie gehangen und Phantasie¬
erstenmal in Scene gingen, einen starken Erfolg gehabt.
lippen hat sie geküßt. Ein Genosse ihrer stürmischen Jugend macht
Da der Autor der Mode gefolgt ist und seinen innerlich und
ihr einen Besuch und die Leichtgläubigkeit des blaublütigen Bräu¬
äußerlich ganz verschiedenartigen Dramolets einen einheitlichen
tigams wird auf eine sehr harte Probe gestellt. Aber die göttliche
Namen gegeben hat, so müssen wir schon eine gemeinsame Grund¬
Frechheit der Bohémienne trägt über alle Fährnisse am Ende den
idee der vier Stücke festzustellen suchen. Schnitzler behandelt in
Sieg davon und man gönnt ihr den Triumph über das Philistertum.
ihnen das Verhältnis des Künstlers zu der Wirklichkeit, zu den
In den beiden ersten Einaktern hat Schnitzler seine Kräfte als
Personen und Erlebnissen, die den Anlaß und die Grundlage für
Dichter und Theatraliker weit überspannt. Er wollte nicht ein
Kunstschöpfungen bilden. Ein junger Dichter, der den freiwilligen
Stückchen Leben, sondern eine Ideenreihe dramatisch verkörpern.
Tod seiner Mutter — sie ist gestorben, um nicht durch ihr lang¬
Statt Menschen schuf er Träger von Principien und Herolde von
wieriges Siechtum den Sohn in seinem Schaffen zu hindern —
allerlei Weisheiten. So kam es, daß er nicht die Herzen erwärmte,
als Stoff für ein poetisches Kunstwerk benutzt, bildet den Mittel¬
sondern die Köpfe quälte und verwirrte. Die letzten Einakter aber
punkt des ersten Einakters: Lebendige Stunden. Von waren in jeder Hinsicht vortrefflich und verdienten den lebhaften
einem kühlherzigen Poeten, der die offen gebeichteten Fehl= Beifall, der ihnen zu teil wurde. Die Darstellung stand nur im
tritte seines heißblütigen, an unbefriedigten Sinnen kranken¬
dritten Stück, der Spittel=Tragikomödie, auf der alten Höhe des
den Weibes zu abendfüllenden Dramen ausarbeitet, handelt
Deutschen Theaters.
das zweite Stück: Die Frau mit dem Dolche. Die Gedanken,
Gestern nachmittag veranstaltete die Neue freie Volksbühne im
daß die meisten Menschen im Anblick des Todes, wo sie die Belle=Alliance=Theater eine Aufführung von Georg Büchners
letzten Masken abwerfen und ihr wahres Antlitz zeigen, günstige
Objelte für psychologische Studien abgeben, und daß selbst der
berühmtem Revolutionsdrama: Dantons Tod. Da man mit der
Première dieses im Jahre 1835 erschienenen Dramas 67 Jahre ge¬
Nichtkünstler mit Hilje der Phantasie sein gequältes Herz entlasten wartet hat, so dürsen wir wohl mit der Kritik der Aufführung
kann — werden in dem Schauspiel: Die letzten Masken wir= wenigstens einen Tag warten. Also morgen näheres.