II, Theaterstücke 16, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 1), Lebendige Stunden. Vier Einakter, Seite 260

16.1. Lebendige Stunden „vkaus
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Börries Freiherr v. Münchhausen: Avalun.
teuern. Er will, er muß alles hinter sich werfen,
An den fernen, lockenden Strand.
hinausziehen, Kampf und Gefahren entgegen.
Abenteuern bin ich gewogen,
Und mir zuckt das Schwert in der Hand.
Und als er dies Medusa erklärt, sticht sie ihn
Will kein Ritter sich mir weisen,
nieder und begräbt sich mit ihm unter den Trüm¬
Dem meine Rede vrelleicht nicht gefällt?
mern der in Flammen auflodernden Burg.
Der mit scharfem Wort und Eisen
Trotzig mir den Weg verstellt?
Man hat dem „Abenteurerstück“ meines Er¬
Kann die Ruh' nicht länger tragen,
achtens ein wenig unrecht gethan; es litt viel¬
Allzu üppig schwillt der Mut, —
leicht auch unter dem Spiel von Fräulein Rosa
Will es keiner mit mir wagen?
Raufen möcht' ich bis aufs Blut!
Poppe, die die Medusa in einer seltsam gespreizten,
Waffen und Wunden will ich fühlen,
manierierten Weise gab, während Herr Matkowsky
Will meine brennende Seele kühlen
als Valentino und Herr Molenar als Jutromir
In der warmen, roten Flut!
Raufen, raufen bis aufs Blut!
vortreffliche Leistungen boten. „Der Herr von
Abadessa“ ist ganz gewiß keine unsterbliche Dich¬
Über des Meeres grollende Wogen
tung, aber doch eine solche, die Beachtung und
komm ich gezogen
ernste Würdigung verdient. Wenn ihr die volle
An den fernen, lockenden Strand.
Abenteuern bin ich gewogen,
Kraft, die Wucht fehlt, die gerade dieser Stoff
Und mir zuckt das Schwert in der Hand!
erfordert hätte; wenn schöne Worte vielfach die
Klirrende Waffen, das gibt eine Weise,
Unklarheit der Charaktere zu verdecken suchen, so
Wie der Wein, so berauschend und stark,
Aber ich lernt' auf fröhlicher Reise
umrankt doch das Ganze etwas wie die blaue
Auch zu küssen, so köstlich und arg.
Blume der Romantik mit üppigen Trieben und
Süß sind der tanmelnden Liebe Wonnen,
manch frischer Blüte. Eine dramatisierte Ballade
lppiger Stunden bunt wechselndes Bild,
Aber aus unerschöpflichem Bronnen
gewiß! — und darum schon nicht prädesti¬
ach der Einen die Sehnsucht quilli!
niert für den Bühnenerfolg; aber doch die Gabe
Nach der heißesten, höchsten Einen,
eines Dichters. Ich möchte anstatt langer Be¬
Nach der stolzen, gewaltigen Reinen,
Die mir die Pforten der Sehnsucht erschließt,
weisführung zum Zeugnis dafür ein Lied an¬
Die mir die Seele erleuchtet und segnet
führen, das Valentino spricht:
Und mir das Glück, dem ich niemals begegnet,
Tief in die lechzende Seele gießt —
„Über des Meeres gkollende Wogen
komm ich gezogen

Avalun.
Von
Börries Freiberr von Münchhausen.



Mir liegt ein Land im Sinn. Ich weils es nicht,
Mann ich es fah in meinen Heimwehträumen,
Doch meine Sehnsucht, wenn sie Kränze flicht,
Dflückt Blüten sich von seinen Hpfelbäumen.
Und meine Sehnsucht wandelt göttlich leicht
Die grünen Gartenhänge auf und nieder,
Mit Schmeichelbänden sie ein Mindhauch streicht
Und flüstert ihr ins Ohr verwehte Lieder.
Im fernen Grund spielt eine Mädchenschar,
Die hellen Kleider rot von Abendstrahlen,
Und, wie sie laufen, blitzen wunderbar
Die schmalen Sohlen ihrer Goldfandalen.
Wie Silberregen ihr Gelächter fällt
In dieser Hügel feierliches Schweigen
Und schüttelt in der weilsen Blütenwelt
Viel tausend Sternchen von den wirren Zweigen.
Und sinnend schreit' ich. Alle Wünsche ruhn.
Lch fühl's, ich bin zuhaus an diesen Bächen.
Craumbeimat meiner Seele, Hvalun!
Mir ist, als hört' ich meine Mutter sprechen.
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