II, Theaterstücke 16, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 1), Lebendige Stunden. Vier Einakter, Seite 377

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16.1. Lebendige Stunden zuklus
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Uebrigens neigt Herr Brückner dem Fehler zu. seine Rollen über
er.
dem ebenfalls dem Tode verfallenen, aber lustigen Schauspieler
einen Leisten zu schlagen; die Figur, die er hier auf die Bühne Jackwerth studirt Rademacher das Gespräch ein, durch das er
stellte, war der leibhaftige Karl Heinz aus Alt=Heidelberg.
Posen, den 27. Jannar.
den Weihgast vernichten will. Als aber Weihgast endlich er¬
Das zweite Schnitzel nennt sich „Die Frau mit dem Dolche“scheint, als er in seiner ganzen oberflächlichen Aufgeblasenheit
uden.
und ist noch unmöglicher als das erste. Frau Pauline, Gattin
dem armen Kollegen sein Bedauern über dessen leidenden
leines Dichters, bandelt mit einem jungen Elegant an, mit dem
Arthur Schnitzler.
Zustand ausspricht, da erscheint er dem Todeskandidaten so
sie zum teie ### teie in der Bildergalerie zusammenkommt. Dortklein, so unbedeutend, daß dieser es aufgiebt, seinem ein Leben
hängt ein ihr ähnliches Bild einer Frau, die einen Dolch zückt, und
lang gehegten Groll Ausdruck zu geben; er schweigt und stirbt.
von Arthur Schnitzler, die beim Anblick dieses Bildes fällt Fran Pauline mit Hifle des Bühnen= Die Szene ist ungemein wirksam, allein Schnitzler geht doch
sind theilweise von sehrvorhangs in eine Art vierdimensionalen Zustand. Die Szeue wechselt
auch hier von einer falschen Voraussetzung aus, wenn er dem
Schnitzler in der oberstenund wir finden uns in ein Maleratelier des 15.16. Jahrhunderts
Rademacher überhaupt ein Recht zuspricht, den „Freund“ anzu¬
sein früherer Einaktercyklus sversetzt, in welchem Frau Pauline als Gattin des Malers klagen. Gerade das Gegentheil würde richtig sein, denn
ßbild war ein Meisterwerk [Remigio weilt. Sie hat Modell gestanden zu dem Bilde der Rademacher hat des Freundes Frau verführt, wovon Weihgast
öpfungen auch mit dem Frau mit dem Dolche, das halb vollendet ist. Remigio mußte
allerdings keine Ahnung hat.
Daß Weihgast Glück im
böhnlichen Bühnenschreiber=i dringenden Geschäften verreisen, in seiner Abwesenheit
Leben hatte, giebt dem Anderen noch kein Recht, ihn zu hassen.
Maßstab erweist sich seinlhat sich Frau Pauline dem Kunstjünger Leouardo, einem
Der „Grüne Kakadu!“ —
— In der Rolle des todtkranken Journalisten bewährte sich
Schüler Remigios, ergeben. Diese kleine Abschweifung vom
wieder einmal Herr Turrian als vortrefflicher Schauspielor:
eniale Dichtung angesichts Pfade des ehrbaren ehelichen Lebenswandels hindert
s zurückdenken. Nicht ein
auch die Herren Meltzer-Burg als Jackwerth und
sie nicht, den Gatten mit Sehnsucht zu erwarten und
[Dapper als Weihgast spielten ausgezeichnet. Es war eine
esmal der Dichter, sucht Leonardo zurückzuweisen, der ihr eine rasende Eifersuchtsszene
musterhafte Darstellung.

Situationen hat ermacht. Mitten in dem Streit kommt Remigio zurück; die Frau
und
Dann kam der Knalleffekt: das Lustspiel „Litteralur“. Es
ein abendfüllendes gesteht ihm ihren Fehltritt und Leouardo ersucht den beleidigten
zeigt ein Weib aus gutem Bürgerhause, das einen Baumwoll¬
Gern wollen wir gerecht Gemahl ergebenst, ihn, den Buhlen, todtzustechen. Remigio
industriellen zum Gatten hatte, mit 22 Jahren sich scheiden ließ,
Einakter, das Lustspielfthut ihm den Gefallen nicht, sondern weist ihm die Thüre. Als
in München in die Kreise der Bohsme gerieth, ein Verhältniß
tgeschrieben ist und einensder durch die Zurückweisung der Frau und durch den Hohn des
mit einem Journalisten Namens Gilbert hatte und schließlich
et: auch der vorhergehende! Gatten aufs Tiefste verletzte junge Mann hinauseilen will, um Geliebte und Braut des Aristokraten Clemens wurde.
die dichterische Kraftnaturldie Schande, die er über das Haus des Malers gebracht, in die Diesem sind ihre litterarischen Neigungen ein Greuel
weite Hälfte des Cyklus ist]Welt zu schreien, erdolcht ihn die Fran, um damit die Ehre des
und er stürzt fort,
als er hört, daß sie einen
Aber die beiden ersten Ein=[Gatten zu retten. Nach abermaligem Szeuenwechsel zeigt sich die
Roman geschrieben hat. Da taucht Gilbert wieder auf und
fekt zu langweilig, aus un=Bildergallerie aufs Neue. Frau Pauline erwacht aus ihrem
bietet sich von Neuem als verständnißvoller Freund an; ihr
Abreiten eine Mißstimmung, Itraumhaften Zustand, ihr Liebhaber bestürmt sie, ihm Abends Gespräch mit Gilbert ist großartig angelegt, stellenweise aller¬
zu leiden haben. Um des ein Stelldichein zu gewähren und sie flüstert ihm beim Scheiden dings sehr gewagt. Als sie hört, daß Gilbert ebenfalls einen
äre es also besser, wenn
trotz der Traumgeschichte
die inhaltreichen Worte zu: Roman geschrieben, in welchem er skrupellos die mit ihm ge¬
inden würde.
„Ich komme!“ —
Den Spielenden gelang es nicht, des Ein¬
wechselten Liebesbriefe veröffentlicht (dasselbe hat sie in ihrem
mit Unrecht den Titelsakters dunklen Sinn zu klären, obschon Frl. Betke in der
Roman gethan), erkennt sie, wie recht ihr Aristokrat mit seiner
ist zum Sterben öde. [Atelierszeue nicht üble Töne fand und Herr Brückner Auffassung habe, daß man seine heiligsten Gefühle nicht der
(Herr Schaper) ist die
hier einen angemessenen Partner abgab. Herr Weiß als Maler Muse preisgeben solle. Sie wirft den Roman ins Feuer und
hißigen Gatten verlassene
sah wenig vortheilhaft aus. Die Regie hatte in diesem
sich dem verzeihenden Clemens zu Füßen.
m dahin, hätte nach ärzt¬
Schnitzel einen Schnitzer gemacht: In dem Maleratelier aus der
Frl. Friedeck war die schwierige Aufgabe zugefallen,
k lang ein elendes Leben! Zeit der Medici prangte im Vordergrund das Bild einer Ballet¬
phium selbst den Tod um
die Frau mit der verzwickten Vergangenheit darzustellen. Sie
ratte aus unseren Tagen, was in der aliflorentiner Umgebung
Sohnes (Herr Brückner)
entledigte sich ihrer Aufgabe mit bekanntem Geschick und fand
höchst sonderbar erschien.
Mutter die Schaffenskraft
wohlverdienten Beifall. Immerhin läßt sich darüber streiten, ob
Nachdem der Vorhang zum zweiten Mal gefallen, war die
diese etwas halbweltliche Auffassung der Margarethe die richtige
der Mutter klärt der
Stimmung des Publikums eine mehr als unbehagliche
ist; vielleicht gereicht es der Rolle zum Vortheil, wenn sie etwas
n den Willen der frei¬
und wenn es trotzdem noch gelang, einen Umschwung herbei¬
vornehmer gegeben wird, was der Darstellerin bei ihrem
der Ansicht, daß eine zuführen, so zeigt dies daß in den folgenden Einaktern Können nicht schwer fallen dürfte. Herr Weiß spielte den
Stunde mehr werthlein guter Kern steckt. „Die letzten Masken“ führen Clemens sehr flott, doch glaubte man ihm auf den ersten Blick
Sohnes; darüber stellenluns in ein Krankenhaus. Der mit dem Tode ringende
Betrachtungen an.
nicht recht den Vollblutaristokraten. Glänzend war hier
Die Journalist Rademacher wünscht noch einmal seinen „Freund“
[Schaper als Bohemien.
gaben sich redliche Mühe,
Weihgast zu sprechen, um demselbe ins Gesicht zu sagen, daß
Das letzte Stück riß den Cyklus aus der Patsche; der
s verständlich zu machen.
er ein erbärmlicher Kerl ist. Dieser Weihgast ist ebenfalls
Applaus war am Schluß des Abends ein starker. Trotz aller
terstützung des Souffleurs
Schriftsteller, war aber trotz aller Hohlköpfigkeit vom Glück be¬
Ausstellungen ist ja auch der Schnitzlerabend, selbst wenn er halb¬
gedeutet; in solchem ge-günstigt und spielt eine große Rolle, während der talentirte
verfehlt ist, eines Besuches werth.
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den, ist kaum möglich. Rademacher elend zu Grunde geht. Mit einem Leidensgenossen,!