II, Theaterstücke 16, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 1), Lebendige Stunden. Vier Einakter, Seite 392

16. 1. Lebendige Stunden zyklus
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Breslauer Theaterbrief.
(Originalbericht der „Dresdner Kunst= und Theaterzeitung“.)
(Schluß.)
Dagegen war die letzte Première ein großer Kunstgenuß.
„Lebendige Stunden“ nennt Arthur Schnitzler, der geistreiche Wiener
Autor, sein letztes Werk, vier Einakter. Was er mit diesem
Gesamttitel bezweckt dem Publikum klar zu machen, ist ihm nur
Für zum Teil gelungen.
Einzig allein das erste Stück und höchstens noch das darauf¬
folgende sind berechtigt zu diesem Titel. Doch das hindert nicht,
alle vier Stücke als nicht nur bühnengute, sondern auch litterarisch
„ 10 wertvolle zu bezeichnen.
„Lebendige Stunden“, so ist auch der spezielle Titel des ersten
Abonne Aktes, sind die Stunden, die der alte Hausdorfer in Erinnerung
Abonne an die Tage, die er mit der Hofrätin verlebt, heraufbeschwört, alß
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Inhaltsangabe aller wichtigen Mitthellungen verrrezer
blätter (Tagesjournale ausser „Neue Freie Presse“ und „Wiener
wodurch eine Uebersicht über das gesammte politische und wirth
Leben des In- und Auslandes in drastischer Kürze geboten wird.
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ihm der Sohn derselben zu erkennen giebt, daß ihm die Mutter
all' sein Denken und Fühlen durch ihre Krankheit getötet hat.
Er ist nämlich Dichter und glaubt für sich das Recht beanspruchen
zu können, sein eigenes Ich, seinen Dichterberuf höher zu stellen
als das Leben seiner Mutter, die ohnehin nicht mehr lange zu
leben gehabt hätte.
Da glaubt Hausdörfer, das ihm von der Hofrätin abge¬
nommene Versprechen lösen zu können, und macht dem Sohne die
erschütternde Mitteilung, daß seine Mutter freiwillig aus dem
Leben gegangen und zwar ihrem Kinde zu Liebe. Fassungslos
steht der Sohn bei diesen Worten, die ihn tief getroffen. Da
endlich rafft er sich auf und nun verspricht er dem väterlichen
Freunde, dieses Opfer, wie es nur eine Mutter bringen kann, mit
allen seinen Kräften zu lohnen.
Ein Theaterstück in des Wortes wahrer Bedeutung ist dieser
Einakter nicht, weshalb die Darsteller auch nicht mehr als die
darin enthaltene Stimmung auslösen können. Nicht mit seinem
gewohnten Glück zog sich Herr Ziegel (Hausdörfer) aus der
Affaire und Herr Schlaghammer verwischte vollends die Figur des
Dichters.
In dem zweiten Stücke, „Die Frau mit dem Dolche“, wandelt
Schnitzler wieder einmal auf dem Gebiete der Renaissance. Paula,
die Gattin eines bekannten Schriftstellers, läßt sich von Leonhard den Hof
machen, da sie aber vor dem letzten Schritt der völligen Hingabe,
um die sie Leonhard gebeten, zurückschrickt, teilt sie alles ihrem
Manne mit. Noch einmal vor ihrer Abreise will sie ihrem Lieb¬
haber ein Stelldichein geben und so treffen sich die beiden in der
Gemäldegalerie und zwar vor dem Bildnis eines unbekannten
Malers aus dem 15. Jahrhundert „Die Frau mit dem Dolche“.
Eben dieses Bild gibt Leonhard die Veranlassung, eine starke
Aehnlichkeit zwischen Paula und der Frau auf dem Gemälde zu
konstatieren, und redet sich selbst immer mehr und mehr ein, alles
das schon einmal durchgemacht zu haben, was der Maler auf die
Leinwand gebannt. Um ein bischen auszuruhn, läßt sich Paula
nun auf das Sopha gleiten und nun verwandelt sich die Scene
in ein Maleratelier aus dem Quincento. Paola, die Gattin des
Malers, war soeben die Geliebte Leonardis, eines Schülers ihres
Mannes. Der Tag bricht an und Paola ist wie umgewandelt.
Sehnsüchtig harrt sie der Ankunft des Gatten, um ihm alles zu
verraten. Leonardi beschwört sie, davon abzustehen, oder wenigstens
die ganze Schuld auf ihn zu wälzen. Da naht der Maler.
Paola stürzt ihm entgegen und beichtet alles. Als der erwartete
Zornesausbruch nicht eintritt, verlangt Leonardi von seines Meisters
Hand den Tod, da er alles, nur nicht die Verachtung erträgt.
Doch der Maler rührt sich nicht, da stößt Paola dem Jüngling
den Dolch ins Herz und dabei nimmt sie eine Stellung ein, die
dem Maler für sein angefangenes Bild zum Beenden fehlt. Die
Scene verwandelt sich wieder. Pauline und Leonhard befinden sich
wiede#vor dem Gemälde im Museum. Nochmals bittet Leonhard
um Gewährung seiner Bitte. Da ruft ihm Pauline entschlossen
zu: „Ich komme“. Sie weiß, ihr Mann wird sie und Leonhardje
nicht töten, er wird wahrscheinlich daraus ein gutes Theaterstück
schreiben.
Eine ebenso richtig aufgefaßte, moderne nervöse Frau, als
versesprechende Renaissancedame, war Frl. Illing. Hen Schlage.
hammer überraschte als feuriger Leonardi und die kleine Rolle,
des Malers spielte Herr Ziegel.
„Die letzten Masken“ betitelt sich das dritte Bild. Ein
sterbender Journalist, der durch die Ungunst der Verhältnisse seinen
wahren Standpunkt im Leben nie verteidigen konnte, will jetzt am
Enoe mit seinem Freunde, dem Dichter Weihegast, der zwar
berühmt, jedoch nur durch Reklame und dergleichen geworden,
abrechnen. Er will ihm sagen, daß er schon längst der Lächer¬
lichkeit preisgegeben, und nicht nur sein Dichterruhm, sondern auch
seine Hausehre sei beschmutzt; denn er (Journalist) war der
Geliebte seiner Frau, die in ihrem Manne auch nicht mehr als
einen Hohlkopf sah. Um dies alles in wirksamer Steigerung dem
Verhaßten entgegenzuschleudern, rät ihm sein Stubengenosse, der
Schauspieler Jackwerth, ein dem Tode zeweihter Lungenkranker,
Ivorher erst eine Probe abzuhalten.
Als nun der Journalist diesem Raie gefolgt und den ganzen
Fglühenden Zorn und die Verachtung sich von der Seele gesprochen,
Ferscheint der von dem menschenfreundlichen Anstaltsarzt herbeigerufene
Weihegast und da findet der Sterbende nur noch Worte weh¬
mütigen Abschiedes. „Die letzten Masken“ können als das beste
der vier Einakter gelten, so scharf beobachtet sind die
harafter