II, Theaterstücke 16, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 3), Die letzten Masken (Der sterbende Journalist), Seite 45

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16.3. Die letztenbasken
Klose & Seidel
Bureau für Zeitungsausschnitte
Berlin NO. 43, Georgenkirchplate 21!
Zeitung: —
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merkenswert ist, daß beide Schauspiele als echte Kinder Kind sterben sehen muß. Gewiß
eindrucksvoll, aber Psrchologie un
unserer Zetstimmung erscheinen: beide sind Totentänze.
Schauspielhaus.
so anfechthar und so tief in Sen#
Der Schnitzlersche Einalter ist stimmungsvoll, reich an
Tod peroriert so sehr im Ton ein
Finessen und ersüllt von wienerischer Sent mentalität,
Kammerspielabend.
und spricht schlechte Verse so salbug
mehr nopellistisch, als dramatisch auf eine Pointe hin
Magie der alten Totentänze err#
gearbeitet: ein im Spital arm und unberühmt sterbender
Arthur Schnitzler: Die letzten Masken.
gebanke kalt, klein und schief zu
Journalst läßt einen erfolgreichen berühmt gewordenen
Hellmuthlnger: Die Nacht.
Ausstattung und Darstellung
Jugendfreund an sein Sterbebett laden, um ihn mit der
sich mit stark betonter Absicht dur
Der Idealismus, mit dem der Intendant unserer
Galle seines verbitterten Herzens zu überschütten; er spielt
Besonders in dem zweiten Stück
stähtischen Theater sein Amt angetreten hat, ist im Ver¬
die Szene einem sanguinischen Todeslameraden vor, in der
Faltoren so schlicht wie möglich gel
die ganze Virulenz des Seelengiftes zu Tage tritt, das
aufe der Zeit auf schwere Proben gestellt worden. Wer
aus eindrucksvoll. Alle überflüssi
ihm das Leben verdarb und ihm noch das Sterben erschwert.
ge# noch ins Theater? Vorw#caend die, die sich unter¬
waren ausgeschaltet. Solche Ab
Aber als der Freund erscheint, mit der Maske der Teil¬
halten wollen. Die Mehrzahl erwartet dort keine Kunst.
manche Zuschauer unbequem gew
nahme vor dem Gesicht, bringt er sein Vorhaben nicht
So wurde die Leitung unserer Bühnen gezwungen mehr
stellung erleichterte ihnen die G
übers Herz. auch er legt sich die letzte Maske auf das ster¬
und mehr Zugeständnisse an den kunstfremden Geschmack
bequemlichkeit, denn sie hatte sich
bende Antlitz und die beiden scheiden von einander mit kon¬
des großen Publikums zu machen. Es lam hinzu, daß die
des Spielleiters, Oberreaisseur S
ventionellen Worten. Es ist eine bitter lächelnde Ironie
Darstellung, altem Herkommen gemäß unter dem Schwer¬
Verdeutlichung der Dichtwerke
in dem Werkchen, die nicht frei und leicht macht, sondern
gewicht der Ausstattung und der Mimik litt. alles in
nuancenreich. Die Lestungen
erschütternd und burlesk wirkt. Das andere Werk, Hell¬
handgreiflicher Deutlichkeit und bis zur Illusion geben
(Journalist) und Gründgens
muth Ungers phantast'sches Spiel „Die Nacht“, ist ein
wollte, nichts dem Schauen im Reflex überließ. Einzelne
Schnitzlerschen Einakter waren
Stück im Plakatgeschmack Hasenelevers. Der Eingang läßt
Ausnahmen wurden gemacht, so bei Hasenelevers „Jen¬
gestimmt und auch der schwind
vermuten, daß der Autor eine Auseinandersetzung zwischem
seits“: aber der grundsätzliche Fehler blieb bestehen; auch
Herrn Kienzl agierte überzeuge
kaltem Intellekt und allumfassender Seele vor hat Sein
die in der Ausstattung dieses Stücks vorgenommene Be¬
Herr Alva seinem Arzt sehr
auf seine Fähigkeiten eitler Arzt, der einer gehirnkranken
schneidung ließ der Ergänzung des Dramas noch zu viel
Kälte und Ueberlegenheit des ang
Frau durch eine Operation das Leben rettet, das für si¬
Ton, wirtschaftete zu absichtlich mit Raumstimmungen und
lebenden Forschers, die aber nur
nur ein seelenblindes Dahinsiechen bedeuten wird, um sie
äußerlichen Finessen.
den Ehrgeizes und der bösen Sel#
triumphierend auf einem Aerztekongreß vorzuführen,
Diese Erkenntnis hat den Intendanten zur Einführung
stalt charakterisieren. Seinen Tod
scheint der Interpret des bloßen kalt berechnenden Ver¬
von Kammerspielabenden bewogen. Ob sie erfüllen, was
als ungenannter schwarzaekleidet
standes sein zu sollen, aber als sein Gegenspieler erscheint
er sich von ihnen verspricht, muß abgewartet werden. Es
Ton takt= und maßn##er Weihe,
dann der völlig sentimentalisierte Tod, der die ganze Aus¬
ist fraglich, ob das moderne Drama, das so oft das feine
haft. Von den kleineren Rollen w##
einandersetzung und damit das Drama selbst auf ein totes
Geriesel seelischer Zuständlichkeiten vergegenwärtigen will,
voll der Alte des Herrn Alberty
Geleise schiebt. Das Ganze läuft auf eine bald unerträg¬
oder, im trassen Gegensatz dazu, mit der Bilderreihe des
Böhmer, der Lebemann des 5#
lich werdende, allzu billige Allegorie hinaus: der tückische
Kinos wetteifert, ein Ende oder ein Anfang ist. Nicht
des Frl. Heycke, der brutale Her
Erlöser Tod führt den Arzt, der besser an das Krankenbett
fraglich aber ist, daß zu seiner Darstellung nicht nur ein
Nachtwandler des Herrn Gründ
des eigenen Kindes geeilt wäre, während einer ganzen
schmiegsames Verstehen und eine unbegrenzte Einfühlungs¬
Frl. Kuhlmann.
Nacht spazieren: zunächst an das Sterbelager eines armen
kraft der Schausvieler, sondern auch eine Gestaltung des
Am Schluß gab es — nachdem
alten Schreibers, dem er einbildet daß er ein berühmter
Bühnenbildes gehört, die nichts als die Dichtung selbst zur
fühl der Erstarrung von sich gesch
Dichter geworden sei, womit er ihm die Augen zudrückt
Geltung bringt, also nicht durch Bildkünstler dem Drama
lebhaften Beifall. Hoffentlich wi
(eine Szene, die lebhaft an die Jugendschriften Franz
neue Stimmungen einverleiben will. Die Ausstattung soll
sich durchsetzen. Es wird ja nicht
Hoffmanns gemahnt); dann in eine moderne Spiel= und
nicht auffallend primitiv sein, die Abstraktionen der
Kammerspielabend in eine Folter
Liebeskölle, in der sich ein junger Lebemann erschießt: des
Shakesrcarebühne wird man heutigen Theaterbesuchern
der Wahlspruch Liliencrons, der
weiteren durch eine verrufene Gegend, in der dem Arzt
nicht zumuten dürfen; aber was nicht notwendig zu zeigen
Tod und Teufel berumgeschlagen
ein Nachtwandler und das Gesrenst einer durch seine
ist. gehört nicht auf die Kammerspielbühne.
ben!“ Gestern hieß es allzu leben
Schuld gestorbenen Patientin erscheinen: endlich in die
Diese Grundsätze waren bei dem gestrigen ersten Ver¬
such befolgt und er verlief recht verheißungsvoll Be¬ eigene Wohnung. in der der unselige Doktor das eigene 1 Tod!“