II, Theaterstücke 16, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 3), Die letzten Masken (Der sterbende Journalist), Seite 50

Ma
box 22/2
16.3. Die letztenken
a den. Lie m.“, densgefahl die in den Straßen gelegten Bomben.
Das Konsistorum ist nach dem „Bayer. Kur.“] bereitet haben; ich bin gern Ihrer Einladung ge= Mehrere von ihnen seien getötet worden; andere,
folgt. Es ist mir nicht unbekannt, daß die Be= die schwerverwundet in die Krankenhäuser gebracht
endgiltig auf den 15. Juni festgesetzt. Zu Kardi¬
wohner des Bitscherlandes nicht reich an irdischen worden waren, wollten in die Straßen zurück¬
nälen werden ernannt: 1. Msgr. Andreas Ajuti,
Nuntius in Lissabon, geboren i. J. 1849 in Rom.] Gütern sind. Aber dieser Umstand regt sie an kehren, um das Platzen der Bomben und die durch

K


maßen verwischt. Die schon durch verschiedene
den im Laufe der Jahre angesammelten Haß ins!
Ecuador geschehen, obwohl jeder einzelne Fisch
Hände gegangene geschiedene Fabrikantenfrau und
Gesicht zu schleudern und sein eheliches Glück zu
sorgfältig in Leinwand eingenäht war und wir die
nachmalige Dichterin, die mit der Goetheschen
vernichten durch die Mitteilung, daß Frau Weihgast
stacheligen Flossen wennmöglich noch mit Watte
Idealfigur Margarethe nichts als den Namen ge¬
Der
die Geliebte, des Totkranken gewesen ist.
mein hat, verstand es, einen naiven Aristokraten,
umwickelt hatten.“
Schauspieler kann den Komödianten auch im Ange¬
I von dem man nur den Vornamen Clemens erfährt,
Von Buenos=Aires aus wurde die Heimfahrt
sichte des Todes seines Leidensgenossen nicht ver¬
so sehr für sich einzunehmen, daß er sie heiraten
der Reise, welche von sechsmonatlicher Dauer war,
leugnen und beredet diesen, sich zur besseren Wirk¬
will. Margarethe schreibt zum Entsetzen ihres
ung einer Probe zu unterziehen. Daher auch der
angetreten mit Anlaufen von Montevideo, Rio de
adeligen Verehrers einen Roman, der angeblich
Der
Name des Stückes „Die letzten Masken“
Janeiro, Bahia usw. Prinzessin Therese von
ihrer Phantasie entsprang, in Wirklichkeit aber nur
Schauspieler, der nur noch acht Tage zu leben hat,
Bayern hat während ihrer Reise 149 Arten von
Selbsterlebtes enthält. Ihr früherer Geliebter
spielt die Rolle des Schriftstellers. Als Weihgast
Reptilien, Amphibien und Fischen gesammelt, von
Gilbert ist ihr jedoch zuvorgekommen und legt das
selbst kommt, ist Rademacher so ermattet, daß er
welchen 11 für die Wissenschaften neu sind.
bereits erschienene Exemplar seines Romans auf
seinen Vorsatz nicht mehr ausführen kann. Weih¬
den Tisch des Hauses der noch wilden aristokrati¬
gast jammert dem Totkranken von seinen „Sorgen“
schen Ehe nieder. Die scharf paprizierte Aussprache
vor, er schildert seine Ehe als das einzige Glück,
Margarethes mit Gilbert bringt die Lacher auf die
das er in Wirklichkeit habe und halb Mitleid, halb
Seite des Autors. Als Clemens von dem Verleger
Cheater, Kunst. Wissenschaft
Ekel über die Jämmerlichkeit des vom Erfolge so
zurückkehrt und Gilbert bei seinem „Weibchen“
sehr Begünstigten verschließen Rademacher vollends
etz= Neues Theater in Mannheim. Am Samstag
trifft, entspinnt sich eine köstliche Verlegenheits¬
den Mund. Der Schauspieler kommt doppelt um den
Abend wurden 4 Einakter aufgeführt. Das Schau¬
szene, die ihren Höhepunkt erreicht, als Clemens
Erfolg seiner Probe, einesteils darf er nicht Publikum
spiel „Die letzten Masken“ von Arthur
erklärt, die beiden Romane lesen zu wollen, denn
sein und andernteils erfährt er auch später nichts
Schnitzler gewährt einen Blick in den natura¬
Margarethe sowohl wie Gilbert haben ihre Liebes¬
über den Inhalt der Unterredung, da Rademacher
listischen Guckkasten der Modernen. Die Frage, ob
briefe in ihren Romanen veröffentlicht, die dadurch
bald darauf in Fieberdelirien verfällt und dann
man Szenen aus dem Gräßlichsten, was das Leben
zu Schlüsselromanen geworden sind, die Jedermann
seine nicht sehr reine Seele aushaucht. Wenn der
bietet, auf die Bühne bringen soll, ist schon so oft er¬
verständlich sind. Die drohende Gefahr wird jedoch
Geschmack des heutigen Publikums nicht schon ver¬
örtert worden, daß kaum etwas Neues zu sagen ist.
dadurch beseitigt, daß Margarethe einen der Zwil¬
dorben wäre, dann hätte Schnitzler sein ehrlich
Wer sie verneint, bricht den Stab über den gesamten
linge der gemeinschaftlichen Muse dem Feuertode
Schärflein beigetragen; denn noch ekelhafter und
modernen Realismus, der wenigstens das eine Gute
weiht und damit dem von der Liebe stockblind ge¬
widerlicher als die Verpflanzung der Krankenhaus¬
hat, daß er mit den Marionetten der Bühne auf¬
machten Aristokraten scheinbar durch die Tat beweist,
szene wirkt die Verdorbenheit und Niedrigkeit der
räumte und Charaktere aus dem neuzeitlichen Leben
daß sie der Schriftstellerei endgiltig entsagt. In
Charaktere der Hauptpersonen des Stückes. Herr
auf die Bühne verpflanzte, die sonst das Schicksal
den Armen liegen sich beide und jubeln vor Lust und
Eckelmann spielte den Journalisten Rademacher
der Versteinerung gehalt hätte oder ein Opfer der
Freude. Die verschiedenartigen Motive dieser
mit grauenerregender Natürlichkeit. Herr Kal¬
süßlichen Richtung der Birch=Pfeiffer und Genossen
Freude sind zwerchfellerschütternd. Frl. Lißl gab
lenberger verlieh dem mit Entsetzen Scherz
geworden wäre. Der Schnitzler'sche Einakter bringt
die wechselnden Empfindungen der vielseitigen
treibenden Komiker lebenswahre Züge. Den durch
3747
Krankenhausluft ins Theater. Der sterbenskranke
Margarethe köstlich wieder. Ausgezeichnet war auch
seine Eitelkeit und Selbstsucht doppelt gefühlsrohen
Journalist Rademacher bittet den Sekundärarzt Dr.
der echte Bohemien Gilbert des Herrn Kökert.
Schriftsteller Weihgast stattete Herr Jacobi mit
Halmschläger in später Nachtstunde, den Schrift¬
Herr Godeck verlieh dem Aristokraten Clemens
einer Maske aus, die eher auf einen reichgewor¬
steller Weihgast an sein Sterbebett zu rufen.
eine Noblesse, die auf wenige Ahnen schließen ließ.
denen Gewerbetreibenden als auf den erfolgreichen
Zögernd willigt der Arzt ein, obwohl ihn sein Kol¬
— Es war sehr interessant, zwei Schnitzler'sche Ein¬
Schriftsteller schließen ließ und die Auffassung der
lege wegen seiner „Sentimentalität“ verspottet.
akter entgegengesetzter Art zu sehen. Wenn man
Rolle entsprach der Maske. Frau de Lank lieferte
Ein Schauspieler vom komischen Fache, der sich auf
auch mit der Verpflanzung des Krankenhauses auf
als Wärterin Paschanda ein Kabinetstück. Die
dem Wege der Besserung glaubt, obwohl der er¬
die Bühne nicht einverstanden sein kann, so muß
Rollen der beiden Sekundärärzte lagen bei den
fahrene Arzt einen Todeskandidaten in ihm sieht,
doch die Meisterschaft Schnitzler's in der Zeichnung
Herren Möller und Weger in guten Händen.
war im Krankenhauseso befreundet mit dem ver¬
der Charaktere bedingungslos anerkannt werden.
Der gräßliche Eindruck des ersten Einakters wurde
bitterten Journalisten geworden, daß dieser ihm an¬
Auch in dem Lustspiele ist die meisterhafte Port¬
durch das Lustspiel „Literatur“ des bühnen¬
vertraut, daß er den vom Glück begünstigten
Schriftsteller nur deshalb zu sich rufen ließ, um ihm gewandten Arthur Schnitzler wieder einiger= rätierungskunst Schnitzlers hervorzuheben. Er hat