II, Theaterstücke 14, Der Schleier der Beatrice. Schauspiel in fünf Akten (Shawl), Seite 6

14. Der Schleier der Beatrice
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107
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Nr. 60
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Ausschnitt aus: sichisee Voikereitung
Nsr 49./0 40 0 0
Auf dieses Schreiben vom 1. September erfol
die ablehnende Antwort am 2: September d. J.
Lagesneuigkeiten.
Es ist nicht unsere Absicht, für das
[Drama „Der Schleier der Beatrice“ von
Arthur Schnitzler Partei zu ergreifen.
„Der Schleier der Beatrice.“
Wir stellen die Qualitäten dieses Werkes in dem vor¬
Ein Konflikt mit dem Burgtheater.
liegenden Falle gänzlich außer Diskussion und lassen
Die Behandlung, welche der Direktor des Hof¬
ebenso die allenfalls naheliegende Frage unerörtert, ob
burgtheaters Herr Dr. Schlenther einem der
ein Stück von Arthur Schnitzler nicht auch dann einer
bewährtesten Wiener Bühnendichter, Herrn Dr. Arthur
gewissen Anspruch darauf hat, der Oeffentlichkeit un
Schnitzler, zu Theil werden ließ, hat in den litera¬
der Kritik im Verlaufe zweier Jahre vorgeführt z
Für
rischen Kreisen Wiens berechtigtes Aufsehen und eine
werden, wenn es (error possibilis) der Meinung des
1 begreifliche Mißstimmung erregt. Im Dezember vorigen
Direktors zufolge, zweifelhafte Erfolgaussichten besitzt.

2 Jahres hat Dr. Schlenther das ihm von Arthur
Wir versagen uns gleichfalls, darauf hinzuweisen, daß

5 Schnitzler überreichte Schauspiel „Der Schleier der
keineswegs alle am Burgtheater in der letzten Zeit ge¬
hr.
„ 10 Beatrice“ zur Auffuhrung für das Burgtheater
svielten Stücke jene Hoffnungen erfüllten, die den
langenommen und jetzt, zu Beginn der Spielzeit,
Direktor zu ihrer Aufführung bestimmten.
Abonne stellte er das Werk unter einem nichtigen Vor¬
Wir erheben hier demnach weder auf die bis¬
Abonnelwande dem Verfasser wieder zur Verfügung.
herigen Beziehungen des Verfassers zum Burgtheater
Es gibt Dinge zwischen den Coulissen einer Hof¬
gestützte noch mit den künstlerischen Eigenschaften
lbühne, von denen sich die Schulweisheit eines Schrift¬
des abgelehnten Werkes motivirte Einsprache gegen
Inhalts stellers, wenn er nicht zufällig selbst Theaterdirektor ist,
die Zurückweisung des „Schleiers der Beatrice“
blürt nichts träumen läßt. Man kann daher getrost annehmen,
Denn wir sind weit davon entfernt,
woauren daß die Gesinnungsänderung des Herrn Direktors
[dem Direktor des Burgtheaters das
Schlenther in diesem Fall auf Ursachen zurückzuführen
[Recht, Stücke anzunehmen oder abzu¬
ist, die mit dem literarischen und künstlerischen Werthe
[lehnen, das er kraft seiner persönlichen!
des in Rede stehenden Bühnenwerkes nichts zu schaffen
Verantwortlichkeit zweifellos und
haben. Immerhin ist die Thatsache an sich bedauerlich
unantastbar besitzt, irgendwie schmälern
im Allgemeinen und beschämend speziell für den litera¬
zu wollen.
rischen Mann, der heute an der Spitze des Wiener
Allein jeder Schriftsteller, wie viel oder wie wenig
Burgtheaters steht.
er immer nur bedeute, hat den ebenso zweifellosen und
Wie tief dieses Vorgehen des Herrn Dr. Schlenther
ununtastbaren Anspruch darauf, daß dieses Recht gegen
das literarische Wien verstimmt hat, dafür zeugt nach¬
ihn und seine Werke, seien sie nun gut oder mi߬
stehende Erklärung, die uns mit der Bitte um Ver¬
lungen, in einer Weise gehandhabt werde, die jede
öffentlichung gestern zugekommen ist. Diese von einer
Willkür, Schädigung und nachtheilige Unklarheit aus¬
Anzahl hervorragender Wiener Theaterkritiker gefertigte
schließt.
„Erklärung“ hat folgenden Wortlaut:
In dem Falle, der uns beschäftigt, hat der Direktor
„Die bereits vor mehreren Tagen verbreitet ge= des Burgtheaters unserer Meinung nach durch sein
wesene Nachricht, das Schauspiel „Der Schleier Verfahren dem Autor in einer unstatthaften Weise
der Beatrice“ von Arthur Schnitzler sei vom begegnet, und gegen dieses Verfahren sehen wir uns um so
Burgtheater abgelehnt worden, hat mit dringender genöthigt, Protést einzulegen, als nach
Rücksicht darauf, daß dieses Werk bereits durch längeresden heute am Burgtheater geltenden
Zeit für angenommen galt, zu verschiedenen be=samtlichen Bestimmungen die dramati¬
fremdlichen Vermuthungen Anlaß gegeben. In Folgesschen Schriftsteller jeder wie immer ge¬
weiterer, einander widersprechender Mittheilungen fanden
arteten direktorialen Entscheidung wehr¬
wir uns bestimmt, uns mit diesem Falle näher zu be¬
los gegenüberstehen.
schäftigen. Wir sehen uns nun genöthigt, zur prinzi¬
Das Unstatthafte dieses Verfahrens besteht zunächst
[piellen Wahrnehmung der Autorenrechtte
darin, daß Herr Direktor Schlenther durch seine Zu¬
in der vorliegenden Angelegenheit das Wort zu er¬
schrift vom 13. Februar Herrn Arthur Schnitzler in den
greifen und den Sachverhalt darzulegen.
festen Glauben versetzte, der Annahme seins Stückes
Zu Anfang des Dezember 1899 hat Herr Arthur
stünden keine sachlichen Gründe mehr im Wege.
Schnitzler sein eben vollendetes Werk noch in Manuskript¬
Das Unstatthäfte dieses Verfahrens
form dem Burgtheater eingereicht. Der Direktor des
besteht weiter darin, daß der Direktor des Burgtheaters
Burgtheaters, Herr Dr. Paul Schlenther, hat nach
trotz seines hier angeführten Schreibens vom 13. Februar
der ersten Lektüre des Stückes keine Bedenken gegen
den Autor vier Monte lang ohne jede Ant¬
dessen Aufführbarkeit erhoben, vielmehr eine vorläufige
wort gelassen und es vermieden hat, eine wieder¬
Rollenbesetzung eigenhändig in das Manuskript einge¬ holt angesuchte, die schwebende Angelegenheit beiressende
tragen und einige ihm nöthig erscheinende Striche ange¬
Unterredung herbeizuführen.
bracht.
Das Unstatthafte dieses Verfahrens besieht ferner
Bei einer bald darauf erfolgten Begegnung dankte
darin, daß Herr Direttor Dr. Schleuther den Autor