II, Theaterstücke 14, Der Schleier der Beatrice. Schauspiel in fünf Akten (Shawl), Seite 9

dem Director.
Vier Monate lang ist Herr Arthur Schnitzler auf dieses in
der Zwischenzeit erneuerte Ansuchen ohne Antwort geblieben, mit
Ausnahme einer einzigen, erst Anfangs Juni eingelangten Karte,
in welcher der Director mittheilt, er werde sich „diese Tage zum
drittenmale an das Studium des Stückes machen“, und den Autor
ersucht, „seine hart auf die Probe gestellte Geduld noch einige
Tage laufen zu lassen“
Erst am 18. Juni erhielt Herr Arthur Schnitzler ein,
Schreiben des Directors, worin dieser nunmehr Bedenken gegen
die Erfolgsmöglichkeit des Stückes erhebt und nach ausführlicher
Darlegung derselben dem Verfasser proponirt: „Warten bis
zum Frühjahr! Sehen, wie dann die Constellation am Burg¬
theater ist.“
Das vier Monate innegehabte Recht der ersten Aufführung
wurde in diesem Schreiben zurückgelegt mit dem Beisatze: „Ich
müßte es mir selbstverständlich gefallen lassen, daß eventuell Berlin
oder München vorangehen.“
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Diese für das Schicksal des Stückes so wichtigen Eröffnungen
entzogen sich eben durch den Umstand, daß sie erst knapp vor
Eintritt der Ferien an den Verfasser gelangten, einer sachgemäßen
Entgegnung, weßhalb Herr Arthur Schnitzler erst zu Beginn des.
neuen, gegenwärtigen C vieljahres an die Direction des Burg¬
theaters einen Brief richtee, in welchem er im Zusammenhalte
der beiden ihm vermittelten Bescheide vom 13. Februar und vom
17. Juni die Aufrage stellte, ob sein Stück innerhalb der jetzt
laufenden Saison, also über den proponirten Zeitpunkt der zu
erwartenden „Constellation“ hinaus, angenommen sei oder nicht.
Auf dieses Schreiben vom 1. September erfolgte die ablehnend#
Antwort am 2. September d. J.
Es ist nicht unsere Absicht, für das Dram
„Der Schleier der Beatrice“ von Arthur Schnitzle
Partei zu ergreifen. Wir stellen die Qualitäten diese
Werkes in dem vorliegenden Falle gänzlich außer Discussion un¬
lassen ebenso die allenfalls naheliegende Frage unerörtert, ob en
Stück von Arthur=Schnitzler nicht auch dann einen gewissen An¬
spruch darauf hat, der Oeffentlichkeit und der Kritik im Verlauf
zweier Jahre vorgeführt zu werden, wenn es (error possibilig
der Meinung des Directors zufolge zweifelhafte Erfolgaussichtet
besitzt. „Wir versagen uns gleichfalls, darauf hinzuweisen, daf
keineswegs alle am Burgtheater in der letzten Zeit gespielten Stück¬
jene Hoffnungen erfüllten, die den Director zu ihrer Aufführung
bestimmten.
Wir erheben hier demnach weder auf die bisherigen Be¬
ziehungen des Verfassers zum Burgtheater gestützte, noch mit
den künstlerischen Eigenschaften des abgelehnien Werkes moti¬

hirte Einsprache gegen die Zuruckweisung des „Schleiers der
Beatrice". Denn wir sind weit davon entfernt,
dem Director des Burgtheaters das Recht
Stücke anzunehmen oder abzulehnen, das er
kraft seiner persönlichen Verantwortlichs
keit zweifellos und unantastbar besitzt,
irgendwie schmälern zu wollen.
Allein jeder Schriftsteller, wie viel oder wie wenig er
immer nur bedeute, hat den ebenso zweifellosen und unantast¬
baren Anspruch darauf, daß dieses Recht gegen ihn und seine
Werke, seien sie nun gut oder mißlungen, in einer Weise ge¬
handhabt werde, die jede Willkür, Schädigung und nach¬
theilige Unklarheit ausschließt.
In dem Falle, der uns beschäftigt, hat der Director des
Burgtheaters unserer Meinung nach durch sein Verfahren dem
Autor in einer unstatthaften Weise begegnet, und gegen dieses
Verfahren sehen wir uns um so dri gender genöthigt, Protest
einzulegen, als nach den heute am Burgtheater
geltenden amtlichen Bestimmungen die dra¬
matischen Schriftsteller jeder wie immer ge¬
arteten directorialen Entscheidung wehr¬
los gegenüberstehen.
Das Unstatthafte dieses Verfahrens besteht zunächst darin,
daß Herr Director Schlenther durch seine Zuschrift vom
13. Februar Herrn Arthur Schnitzler in den festen Glauben
versetzte, der Annahme seines Stückes stünden keine sachlichen
Gründe mehr im, Wige,
Das Unstatthafte dieses Verfahrens besteht weiter darin,
daß der Director des Burgtheaters trotz seines hier ange¬
führten Schreibens vom 13. Februar den Autor vier Monate
lang ohne jede Antwort gelassen und es vermieden hat, eine
wiederholt angesuchte, die schwebende Angelegenheid betreffende
Unterredung herbeizuführen.
Das Unstaithafte dieses Verfahrens besteht ferner darin,
daß Herr Director Dr. Schleuther den Autor erst am 16. Juni
mit seinen so völlig veränderten Absichten überraschte, und
endlich spricht sich das Unstatthafte dieses Verfahrens darin
aus, daß Herr Director Dr. Schlenther auf die Anfrage des
Autors vom 1. September nicht nur den von ihm selbst als
möglich bezeichneten Termin, Frühjahr 1901, fallen ließ, son¬
dern auch für die ganze, ihm vom Autor freigestellte Saison
einen Termin verweigerte und schließlich das Stück mit dieser
einzigen Begründung abwies.
Mit Rücksicht darauf, daß der Director des Burgtheaters
in seinem Briefe vom 13. Februar d. J. das Erstaufführnggs¬
recht für den „Schleier der Beatrice“ verlangte und spontan er¬
klärte, nur das Burgtheater könne dieses Stück
spielen; mit Rücksicht darauf, daß sich aus diesen und den