II, Theaterstücke 14, Der Schleier der Beatrice. Schauspiel in fünf Akten (Shawl), Seite 33


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erklären, daß „Der Schleier der Veatrice“ von mir nie „angenommen“;
worden ist und daß er erst „abgelehnt“ werden mußte, als mich Arthu#ss.
Schnitzler vor eine unerfüllbare Bedingung stellte.
Ich dußere mich zunächst zur vermeintlichen „Annahme“. Artfür das
Schnitzler hat den sechs protestirenden Collegen einen Brief zur Ver¬ den
Abol öffentlichung überlassen, den ich ihm am 13. Februar schrieb. Der
Abo vertrauliche, freundschaftliche Charakter dieser Zeilen tritt ebenso deutlich
in der Form hervor, wie ihr zurückhaltender, völlig unverbindlicher; die
Charakter im Inhalt. Hätte ich geahnt, daß dieses Briefchen je Fasten¬
Inl Licht der Oeffentlichkeit erblicken würde, so würe ich dem weisen Rathe jug")
jenes jungen Mannes aus Schnitzler's „Liebelei gefolgt, dey den eben
Wol
Freund nach der Entdeckung seiner Liebesbriefe warnt: „Ich sahz
ingen
des
immer, man soll nicht Briefe schreiben.“ Die Methode des vertraulichen
Privatverkehrs zwischen Antor unb Theaterdirector, die so oft beiden T#eile
We
Nutzen schuf und schaffen wird, ist hier eider einmal gescheitert. Und
seits ist gerade aus meinen nun veröffemlichten Zeilen vom 13. Fe¬
bruar klar ersichtlich, wie weit ich damals noch von dem Eutschluß zur
Annahine des Stückes entfernt war; ich spreche von einer „ersten
flüchtigen Durcharbeitung“; ich äußere Bedenken gegen meine eigenen?
Kürzungsversuche; die Besetzungsfrage erregt bei mir ebenso starke
Zweifel wie beim Antor; ich spreche von der „Riesenaufgabe“, der nir
selbst das gegenwärtige, hauptsächlich auf
modern=realistische Stücke
gerichiete Kunstpersonal eines allerersten Privattheaters nicht gewachsen
schien, und verstehe darunter die ungewöhnlich
mühsame,

kostspielige und zeitraubende Vorbereitung zur Aufführung gerade dieses
Stückes. Alle Bedenken steigerten sich, als ich nach einer zweckmäßigen
Pause im April nochmals an das Studium des Werkes ging. Und sie
steigerten sich bei einer dritten Durchsicht im Juni erst recht. Darauf
schrieb ich
am 17. Juni an Arthur Schnitzler, der bi
dahin nicht den geringsten Grund hatte, die Annahme des
Stückes für gesichert zu halten.
gern ich dem Bei piel
der sechs protestirenden Herren Collegen folgen und die Qualitäten
des neuen Schnitzler'schen Werkes außer Discussion stellen möchte,
so bin ich zur Begründung meines Zögerns doch genöthigt, hierauf ein¬
zugehen. Dem Urtheil einer Bühnendirection bieten sich wie dem Urtheil
der Kritik drei Kategorien von Stücken dar: Bei den einen steht die
Unannehmbarkeit von vornherein fest; es sind weitaus die meisten. Bei
den anderen steht die Annehmbarkeit von vornherein fest;
es sind die
wenigen. Bei
der driten Kategorie kann man zweifeln und
das
Urtheil kann
und wird nich
#ur bei der Gesammt¬
heit der Leser,
sondern auch beim Einzelnen schwanken.
Zu dieser dritten Kategorie scheint mir „Der Schleier der Beatrice“ zu
gehören. Was mich an dem Stücke immer stürker zweifeln ließ, geht aus
meinem Briefe vom 17. Juni klar hervor, dort heißt es unter Anderem:
„Ich habe mich dieser Tage noch einmal sehr genau mit dem Stück,
seiner Personenfülle und seinen scenischen Schwierigkeiten, seinen
feinen poetischen Reizen
und seinen herben Zumuthungen an
die
Folgsamkeit des Zuschauers beschäftigt
mir das
Bühnenbild, das im Burgtheater geboten werden könnte,
möglichst klar vor Augen gestellt.
Und ich bin Ihnen nun
das ehrliche Geständniß schuldig, daß meine Heffnungen auf einen
Bühnenerfolg mit jedem neuen Studium immer mehr sinken. Nur weil
mir diese Ueberzeugung sehr gegen das Herz geht, habeich nicht das Herz
gehabt, sie Ihnen früher offen auszusrrechen; nur darum habe ich von
Zeit zu Zeit mich immer wieder Ihrer ernsten und sozusaen feierlichen
Arbeit genähert, tets mit dem besten Willen, mich nicht in meinen
Zweifeln, sondern in meinen Hoffnungen zu stärken. Luder aver ist
das genaue Gegenthei.
der Fall. Das Stück und
seine
dramatische Wirkung rückt mir ferner, und ich mochte fast
prophezeien, daß Sie nach Jahren, wenn Sie vom jüngeren
Werken wieder darauf zurückkommen, dieselbe Erfahrung machen
werden... Im „Schleier“ zersplittert unn zerstreut sich das Interesse!
an dem Dualismus der beiden Contrastfiguren, Dichter und Fürst,
weil diese Beiden zu wenig lebendig werden. Sie sind Begriffe, aus
dem theoretischen Contrast geboren. Damit aber ist dem Drama das
Rückgrat gebrochen und das, wovon ein Bühnenerfolg leben könnte,
liegt im Reiz der Details. Sie wissen, daß dies auf dem Theater
eher schädigend als förderlich
ist. Die Details waren
die mich Anfangs beim Lesen fesselten.
e
öfter
aber diesen Schleier lüftete, desto mehr mußte ich an den Hauptpunkt
gelangen. Und hier wüchsen denn die Zweifel und Bedenken bis zu
einer festen Ueberzeugung. Hieraus geht, wie aus allen anderen
Briefen, die zwischen Arthur Schnitzler und mir gewechselt worden sind,
hervor daß die Annahme des Stückes nicht erfolgt war und der Auf¬
schub sich lediglich aus dem leider vergeblichen Bemühen erklärt, durch
wiederholtes Studium des Stückes zureichende Gründe für seine An¬
nahme zu finden.
Ich äußere mich nun zur nothgedrungenen „Ablehnung“ des
Stückes. In seinem Briefe vom 1. September schreibt nir Arthur
###.
au
Schnitzler:
.. . . Nehmen Sie, velehrtester Herr Director, dieses Stück
an oder weisen Sie es zurück? Ich bitte um ein Ja oder Nein. Unter
„Ja“ verstehe ich die bindende Zusicherung eines Termines im Verlaufe
der soeben beginnenden Saison mit der Bedeutung eines Wortes von
Mann zu Mann. Alles Andere gilt mir als „Nein“.
Hierauf
konnte ich, wie die „Consteilation“ des Burgtheaters dem Schnitzler'schen!
Stücke gegenüber lag, meinem Antwortschreiben vom 2. September nur
folgenden Schluß geben: „Wenn Sie mich nun vor ein lategorisches
# „„ Man“ sellen 1o hin ich it der Consequenz meinec letzten
Briefes (vom 17. Juni) genöthigt, „Nein“ zu sagen, denn die von
Ihnen gewünschte bindende Zusicherung eines Termines im Verlauses1
der soeben beginnenden Saison zu geben, hin ich außer Stande.“
Was die von mir ursprünglich gestellte Grundbedingung der
allerersten Aufführung befrifft, so hat Artdur Schnitzler im Schreiben
vom 13. Februar darau seinerseits die Bedingung geknüpft, daß der!
—10
Aufführungsterminein irgend einer Weise festgestellt werde. Das schu#e
und wollte ich diesem Stück gegenüber nicht zusichern. So blieb die
Unterhandlung, wie beiden Theilen jederzeit bewußt sein mußte, in der
Schwebe, bis das Schreiben, womit Arthur Schnitzler am 1. Sep¬
tember auf meinen Brief vom 17. Juni antwortete, die Entscheidung
gebracht hat.
Wien, 14. September. 1900.
R
Telefon 12801.
1 Alex. Weigl’s Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Ausschnitt
105
JOSSERVEN N. 90
I. österr. behördl. conc. Fireau für Zeitungsberichte u. Personalnacbrichten
Wien, IX. Türkenstrasse 17.
Filiale in Budapest: „Figyelö“.
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Ausschnitt aus: uthler
von 4% 7000
AAus Wien telegraphirt man uns: Auf die Gegen¬
Exklärung Schlenthers erläßt heute Arthur Schnitzler
eine Erklärung, in welcher er hervorhebt, daß er nach
dem Februar=Briefe die Annahme des „Schleier der
Beatrike“ für vollkommen gesichert #lten mußte.
Der in der Angelegenheit
Schlenther¬
Schnitzler mehrfach erwähnte, dem Inhalt nach
auch schon bekannte Brief des Burgtheater=Directors
Herrn Dr. Schlenther an Dr. Arthur Schnitzler über
die Aufführung des Renaissance=Dramas „Der
S
Schleier der Beatrice“ in Berlin hat folgenden
Wortlaut:
„Lieber Dr. Schnitzler! Anbei das Resultat meiner heiweire
Für
ersten flüchtigen Durcharbeitung. Nicht alle meine Striche
100
sind mir selbst schon zweifelsohne. Am strittigsten wohl Porto
200
die Weglassung des Andrea. Freundschaftlich warnen Pahlbar
500
Voraus.
möchte ich Sie vor dem „Denttschen Theater“ das bei
„ 1000
seinem jetzigen Personal, ohne Kainz und Sorma, der
Riesenaufgabe nicht gewachsen ist. Uebrigens würde ichle ist das
Im
die Erstaufführung am Burgtheater zur Vorbedingunght es den
Abonnemel der Annahme machen. Ich glaube, nur das Börgtheater st.
Abonnentel kann dieses Stück spielen. In Berlin allenfalls die Hof¬
bühne. Filippo Christians, Herzog Matkowsky, Beatricejaltend die
Der Poppe. Unsere relativ beste Beatrice wäre dach wohl orgen¬
Inhaltsan; Fräulein Witt. Mit herzlichem Gruß 2c. 2c.“
r Zeitung“)
blätter (Tagesjournale ausser „Neue rreie ##esee
wodurch eine Uebersicht über das gesammte politische und wirthschaftliche Leben
des In- und Auslandes in drastischer Kürze geboten wird. Diese Mittheilungen
werden in Wien um 9 Uhr Früh verschickt.
Prospecte gratis und franco.