II, Theaterstücke 14, Der Schleier der Beatrice. Schauspiel in fünf Akten (Shawl), Seite 127

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14. Der Schleiender eatrige
loge gesessen, wehe thun wollte; und das ist’s, was man dem
Burgtheaterdirector eigentlich verübeln könnte. Aber Herr Schnitzler
verstand nicht. Als er kategorisch zu werden begann, musste ihm
endlich mit einem kategorischen Nein geantwortet werden. Schon
der erste Brief des Herrn Schlenther hatte ihm einen geeigneten Vor¬
wand geliefert, auf eine Aufführung freiwillig zu verzichten; nach dem
letzten musste er's unfreiwillig thun, Die „Affaires hat natürlich zahl¬
reiche andere vAffairene im Gefolge, und die Blätter, deren Kritiker
den Protest unterzeichnet haben, sind eifrig auf der Suche nach miss¬
handelten Burgtheaterautoren. So muss sich jetzt Arthur Schnitzler
die Gesellschaft des J. Herzog, Eigenthümers der „Montagsrevue“ und
Verfassers mehrerer eingereichter Stücke, gefallen lassen. Aber wahrlich,
wenn die Theaterdirectoren keine anderen Verbrechen gegen die
Literaturentwicklung begehen, als dass sie Herrn Herzog unterdrücken,
so haben wir uns nicht zu beklagen. Wie viel hat schon Herr Herzog
unterdrückt! Nicht jeder muss für die Bühne schreiben, und Schweig¬
gelder lassen sich noch immer leichter als Tantièmen verdienen. Oder
gehört am Ende Herr Herzog zu den vnoch nicht beglaubigten
Talenten? Die sechs Recensenten mögen nur den nächstbesten
Börsencomptoirsinhaber fragen, ob er Herrn Herzog nicht kennt! Das
letzte Bulletin vom Kriegsschauplatz lautet übrigens: „Gedeftetl..
Den greulichsten Katzenjammer soll Herr Speidel haben. Er erklärt,
überrumpelt und dupiert worden zu sein, schwört, nie wieder für ein
verletztes Autorrecht einzutreten, und die sorgende Gattin, die bei¬
zeiten vor dem Unterschreiben gewarnt „hatte, hat alle Mühe, den

fassungslosen Führer der Wiener Kritik zu trösten. Er ist so sehr gegen
alle schon beglaubigten und noch nicht beglaubigten Talente aufge¬
bracht, dass er neulich nicht einmal den Besuch des Herrn Schnitzler
empfangen wollte. Auch über J. J. David, der als stiller Dichter sich
übel genug unter den Protestlern ausnahm, sind die Tage der Reue ge¬
kommen, Beide empfinden es als besonders hart, mit den Bauer und Salten
auf einer Liste zu stehen, ohne- durch die Nachbarschaft der Herren
Hevesi und Kalbeck entschädigt zu sein. Herr Kalbeck war in den
ereignisvollen Tagen, in denen ein Stück des Herrn Schnitzler nicht
angenommen wurde, nicht in Wien; vertritt als Kritiker übrigens auch
eigene Interessen besser als fremde. Herr Hevesi wollte unter¬
zeichnen; aber der Chebredacteur des „Fremdenblatt“, das bekanntlich
auch die Theaterzettel der Hoftheater druckt, hat’s ihm nicht erlaubt.
Herr Dr. Robert Hirschfeld bereut nichts, Sein Hass gegen Schlenther
ist noch immer die weitaus überwiegende seiner Empfindungen. Auch
bei Herrn Bahr hat sich nichts geändert; ihm ist die Sache, für die
er sich eingesetzt hat, nach wie vor „Wurstr, und eine gute Gelegen¬
heit, von sich reden zu machen, war’s immerhin.
Schülerin des Projessors Stein in Beru. Ihre Darlegungen kann
ich nicht zum Abdruck bringen, so sehr ich auch die Meinung theile.
Gewiss ist es unerträglich, dass der Breitschwätzer Stein die Banalitäten,
die er als oseine Philosophies bezeichnet, der Lehre Nietzsches ent¬