II, Theaterstücke 14, Der Schleier der Beatrice. Schauspiel in fünf Akten (Shawl), Seite 207

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14. Der Schleier-der Beatrige
8
55 10. Jahrgang.
700
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Zeitung“.
(Neue Bonner Zeitung)
zur Hand und grub aus den alten vergilbten Blättern
die heutige Nummer um¬
in die Brust. Besser tot, als jetzt noch weiter leben
Menschenschicksale heraus. Das
ließ,
ist der Unterschied
in Schmach und Schande. Darum hat er's gethan.
iten.
zwischen den beiden Dramen, die zufällig in einem Jahre
Treu
Und neben dem Dichter sinkt das schöne Kind entseelt
entstanden sind und Ort und Zeit gemeinsam haben.
—.—
zu Boden
Eine andere Gemeinsamkeit existiert nicht zwischen beiden.
die 2
Neue Dramen.
Mit und neben dieser Handlung laufen mehrere
Wenn man Schnitzlers Werk zu Ende gelesen hat, so
poten
andere, die teils zur Charakterisierung der Pexsonen
ist einem etwa zu Mute, als erwache man aus einem
den 2
Die Zwillingsschwester. —
dienen, teils das Kulturbild vervollständigen sollendas
dumpfen und wüsten Traum. Ein ganzes Zeitalter
ohne
: Der Schleier der Beatrice.
der Dichter von dem Bologna des 16. Jahrhünperrs
voller Pracht und Herrlichkeit, voller Ausschweifung und
Verb
giebt. Der Titel, den Schnitzler für das Drama ge¬
nun schon eine stattliche Zahl von
Grausamkeit ist an einem vorübergezogen, schattenartig
Geme
wählt, ist wohl mehr symbolisch, als wörtlich zu nehmen;
seitdem unser junges und jüngstes
und blitzschnell, von mächtiger Wirkung und doch auch
erfolg
denn die Schleier=Geschichte ist an sich ohne Belang.
Sturmfahne der Revolution in der Lit¬
wieder ohne dauernden Eindruck. Aehnliche Effekte
Dank
Dagegen liegt es auf der Hauptfigur des Dramas selbst
P0
bringen vielleicht die Bilder Pilotys oder des älteren
und kurzer Hand allem Bestehenden die
wie ein duftiger Schleier. Halb Kind, halb Jungfrau,
der
at. Das Schlachtfeld, wo einst Conrad
Kaulbach in der Münchener Pinakothek hervor; denn
so erscheint Beatrice unseren Blicken. Sie sündigt nicht, #
auch diese sind Farbenkompositionen, großartig entworfen,
e die Löwen kämpften und der wackere
und sie ist doch eine Sünderin in den Augen der ##
riesig geschickt gemacht, aber doch ohne wirkliche Seele.
Todeswunde im Herzen zusammenbrach,
Menge; sie möchte nur Liebe geben, und sie giebt den
rKämpen gereinigt, und die Friedens¬
Schnitzler greift mit seinem Werke in die Zeit des Cesare
Tod; sie möchte rein bleiben, und man bewirft sie migg
er mild über Gerechte und Ungerechte.
Borgia; er schildert dessen Belagerung der Stadt Bo¬
Schmutz:
logna und stellt auf diesem Hintergrunde das Leben
sich der Umschwung von wilder Raserei
Anschauungen im deuischen Drama
am Hofe des Herzogs Lionardo Bentivoglio dar.
des K
Und warum war ich auserseh'n von allen,
n grellen Naturalismus zu Ende der
und 1
Im Mittelpunkt der gewitterschwülen Handlung steht
So vielen Leid zu bringen, und weiß doch:
fang der 90er Jahre ist nur noch wenig
ein 16jähriges Mädchen, Beatrice, die Tochter eines
des P
Ich wollte keinem Böses.
bolognesischen Wappenschneiders. Sie ist schön und an¬
zu sehen; die Waldschratts und Nickel¬
mit di
Gewiß, sie wollte keinem Böses; ihre Sünde war
ihrem Märchenzauber dazwischen ge¬
mutig, und weil Schönheit und Anmut die Dichter von
erben
ihre Schönheit, ihr Verderben war ihr zartes, kindliches
jeher begeistert haben, so verliebt sich der Dichter Filippo
ihn weggesegt, und heute sucht jeder
Prinzi
Herz. Unerständlich bleibt nur, warum gerade ein
Loschi in sie. Bei einem Stelldichein in seinem Garten
er sich nach eigenem Gutdünken den
lich er
solches elfenhaftes Wesen von Schnitzler in den Mittel¬
erzählt das Kind ihm eine merkwürdige Geschichte. Sie
seine
er bearbeiten will. Eine eigentliche
punkt einer leidenschaftlichen Zeitepoche gestellt wurde.
habe geträumt, der Herzeg von Bentivoglio sei selbst zu
gar nicht mehr. Hauptmann, der
Vater
Sie repräsentiert nichts — höchstens ist sie symbolisch
ihr gekommen, habe sie auf die Stirne geküßt und
schafft für sich mutterseelenallein, bald
dieser
für das Schünheitsempfinden der Renaissance=Menschen.
Tragödie und hald ein Traumstück,
ung h
seiner Gattin gemacht. Filippo ist entsetzt über das
Aber auch dieses hatte andere, stärkere Ideale, und so
in das biblische Zeitalter zurück und
Gehörte. Er war der Hoffnung gewesen, ein reines
Mong
erscheint uns die Figur wie eine fremde, schöne Blume,
ächsten Augenblicke seine Phantasie am
Kind zu besitzen, und sieht in ihr nun nichts anderes als
revolu
die in fremde Erde gebracht wurde und dort zu Grunde
ischen Heimat, und Halbe, der Schöpfer
werdei
in den anderen Mädchen, die vorher seinen Weg ge¬
geht. Wus Schnitzler sonst noch bietet, ist, wie erwähnt,
kreuzt. Aber das Seltsamste kommt erst. Der Traum
t mit leerem Griff in das Zeitalter der
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zumteil fesselnd und belehrend, zumteil aber auch be¬
Beatricens geht wirklich in Erfüllung. Bei einem nächt¬
herabr
dann wieder ein neuzeitiges Känstler¬
Eleidigend und — langweilig. Der große dichterische
Die
lichen Gang durch die von Borgia hart bedrängte Stadt
darzustellen. So geht jeder seine
Entwurf überstieg seine Kräfte, und so sehen wir
Graf
gewahrt der Herzog die Schöne, und da sie ihm als
Pohin sie führen, weiß niemand, und
schließlich statt eines Riesengemäldes nichts als Schatten¬
Gesang
Geliebte nicht folgen will, macht er sie noch in derselben
es vorbehalten, den Sieger mit dem
bilder, die sich jagen und vorübertollen eine wilde
ken.
den
Stunde zu seiner Gemahlin. Hier setzt das Romantische
Phantasmagorie, von der man sich gerne frei macht, wie
entwich
und Unwahrscheinliche des Dramas ein. Der Bentivoglio
en, die in den Kämpfen und Wirren
von einem quälenden, düsteren Traum.
läßt „alles, was schön ist“, zu seiner Hochzeit laden, und
Panin
Witteratur sich fast immer treu geblieben
während Bolognas Frauen und Männer in den herzog¬
sächlich
Fuldg. Mit klarem Auge hat er er¬
lichen Gärten sich bachanalischen Freuden hingeben, ent¬
u
lem Gebiete seine Begabung liegt und
Die Ermordung Kaiser Pauls I.
fernt sich Beatrice von der Seite ihres jungen Gatten
er zu meiden hat. Er, der liebens¬
(23./24. März 1801.)
m
und eilt zu ihrem einstigen Geliebten, dem Dichter Loschi.
und hervorragende Reimkünstler,
Sie hat's ihm ja versprochen:
gele
Dr. H-n.-Bonn. Ein unheimlich packendes Bild, diese Mord¬
daß ihm tiefe Leidenschaften zu
des T
rNatur versagt war, daß er seine
nacht vom 11./12. (23/24.) März 1801! Ein Gemälde von
Fühl' ich, daß ich nicht sein kann ohne Dich,
Abe
Und
onntagskleidern und nicht in Werktags¬
Wahnsinn, Haß und Rache, in dessen Rembrandtschem Hell¬
b’ zu sterben Lust, so komm' ich wieder,
verban
hne stellen durfte. Nur ein einziges
dunkel nut eine Gestalt mit milderen Zügen erscheint:
Und nehm' Dich mit
die zur
Sohn, der zwar seinen Vater vom Throne stoßen
über sich selbst getäuscht, als er im
Warum die junge Herzogin eigentlich sterben will, er¬
res Problem zu lösen versuchte. Das
gegenze
ft, aber doch bei den Mördern weichherzig darum
fährt man nicht; müde sei sie, berichtet sie selbst Aber
#tet, ihm wenigstens das Leben zu erhalten.
Pahlen
ß sein Stück Fiasco machte, und seit¬
Loschi kennt sie besser. Er weiß, daß dieses Kind gar
Inmitt¬
Besinnung gekommen. Er schmiedet
de- Mate gouver
keinen Begriff vom Tode hat, ebenso wenig wie vomder große
süße, glockenhelle Reime, aus denen
Leben. Die Probe beweist es auch. Er läßt sie Wein jdie Schöp
ühlingsbiumen zu wehen scheit, und
trinken, und redet ihr ein, daß es Gift war, was sie Bau mit
wieder beschieden. Sein=Ineuestes
getrunken. Entsetzt schreit Veatrice auf. Sie will niche Draußen
irringsschwestercst son ein
sterben nein sichwill nscht sterbeusonicht, serbarsich Bestionen
A
Frühlingsblumenduft und Lenzsonnen¬
würdige Nichl
den Wälle
So