II, Theaterstücke 14, Der Schleier der Beatrice. Schauspiel in fünf Akten (Shawl), Seite 211

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14. Der Schleierder Beatrige
Anfang an verneinende, eine Zusammenfassung! Grün, und in der Stille des starrenden Wal= kenden befand sich das un dieser Stelle schon öfters
aller Erfahrungen, aus denen die Nichtigkeit des ein Gezwitscher, das wie ein fröhliches
lobend erwähnte Reinowitzer Richard Wagner=Orchester,
der Daseinsfreude hervorgeht, eine orgiastische Signal in die melancholische Welt hineintönte.
sowie der herzogl. altenburgische Hofoperntenor Herr
Enttäuschung, in die kein Lichtstrahl des Hof= Irgend ein Singvogel hat es auf das Licht
Klar=Müller (ein Gablonzer). Letzterer sang
fens mehr eindringt, eine überaus geist= hin gewagt, und grüßt heimkehrend die Wärme,
Mozart's Concert=Arie, Schumann's „Hidalgo“,
volle, aber frostige Auflösung aller berau= die da kommen muß. Das kalte Licht darf uns
Sommers „Drei Jungfräulein“ und mit der Ver¬
schenden Vorstellungen in Ekel und Nihi= nicht schrecken — die Sehnsucht ist zugleich eine
einssopranistin Frl. Emilie Scholze eine Scene
lismus. Wohl schwebt dem Dichter ein
Botschaft, die Wärme ist schon da, wenn man
aus „Lohengrin“, welche Vorträge stürmischen Beifall
Schluß vor, der ähnlich jenem der Grillparzer¬
sie begehrt
— nur Geduld! Er wird doch
fanden. Der „Sängerbund“ brachte Kremser's sechs
schen „Jüdin von Toledo“ von der Verzweiflung
kommen
der erste Frühling dieses Jahr¬
altniederländische Volkslieder, das vom Chormeister
der Sinnlichkeit, zum opferwilligen Heroenthum
hunderts.
Alfred Klaar.
Herrn A. H. Mai componierte „Mein Lied“ und
hinüberleiten soll. Aber da versagt die Kraft
die Schlußsätze aus dem in Oesterreich noch nicht auf¬
und muß versagen; denn während bei Grill¬
geführten Oratorium „Die Zerstörung Jerusalems“.
Theater-, Mustk- und Kunstnach¬
parzer der Begierdentolle ein Gefühl davon
von Klughard. Besonders in diesem Fragmente kamen
hat, sich selbst zu verlieren, liegt hier der
richten.
sowohl die Solisten als auch der Männer= und
Schwerpunct des Ichbewußtseins in der Be¬
x. Neues deutsches Theater. In der
Frauenchor zur Geltung. Den Titus sang Herr Hof¬
gierde, deren Berechtigung gar keinem Zweifel
Sonntag, den 7. d. stattfindenden Abschiedsvorstel¬
opernsänger Klar=Müller. Das Werk fand begeisterte
zu unterliegen scheint, und deren unerreichbare
lung von Adolf Sonnenthal („Fromont jun,
Aufnahme. Das Richard Wagner=Orchester brachte
Befriedigung den ganzen Strebensinhalt der
und Risler sen.“) sind die Hauptrollen folgender¬
wie immer seltener gehörte Tonstücke, so die Ouver¬
Menschen, das ganze tragische Problem des
maßen besetzt: Risler ven. — Adolf Sonnenthal,
ture zu „Iphigenie in Aulls“, Griegs „Frühling“
Dramas ausmacht. In der Nichtigkeit des über¬
Franz Risler — Herrmann Jahn, Fromont jun. —
und das „Menuett“ von Boccherini. Den Abschluß
reizten Verlangens, an dem die philosophisch
Wilhelm von Wymetal, Delobelle — Erich Schmidt,
des Concertes bildete das Vorspiel zur „Rose von
überfeinerte Blasirtheit scheitert, vergeht auch
Chebe — Moritz Zeisler, Planus — Ludwig
Pontevedra“ und eine Scene aus dem „Liebesmahl
der Held mit all seinem Fühlen und Denken
Seipp, Sidonie — Johanna Buska, Ciaire — Marie
der Apostel“ von Richard Wagner. Der Chormeister
sein Aufruf zu Heldenthaten ist ein rau¬
Immisch, Desirée — Emma Metz, Mad. Chebe —
Herr A. H. Mai hat sich durch dieses Concert die
schendes Finale ohne inneren Zusammenhang
Marie Corbach, Regie Alfred Reucker. — In dem
hiesigen Kunstfreunde besonders zu Dunke verpflichtet.
mit seiner Natur, man glaubt nicht an diesen
am Montag, den 8. d. zur Aufführung gelangenden
* Theater= und Musiknachrichten. Die
Anatol in der Rüstung des Achilles..
„Mikado“ sind beschäftigt die Damen: Förstel (Yum¬
„Elekira“ von Galdos, deren Aufführung in Madrid
Es ist seltsam, wie Natur und Geistes¬
Dum), Bardi (Pitti=Sing), Reich (Peep=Bo), Cornelly
bekanntlich den ersten Anlaß zum Ausbruch der anti¬
stimmungen manchmal in uns zur Einheit ver¬
(Kathisha), die Herren: Tantenhayn (Mikado),
clericalen Demonstrationen gab, ist zur Aufführung
schmelzen können. Während ich mich in der
Pauli (Nanki Po), Bauer (Ko Ko), Löwe (Pooh¬
im Wiener Deutschen Volkstheater für den
matterleuchteten Gasthausstube von Buckow in
Bah), Haydter (Pisb-Tush), Regie Hans Herzka,
4. Mai angesetzt. Die Rollen sind bereits vertheilt,
diese Schnitzler'sche Tragödie der Blasirtheit
Dirigent Josef Manas.
und die Proben beginnen nach Ostern. Es ist be¬
versenkte, hatte ich das Gefühl, als wirkte die
** Deutsches Landestheater. Als XLV.
merkenswerth, daß die Censur das Stück zur Auf¬
schönbeleuchtete, farbige, aber von frostigen
volksth. Vorstellung zu ermäßigten Preisen geht am
führung in Wien zuließ. Ob Aenderungen vorgeschrie¬
Winden durchhauchte Landschaft in mir nach,
Sonntag, den 7. d. Karl Weis' Oper „Der polnische
ben sind, ist nicht bekannt. — Das Berliner Luisen¬
und als lebte ich in der Stube, in der der
Jude“ in Scene. Am Ostermontag gelangt Paul
theater frischte die zehn Jahre alte Posse „Talmi“.
eiserne Herd bald erkaltete, noch einmal den
Lindaus Lustspiel „Die beiden Leonoren“ mit den
von M. Schlesinger und L. H##mann auf. Das
Vorfrühling mit, der so viel vom Herbst an
Damen: Immisch, Urfus, Corboch, Klein, und den
harmlos=heitere, in der Tendenz gesunde Volksstück
sich zu haben schien, den Kampf um das
Herren Zeisler, Seipp, Wymetal, Stiewe, Richter,
erzielte eine freundliche Aufnahme. — „Ostern“,
Werden und Wachsen, dem die Sonne zulächelt
Roland, Grauert, Mande, Inza als XIVI. volksth.
das jüngst auch in Deutschland aufgeführte Schau¬
und das sich zaghaft vor den rauhen Wind¬
Vorstellung zur Aufführung. Die Tagescassa ist heute
spiel des schwedischen Dichters August Strinde
strömungen zurückzieht. Es ist eine Fülle fein¬
von 9—12 Uhr geöffnet.
berg, ist vorgestern in der Hauptstadt Schwedens
ster Beobachtungen in dieser Schnitzler'schen
Gastspiel Tautenhayn. Aus Linz wird
mit von Act zu Aet stärker werdendem Erfolge auf¬
Poesie, ungemein viel Helle und Glanz; die
uns geschrieben: Die Österwoche gah dem Linzer
geführt worden. Als Leonore, die zarte, visionäre
Gedanken differenziren sich so fein wie das
Theaterpublicum Gelegenheit, ein Wiedersehen mit
Weibesgestalt, hat die Braut des Dichters, die junge
Geäste der unbelaubten Bäume und die kahlen
zweien seiner alten Lieblinge zu feiern. Ernst Tau¬
Schauspielerin Harriet Bosse, einen großen künstle¬
entschleierten Triebe schimmern in so ungewöhn¬
tenhayn und Frau absolvirten ein dreima¬
rischen Erfolg errungen. — Eine Neugestaltung der
lichen Farben, wie die nackten Wälder und
liges Gastspiel. Ernst Tautenhayn, der derzeitige
sophokleischen Dichtungen Antigone und
Baumgruppen des verschüchterten Vorfrühlings.
Komiker des Prager deutschen Landestheaters, hat
König Oedipus wurde dem Wiener Jubiläumstheater
Alles in Allem eine Beleuchtung, die in der
sich durch mehrere Jahre in die Herzen der Linzer
von einem Berliner, Herrn Eugen Jagon, einge¬
Zartheit ihrer Nuancen an die besten Nach¬
hineingespielt, u. z. nicht nur in komischen Rollen.
reicht und sofort augenommen. — Die einactige Oper
classiker, zumal an Grillparzer erinnert, aber
sondern auch als chargirter Liebhaber, ja manchmal
Westerhouts „Donna Flor“ fand
keine Wärme, keine neue belebende Kraft,
wagte er auch mit großem Glücke einen Schritt ins
Altonaer Stadttheater trotz sorgfältiger Ein¬
die aus Kampf und Tragik hervordringt, frö¬
Charakterfach: so war sein Karl in Burckhardt's
studirung durch Gille einen nur schwachen Erfolg.
stelnde Erkenntniß, ein eisiger Hauch über der
„'s Katherl“ eine ganz vorzügliche Leistung. Seine
Die classischen Fragmente, die das
Farbenpracht, mit einem Worte: Kaltes Licht!
Frau, damals noch Fräulein Schiner, war die rei¬
„Berliner Theater“ heute Nachmittag in einer Son¬
So hatten Natur und Kunst, die mich da
zende Soubrette unserer Landesbühne, die durch ihre
der=Vorstellung vorführen will, Goethe's („Elpenor“
draußen in der Stille umfingen, mehr von
feine, jeder Uibertreibung fern liegende Darstellung,
und „Satyros“, aber auch „Robert Guiscard“ von
einem Nachwinter, als von einem Vorfrühling.
sewie durch ihre natürliche Grazie sich alle Herzen
Kleist, erscheinen bei diesem Anlaß zum ersten Male
Unter dem Eindruck dieser Schnitzler'schen Tra¬
auf der Bühne.
erobert hat. Jetzt hat sie, wie bekannt, der Bühne
gödie, die mir trotz alledem als das Bedeu¬
entsagt, und nur im Theater des deutschen Dilet¬
** Der Historienmaler V. J. v. d. Forst
tendste erschien, was in diesem Winter in dra¬
tantenvereines in Prag ist sie hie und da aufge¬
ist, wie die Kölnische Zeitung mittheilt, in Herten
matischer Form auf mich einwirkte, trat mir
treten. Das Castspiel des Ehepaares Tautenhayn war
in Westphalen, wo er mit der künstlerischen Aus¬
die Fülle des Gesehenen und Empfundenen
für das Linzer Publicum ein Ereignis. Vier Tage
schmückung der Kirche beschäftigt war, vom Gerüst
noch einmal ins Bewußtsein. Unverkennbar
vorher waren sämmtliche Sitze und Logen des Thea¬
gestürzt und alsbald gestorben. Der Künstler war
flüchtet man aus dem Wirklichkeitscultus, an
ters ausverkauft. Der Empfang der beiden Lieblinge
1864 in Münster geboren.
dem die schöpferische Einbildungskraft zu ver¬
war ein überaus herzlicher, Blumenspenden gab es
armen drohte, wieder in die farbige Phantasie¬
täglich in Hülle und Folle, und am letzten Abende
Aufnahme in die k. k. Landwehr¬
welt hinein, sehnt man sich aus dem ernsten,
mußte Herr Tautenhayn, um das Publicum endlich
Cadettenschule in Wien.
aber kargen Winter, in dem manche Saat unter
zu beruhigen, sich zu einer Abschiedsrede entschließen,
der kühlen Decke keimte, in den Frühlingstraum
Mit Beginn des Schuljahres 1901/1902 werden
in der er versprach so bald als möglich mit seiner
in die Landwehr=Cadettenschule in Wien, welche aus
zurück. Der Horizont der Dichtung wird wieder
Frau wiederzukommen. Das Ehepaar Tautenhayn
drei Jahrgängen besteht, in den 1. Jahrgang beiläufig
weiter und heller, die Fernblicke, die zarten ver¬
trat als Ilona und Schmalzel in der Posse „Heibes
150 Aspiranten ausgenommen werden. In den 2. Jahr¬
schwimmenden Formen, die reicheren Farben,
Blut“, als Lancelot und Alesia in „Die Puppe“ und
gang können nur ausnahmsweise und nur insoweit
die auch ihre ewige Natürlichkeit haben, kommen
Aspiranten aufgenommen werden, als Plätze ver¬
als Margarethe und Vieröckel in der Posse „Ein
wieder zu ihrem Recht
fügbar sind. Eine Aufnahme in den 3. Jahrgang
aber der Winter
armes Mädel“ auf. Da der Andrang zu den Abend¬
findet nicht statt. Die Aufnahmsbedingungen sind
war rauh, der Lenz hat furchtbar zu kämpfen
vorstellungen so groß war, daß Viele nicht befriedigt
I im Allgemeinen folgende: Die österr. Staatsbürger¬
und wir leiden noch unter der Kälte des werden konnten, schob man auch am Mittwoch noch
schaft. Die physische Eignung. Ein in jeder Be¬