II, Theaterstücke 14, Der Schleier der Beatrice. Schauspiel in fünf Akten (Shawl), Seite 297

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14: Der Schleier der Beatrice
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Ausschnitt
Nr. 20
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Ausschnitt aus:
ei Bönsus-ZRiiend
vom: 02 0
Kunst und Wissenschaft.
= Im Deutschen Theater ist gestern Abend
AArthur Schnitzlers fünfactiges Versschauspiel
„Der Schleier der Beatrice“ aufgeführt worden.
Es wurde sehr leut geklatscht und sehr deutlich gezischt.
Und Beides, unseres Erachtens, mit Recht. Die
Klatscher erkannten an, daß auch hinter diesem ver¬
unglückten Werk ein feiner Dichter und ein kluger
Philosoph stand, die Zischer ärgerten sich mit Recht,
daß dieser Philosoph es nöthig fand, um eine kleine,
seine Idee so heroischen Lärm zu schlagen.
Zunächst aber sei der äußerst ungeheuerliche Inhalt des —
Für
50 Stückes ganz aetenmäßig geschildert; der Leser möge —] inelusive
Porto.
100 sich dazu mit Geduld wagnnen. Also: Die Geschichte —
Zahlbar
20 spielt in Bologna so um 1500 herum. Die Stadt wird —
50 gerade von Ceiar Vorgia belagert. Filippo Loschi, —— im Voraus.
" 100 von dem uns erzählt wird, er sei ein hinreißender sschnitte ist das
1 Dichter, ist mit Teresina Fantuzzi verlobt. Da juch steht es den
Abonnere# aber auf einem Volksfest die schöne Beatrice zu ändern.
Nardi kennen lerut, beginnt er mit dieser ein Techtel¬
Abonner
mechtel und läßt die Teresina laufen. Aber auch mit ig enthaltend die
Veatrice dauert es nicht lange; sie erzählt ihm (hier ger Morgen¬
9
begmnt das Stück), sie habe von dem Herzog völl Wiener Zeitung“
Inhalts
Bologna etwas allzu lebhaft geträumt, er wird darüber, wirthschaftliche
blätt
böse und jagt sie fort. Sie geht nach Hause und ver¬
wodure
wird. Diese Mit¬
lobt sich sofort mit dem bedauernswerthen Viktorino.
Leben
Auf dem Wege zur Kirche begegnet dem Brautpaar
theilun
der eben erwähnte Herzog von Bologna. Selbstver¬
ständlich redet der Herzog die Braut, die er noch gar nicht.
kannte, gleich an und bittet sie, sie möge doch einmal
einen Augenblick mit ihm ins Schloß kommen. Die
sittige Braut antwortet: „Nicht zu machen; pur
wenn mich Ew. Durchlaucht heirathen wollen, hätte
ich nichts dagegen.“ Und richtig, der Herzog
erklärt, er werde sie heirathen, sie sinkt ihm:
(er ist bereits Nummer Drei an einem Tage) wonne¬
schauernd in die Arme, und Vittorino bringt in
einer Ecke sich um. Zu der Hochzeit, die noch am
selben Abend stattfindet, lädt der Herzog sämmt¬
liche öffentliche Dirnen Bolognas ein; nicht etwa
aus Selbstironie, das wäre ein dichterischer Zug,
sondern nur damit ein malerisch bewegter vierter
Act zu Stande kommt. Beatrice aber schleicht sich von
diesem Feste weg und kehrt noch einmal zu Nummer
Eins, zu ihrem Filippo, zurück. Der hat unterdessen
ganz friedlich mit zwei anderen Damen poculirt. Als
Beatrice kommt, wird er pathetisch, hält eine längere
Rede über den Werth des Lebens und die Nachtheile
des Sterbens und versucht darauf, einen kleinen Doppel¬
selbstmord zu arrangiren. Dieses Experiment mi߬
lingt aber insofern, als nur er dabei umkommt,
während Beatrice am Leben bleibt. Sie geht
dann in
aller Gemächlichkeit zur Hochzeit
zurück, wo der Herzog sie fragt, wo sie ihren
Schleier gelassen habe. Nach langem Sträuben
will sie ihn dorthin führen, wo der Schleier liegt.
Man begiebt sich in Filippos Gemach, wo es natürlich
zu erregten Scenen kommt. Der Herzog hält viel
schöne Reden und Beatrice wird endlich von ihrem
Bruder Francesco erstochen.
Uff! Und dabei haben wir nur die leitende Handlung
erzählt. Darum herum ranken sich noch zahllose Episoden
politischer oder erotischer Natur; indisserente Neben¬
personen kommen und gehen oder bringen sich um.
Das, worauf es dem Dichter inmitten dieses Wirr¬
warrs ankam, ist das Wesen dieser Beatrice, die
harmlos und auch schuldlos über Leichen wandelt, von einer