II, Theaterstücke 14, Der Schleier der Beatrice. Schauspiel in fünf Akten (Shawl), Seite 456

sren
es hrcheeshreeneenenmechunseerechrnche
oder unmittelbar etwas Großes für viele vollbringt. Die aus¬
tritt wieder zurück gegen das
lichen und geistigen Lebens gegenüberstehen, ein Ausdruck,
erlesene Natur war es, die ihnen vorschwebte, und in der Aus¬
nach Vergeistigung und das leid
vor dem man sich scheute und der doch zum charakteristischen
lese liegt schon das Moment der emporsteigenden Entwicklung.
die Rätsel des Lebens; all das
Naturlaut für Tausende geworden ist. Daß sich zunächst eine
Der dumpfe Naturstand aber, dem sich heute die kultur¬
achtung und Willensverneinung
Gruppe französischer Schriftsteller — mit jener in der Ge¬
müde Dichtung zuwendet, trägt keinen solchen Entwick¬
Unbewußte und der Unterschätzu
schichte oft vorkommenden Selbstpreisgebung, die einen
lungskern in sich. Es ist kein Zurückdrängen in einen neuen
absurd geberden — es ist doch
Schimpf ironisch aufgreift, um ihn in ein stolzes Bekenntnis
Anfang, sondern eine Neigung zum Ursprünglichen, das zu¬
Abwendung von der selbstzufrich
zu verkehren — den Namen der Dekadenten beilegte, ist dabei
gleich Anfang und Ende ist, eine trotzig resignierte Vorliebe für
Zug, der bei aller scheinbaren
nicht das Wesentliche. Das Merkwürdige ist, daß man sich
alles, was im Triebe keimt und untergeht, was unbewußt dem
Höhe weist.
überall von dem Worte getroffen fühlte und mit einem Male
Falle entgegentaumelt. Es ist wiederum ein Faustischer
Das Theater ist diejenige
entdeckte, daß der Zustand längst vorhanden war, ehe das
Drang, der an den Kern des Seins vordringen möchte, aber
der Offentlichkeit die stärkste Ber
typische Wort für ihn geprägt wurde.
ein flügellahmer, der vorgibt, mit der Welt fertig zu sein und
So geht es auch mit einer bedeutenden Anzahl physischer
Bildfläche aus am tiefsten auf d
darum nicht mehr durch die Welt hindurch stürmt, dem die
Krankheiten. Wir haben neue Krankheiten, die wirklich neu
immer charakteristisch für das vol
Träume von Liebesglück, politischer Herrschsucht und antiker
zu sein scheinen, weil sie mit früher unbekannten Bedingun¬
müter. Die drei Stücke nun, die
Schönheit längst erledigt scheinen und dem nichts ferner liegen
gen des Kulturlebens zusammenhängen. Aber wir haben auch
zeit am meisten verwandte Empfin
kann, als der Weisheit letzter Schluß Freiheit und Leben täg¬
solche, die immer da waren, ohne in ihrer Spezialität er¬
die Poesiefreudigkeit die ausgiebig
lich zu erobern und sie dadurch zu genießen. Es ist ein
kannt worden zu sein. Man gab ihnen erst einen Namen,
alle das Zeichen der Dekadenze
Drang, sich in das Unbewußte einzuwühlen, aus dem wir
als man ihr besonderes Wesen entdeckte und sie umgrenzen
Dramen, die ich meine — das
doch nur emporsteigen, um darin unterzutauchen, uns in Bil¬
und unterscheiden konnte. Das gilt vollauf vom geistigen
„Der Schleier der Beat
dern anschaulich zu machen, daß wir mit dem Leben fertig
Zustande der Dekadenze; das Wort würde nicht so lebhaft
„Pelleas und Melisan
aufgegriffen, so sicher und ernsthaft angewendet, denn uns lnd, uns ironisch an unser Mottenschicksal, das hinter allen
in Herkunft, Stit und äußeren 2
die Erscheinungen, die es bezeichnen soll, nicht längst vertraut Bestrebungen geborgen liegt, zu ergötzen und die letzte Illusion
denkbar. Da malt ein Russen
daraus herauszuschlagen, daß wir „uns keine Illusionen
wären
den pastosen Farben seines Vol
machen“.
Können wir das Wort übersetzen? Nicht leicht. Das
Episodenfolge, die sich erst im na
Diese Art der Dekadenze beherrscht selbstverständlich nur
ist ja die schwache Seite aller Sprachreinigung, daß sich mit
zen verbindet, das Elend einer
einen Teil der Literatur. Einem großen Teile der Schaf¬
sdem Worte dort, wo es entsteht und zur Zeit, da es sich ein¬
aus, dort führt uns ein Wiener
fenden, und gerade jenem, der dem Volke in seiner breiten Ent¬
bürgert, ein ganzer Komplex von Merimalen verbindet,
steigerten Lebensdrang der itali#
faltung nahesteht, ist sie ebenso fremd geblieben, wie Millio¬
den die übertragung vergeblich an sich heranzuziehen sucht.
in der sich Fürst und Volk, der
nen von Genießenden. Dennoch will sie scharf ins Auge ge¬
„Verfallen", „herabkommen“, „entartet“
schwelgen, und kann sich in der
gibt das die Vorstellung vom Dekadenten, die uns so rasch
faßt sein: sie zieht magnetisch bedeutende Talente an sich und
Motive nicht genug tun, und in
geläufig wurde? Bei all diesen Zuständen denken wir an eine
sie übt einen außerordentlichen Reiz auf die Jugend, die in
der Halbfranzose Maeterlinck, de
Verwahrlosung, die den Indiviouen oder Gattungen
ihren Wallungen zu Extremen geneigt ist und der man eher
schaffen, in eine Balladenwelt, in
kaum bewußt ist, von ihnen nicht gewollt war und die trotz¬
beikommt, wenn man alles bejaht oder alles verneint, als
realen Voraussetzungen ablösen
dem durch Schwäche, Vernachlässigung oder Zuchtlosigkeit
wenn man ihr das Glück einer Bescheidung in gegebenen Gren¬
Bildern uns die Tragik einer
eingetreten ist. Das stimmt aber nicht für das Dekadente in
zen vor die Sinne rückt. Der Mut der Bejahung ist selten ge¬
Durch diese grundverschieden
unserem geistigen Leben. Das ist vielmehr ein bewußtes
worden, der der Verneinung reißt die Gemüter an sich. Mit
heitlicher Zug, die Versinnlichung
Wegwerfen aller Stützen, die uns aufrecht zu halten scheinen, allem fertig zu sein, ist auch eine Art von Vollendung.
der ganz von selbst, ohne moral
ein freiwilliger Verzicht auf alle Zuversicht, auf alles Fort= Nächst dem Stolze, alles im Leben zu erreichen, gibt es für
führt, der unverkennbare Zug ##
bauen im Zuge der überlieferung, eine Müdigkeit, die mehr die Wallung des Ungeprüften nur den anderen, nichts
Moment im „Nachtasyl“ ist jen
dem überdruß als der Kraftlosigkeit, mehr der Unbefriedi¬
[mehr am Leben zufinden. Es ist der Fiesko=Stolz,
der Herabgekommenste aller Her#
gung als der Unfähigkeit entspringt. Die Wurzel des Wortes
eine Krone wegzuwerfen und dazu ein Rausch der Resignation,
zählt, wie er zum Verschwender,
deutet auf einen Fall, aber, wie wir es gebrauche“, denken
der für den Abgrund schwärmt, in dem alles versinkt, der den
ling und Vagabunden geworden
wir mehr an einen Sprung. Der Dekadente unseres geistigen
letzten Reiz in dem Dunkel findet, das alles in sich schlingt.
dem Refrain: „Warum? —
Lebens gleitet nicht in den Abgrund hinab, weil er, schwächer
Es hat keinen Wert und auch keinen guten Grund, mit
tet. Und dieses Motto „Keine
als die anderen, vom Schwindel erfaßt wird und sich nicht
pedantischer Entrüstung an die Dichtung, die aus solcher Stim¬
den Hauptcharakteren der beiden
auf den Beinen halten kann, nein — er fühlt sich zum Ab¬
mung herauswächst, heranzutreten. Keinen Wert, weil einer
heißblütige Beatrice flatter in #
grund hingezogen, weil das Geheimnis da unten ihm reiz¬
Empfindung, die sich an der Entwertung des Lebens ergötzt,
Treue zu Untreue, vom Liebes
voller dünkt als die sichere Oberfläche des Lebens, die ihm
mit Argumenten nicht beizukommen ist, keinen guten Grund,
leer und unergiebig erscheint.
traume, eine schillernde Libelle, d
weil kein Zug der Gemeinheit in dieser Richtung liegt. Die
alles an ihr ist Trieb und ihr
Das ist, wenn ich mich so ausdrücken darf, eine aktive
Ekstase der Resignation ist dem Idealismus verwandter, als
Melisande, reiner, poetischer, duf
Dekadenze, die sich mit der passiven, die von der Gesellschaft
der kühle Respekt vor dem Gegebenen. Das hergebrachte Nüch¬
tin, selbstvergessene Geliebte, ster
so gerne zugedeckt wird, leidenschaftlich beschäftigt, aber mit
terne, das Konventionelle ist der lebendige Tod, die Form ohne
ihr nicht verwechselt werden darf. Mit einer Art Kultur¬
nung von Schuld und Schicksal
Leben. Die Vorliebe für die Dekadenze sieht wie Todessehn¬
ekel sucht man im Denken und Dichten den gewonnenen
Blumendasein erlöschen. In alle
sucht aus und kann doch nur ein Rückschlag zum Lebensrausche
Formen der Lebensordnung, in die man sich äußerlich wohl
Unbewußten, des Taumels, des 2
werden.
oder übel einfügen muß, zu entkommen. Diese Flucht als
Mächte des Lebens, das willenlo
Jo, noch mehr, in dieser Flucht zum Unheimlichen,
solche ist nicht neu; aber der Wig der Flüchtlinge ist ein
will. Aber merkwürdigerweise
Dunkeln, Sphilizartigen des Lebens, in dieser exaltierten
neuer. Sie enteilen nicht auf die Höhe, von der man über
poetischen Dekadenze im Hinterg
Hingabe an das Verfallene und Verfallende liegt ein neuer
die Interessen und Leidenschaften hinwegblickt, sondern in
mer von Frührot. Maeterlinck, d
Zug der Schwärmerei, die sich auf Umwegen dem Idealismus
die Tiefe, wo die Instinkte zwanglos herrschen. Die über¬
bei dem man sich an einzeine Wo
aufs neue nähert und von der sich zu dem edlen Optimismus,
zeugung, daß wir es durchaus nicht herrlich weit gebracht
muß, läßt aus Tod und Vernich
der durch die Jahrhunderte hindurch auf den Höhen der
haben und daß all das angeblich Große, das wir aus ##m¬
zu Tode gequälte Reinheit als O
Menschheit waltet, eher eine Brücke schlagen läßt, als von den
Naturstande herausbildeten, uns weder weiser noch glücklicher
erwachende Kind in die Hut der
Niederungen der Ernüchterung. In Philosophie, Politik und
gemacht hat, spornt nicht diese Bildung zu überbieten, son¬
retten. Im Beatricendrama
Poesie haben die jungen schwanken Geister, die das Erbteil
dern reizt, zum Anfang zurückzukehren und alles gleichsam
Schwelger, der durch die Wollust
vergangener Tage zu drücken begann, im letzten Menschenalter
in die Wurzel zurückzudrängen, aus der vielleicht ein Neues
wollte, zum lZewußtsein einer
unverkennbar drei Phasen der Entwicklung durchgemacht, die
und Besseres hervorleimt. Darum spricht man von Rückbil¬
über den traumhaften Wechsel der
man an den nachwachsenden Generationen deutlich verfolgen
dung, Verfall, Dekavenze. Die Wurzel aber ist das Unbe¬
Durch das „Nachtasyl“ geht ein
konnte. Noch gegen 1870 hatte der ehrlich überzeugte Libe¬
wußte, der Trieb, das naturnotwendige Wollen, in dem man
ein halb priesterlicher, halb verkon
ralismus, zugleich mit der Begeisterung für die klassische Lite¬
die radikalste Erlösung von allem Herkommen und aller
Schwächen der übrigen nicht frei
ratur und jenen philosophischen Idealismus, den uns Kant
überlieferung erblickt, und worin man mehr Wahrheii ersehen
Selbstverständliches, ein Bedürfn
hinterlassen, die Oberhand. Bald darauf folgte der skrupel¬
will, als in aller mühsam erworbenen Wissenschaft. In einem
zu trösten und den Menschenwert
lose Kraftkultus in der Politik, der selbstzufriedene Mate¬
blumenhaften Mädchendasein soll mehr Offenbarung des Le¬
weckt alle anderen zu einer Art #
rialismus in der Philosophie und der einseitige Realismus in
bensgeheimnisses stecken, als in aller Weisheit des Sokrates,
der Literaiur. Und dann wieder ein Umschwung, der sich an nicht mehr erretten kann, aber d
der aufrichtige Egoismus des Kindes uns mehr bedeuten als
aller erworbene und verkündete Heroismus eines Helden.
der Grenzscheide des Jahrhunderts vollzoa: nach der politi= schenwürde in ihnen aufsteigen