II, Theaterstücke 14, Der Schleier der Beatrice. Schauspiel in fünf Akten (Shawl), Seite 537

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14. Der Schleier der bestrige


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Seite 8 — Folge 142
Theater und Kunk.
d
Burgtheater.
„Der Schleier der Beatrice“ von Arturst
Schnitzler.
Die dramatische Lüeratur, der einst „
— es sind wohl drei Jahrzehnte her — „Der die
Schleier der Beatrice“ von Artur Schnitzler zu
entsprossen ist, trägt kein Leben mehr in Ar
sich. Nun ist dies verwitterte Stück wieder M
aus Kanzlei und Archiv hervorgeholt worden Tl
und es ist für eine prunkvolle Wiederauf=ge
bahrung mit allem Geschick des Burgthauers sei
gesorgt. Das Drama hat kein, guteo Schicksal Te
gehabt. Wie es heißt, haben an der Wiege des Ci
schon welk in eine jüngere Welt hinein= tun
geratenen Kindes unklare Theaterhändel ge¬ Fr.
spielt. Wirkliches Theaterleben an der Wiener Pe
Burg schien ihm einmal versagt zu sein. Das tek
unheimlich bleiche Kind eines wild empor¬
hei
strebenden, von heißer Schaffenslust gequälten wi¬
Talentes ist nun gestern mit kühl neugierigen vie
Sinnen vom Publikum gegrüßt worden. Ce
Das ist die Zeit etwa Nietzsches gewesen. vo¬
Auch die Zeit Ibsens und der damaligen reg
Jugend des skandinavischen Nordens. Inmitten lär
recht ungebärdigen geistigen Lebens und harter Lo¬
sin
politischer Kämpfe ein heißes sehnsüchtiges
Suchen nach neuen, starken Formen der spr
der
Dichtung und des Wortes. Mitten drinnen
in dem zumeist grellen Zwitschern anspruchs= läß
voller Literaturstimmen errang sich manch sich
frischzugreifendes Talent, mancher Urlaut
ist
aus den Tiefen echter Schönheit verdiente
Geltung. Jugend war's, ein nimmermüdes Ke
Suchen nach starker Wirkung, nach un= Pa
erhörtem Erfolg. Nach der packenden Gewalt lau
vermeintlicher hüllenloser Wahrheit wurde die
gesucht, und wiederum nach vornehm sich ist
abschließender Mystik, nach der zynischen Ehr= nich
lichkeit des Volkstones und nach der geheimnis= war
voll zwingenden Weise des unergründlichen tiefe
Genius, der aus uralten Liedern längst ent=Tän
schwundener Zeiten mit einemmal auf uns Lisl
hereinbricht.
Sich
Wie ein nimmermüder Tourist hat der
die
Jüngling Schnitzler alles Schrifttum der Spie
Gegenwart mit scharfer Witterung beobachtet, auf
erfaßt, auf epische, vor allem aber auf drama= Wiel
tische Nutzbarmachung untersucht. Er ist ein und.
nüchterner Mann und wiederum ein ernster
Sucher nach Schönheit. Gar oft vergeblich in
häßlichem Schönheitsirrium verstrickt oder auch Di
geschmackloser Sinnlichkeit verfallen.
Der Schleier der Beatrice ist sicherlich
auf:
schon seit Bekanntwerden der Dichtung von
Komr
feinsinnigen Freunden mit nachdenklicher Kritik
aufgenommen worden. Der kulturhistorische Dirig
Apparat, über den damals der Rausch anti=gold
quarischen Bacchantentums hereingebrochen.
Picca¬
berg
war, der Lockruf des „Uebermenschen“ und
seine böse Gefolgschaft hat auf das empfängliche hach:
Ingenium seine Einwirkung nicht verfehlt. Norb¬
Zur Stunde, da man eine solche weithin sich
Mano
ergehende Einwirkung des Schnitzlerschen
Geron
Talents mitempfindet, sollte man in guter Ge¬
rechtigkeit jedem bitteren Verdikt eines geist= (Ballet
reichen Sprechers, der, wie Schnitzler, in
Herzog,
unserer Literatur waltet, trotz mancher arger
Alwi¬
Versündigung gegen Bestes, das Herz und
6
Seele in uns hegt, des Vielen und Gelungenen
Micaela
Dirigen:,
gedenken, das uns von Schnitzler gegeben
M.
worden ist.
garete,
Die Aufführung wurde mit dem an¬
warda;:
erkennenden Sinn, der auch dem Jüngling
Schnitzler seine suchende Jugend nachfühlt, ent¬
gegengenommen.
komöbien.
costumé